Leonardo und das Geheimnis der Villa Medici
„Seltsam – aber auch sehr klug. Was du alles weißt! Es ist eine Schande, dass du nicht länger auf der Schule geblieben bist.“
Leonardo zuckte mit den Schultern „Wenn ich etwas zu
berechnen habe, kann ich es ja von meinem guten Freund Carlo
überprüfen lassen, der alle Rechentricks kennt!“, lachte er.
35
3.Kapitel
Feuer!
Gianna ging nach Hause und kehrte gut eine Stunde später mit
einem Krug voll Blut zurück. Eigentlich wurde Suppe daraus
gemacht. Ein ganzer Bottich stand zurzeit in der Vorratskammer und Gianna hatte nur einen günstigen Moment abwarten müssen, um sich etwas zu nehmen.
„Ist die Vorratskammer bei euch nicht abgeschlossen?“, fragte
Carlo.
„Doch“, nickte Gianna. „Aber so oft wie meine Mutter mich
losschickt, um dort etwas zu holen, weiß ich genau, wo der Schlüssel versteckt ist.“
Leonardo hatte inzwischen von draußen einen flachen Stein
herbeigeschafft, den er schon bei anderer Gelegenheit als Feuerstelle benutzt hatte. Auf dem Stein lag eine noch glühende Kohle, die er aus dem Herd in der Küche mit Hilfe der Kaminschippe geholt hatte.
Sein Großvater war nicht im Haus. Man hörte ihn draußen am
Hühnerstall herumhämmern, der dringend repariert werden musste.
36
Als Gianna mit dem Krug voller Blut auftauchte, war schon alles bereit. Leonardo füllte einen Teil des Blutes in einen Topf um. Von der Decke hing ein Seil herab. Daran befestigte Leonardo den Henkel des Topfes, der nun über den Flammen baumelte.
„Ich weiß nicht, ob das wirklich eine so gute Idee ist, hier im Zimmer Feuer zu machen!“, meinte Gianna.
Carlo ergänzte: „Wir hätten doch den Herd deines Großvaters
nehmen können!“
„Als ich das letzte Mal an dem Herd war, hat es einen riesigen Ärger gegeben und den wollte ich vermeiden“, erwiderte Leonardo.
Die Flammen loderten empor. Das Holz, das er verwendete, war
durch den Gewitterregen am vorangegangenen Tag etwas feucht
geworden. Rauch bildete sich und drang zum Fenster hinaus.
Die Flammen züngelten höher und höher empor und erreichten
schließlich das staubtrockene Hanfseil, das gleich Feuer fing.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Gianna.
Leonardo wusste offenbar in dem Augenblick ausnahmsweise
auch mal auch keinen Rat.
37
Schritte waren nun zu hören. Jemand kam so schnell die Treppe
hoch, dass man eigentlich kaum glauben konnte, dass es sich um Leonardos Großvater handelte.
Doch im nächsten Moment stand er in der Tür. Vermutlich hatte
der Rauch, der aus dem Fenster gedrungen war, ihn alarmiert. Kurz entschlossen machte einen Schritt auf Leonardos Bett zu, riss die Decke herunter und erstickte damit die Flammen, bevor sie weiter das Hanfseil empor kriechen konnten. Dann atmete er tief durch.
„Jetzt ist Schluss!“, sagte der Großvater, der eigentlich für seine Ruhe und Geduld bekannt war und den viele für viel zu gutmütig hielten, um mit einem so anstrengenden Kind wie Leonardo fertig zu werden. „Deine alchimistischen Studien oder was immer es auch sein mag, sind fürs Erste beendet!“, erklärte er. „Willst du uns das Haus über dem Kopf anzünden? Was glaubst du, was passiert, wenn das Dachgebälk Feuer fängt!“ Er rang nach Luft und wischte sich
kopfschüttelnd über das Gesicht. Dann wandte er sich an Gianna und Carlo. „Es tut mir leid, aber ich denke, es ist besser, ihr beide geht nach Hause. Ich muss mit Leonardo ein paar ernste Worte sprechen.“
Er schnüffelte etwas und verzog das Gesicht. „Das stinkt hier ganz 38
erbärmlich! Ich bin ja nun wirklich kein empfindlicher
Stadtbewohner, aber…“ Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Das bekomme ich noch heraus, Leonardo!“
Carlo sah Leonardo erst am nächsten Tag wieder. Er schlenderte die inzwischen wieder einigermaßen trockene Straße entlang, als Carlo gerade vom Unterricht kam.
Gianna tauchte wenig später hinter den Sträuchern auf, die den Friedhof umgaben.
„Hast du gestern noch großen Ärger bekommen?“, fragte Carlo
gerade, als die Wirtstochter sie erreichte.
Leonardo seufzte schwer und nickte. „Mein Großvater hat mir für die nächste Zeit sämtliche Versuche im und um das Haus verboten.
Gleichgültig, worum es geht, er sagt nein dazu. Außerdem hat er mir meine Sammlung von Präparaten weggenommen, weil er meinte, sie würde zu sehr stinken. Auch die Eidechse, die ich gerade sezieren wollte!“
39
„Oh, dann kommen wir jetzt fürs erste gar nicht mehr dazu, dass ich den
Weitere Kostenlose Bücher