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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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kein Innenhof, bloß ein wenige Quadratmeter großer Lichtschacht zwischen zwei Hochhäusern. Licht fiel nur durch ein kleines Viereck hoch oben ein, in dem die Sterne blinkten. Trotz des wolkenlosen Himmels tröpfelte Wasser auf ihr Gesicht. Erst nach einer Weile ging ihr auf, dass es sich dabei um das Kondenswasser der zahllosen rostigen AirCondition-Kästen handeln musste, die an den Wänden befestigt waren. Sie wich ein paar Schritte zurück und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Metalltür.
    Wartete.
    Schließlich hörte sie aus dem Dunkel: »What do you want?«
    Seine Stimme überraschte Kaja. Sie hatte sie nie zuvor in realiter gehört, außer in der Talkshow zum Thema Serienmörder. Die müde Heiserkeit ließ ihn älter klingen als die knapp vierzig Jahre, die er war. Gleichzeitig strahlte seine Stimme aber auch eine gelassene, selbstbewusste Ruhe aus, die so wenig zu dem gejagten Gesichtsausdruck passte, der ihr draußen bei Li Yuan aufgefallen war. Sie war tief und warm.
    »Ich bin aus Norwegen«, sagte sie. Keine Antwort.
    Sie schluckte, wusste, dass ihre ersten Worte entscheidend sein konnten.
    »Ich heiße Kaja Solness. Ich habe den Auftrag, Sie zu finden. Im Namen von Gunnar Hagen.«
    Auch der Name des Dezernatsleiters für Gewaltverbrechen führte zu keinerlei Reaktion. War er noch da?
    »Ich arbeite als Mordermittlerin für Hagen«, sagte sie ins Dunkel.
    »Gratuliere.«
    »Da gibt es nichts zu gratulieren. Jedenfalls nicht, wenn Sie in den letzten Monaten norwegische Zeitungen gelesen haben.« Sie hätte sich die Zunge abbeißen können. Wieso versuchte sie, witzig zu sein? Bestimmt lag das am Schlafmangel. Oder ihrer Nervosität.
    »Ich meinte, gratuliere, dass Sie Ihren Auftrag so gut erledigt haben«, sagte die Stimme. »Sie haben mich gefunden. Jetzt können Sie wieder abreisen.«
    »Moment!«, rief sie. »Wollen Sie nicht wissen, was ich von Ihnen will?«
    »Lieber nicht.«
    Aber die Worte, die sie sich notiert und eingeübt hatte, sprudelten bereits aus ihr hervor: »Zwei Frauen wurden getötet. Die Ergebnisse aus der Rechtsmedizin deuten darauf hin, dass es sich um denselben Täter handelt. Darüber hinaus haben wir keinen einzigen Anhaltspunkt. Auch wenn bislang nur ein Minimum an die Presse durchgesickert ist, titeln sie bereits damit, dass ein neuer Serienmörder sein Unwesen treibt. Vereinzelt wird sogar geschrieben, der Schneemann könne ihn inspiriert haben. Wir haben eine Expertise von Interpol anfertigen lassen, die uns allerdings nicht weitergebracht hat. Der Druck der Medien und der Behörden …«
    »Das bedeutet nein «, sagte die Stimme.
    Eine Tür knallte.
    »Hallo? Hallo? Sind Sie da?«
    Sie tastete sich vor und fand eine Tür. Öffnete sie, bevor die Angst von ihr Besitz ergreifen konnte, und stand in einem anderen dunklen Treppenhaus. Weiter oben sah sie einen Lichtschimmer und lief die Treppe, drei Stufen auf einmal nehmend, hoch. Das Licht fiel durch eine Schwingtür. Sie öffnete sie und fand sich in einem einfachen, nackten Flur wieder. An den Wänden blätterte der Putz, und die Feuchtigkeit quoll wie Mund geruch aus den Mauern. An der Wand lehnten zwei Männer. Sie hatten Zigaretten in den Mundwinkeln. Ein süßlicher Geruch strömte ihr entgegen. Die beiden sahen sie benebelt an. Zu benebelt, hoffte sie. Der Kleinere der beiden war schwarz, vermutlich afrikanischer Herkunft, dachte sie. Der Größere war weiß und hatte eine pyramidenförmige Narbe auf der Wange, die wie ein Warndreieck leuchtete. Sie hatte in einer Polizeizeitschrift gelesen, dass in Hongkong gut dreißigtausend Polizisten auf den Straßen Streife gingen und dass die Stadt deshalb als die sicherste Millionenstadt der Welt galt. Aber das war draußen auf den Straßen.
    »Looking for hashish, lady?«
    Sie schüttelte den Kopf, versuchte zu lächeln und die Ratschläge zu befolgen, die sie den jungen Mädchen gegeben hatte, als sie noch von Schule zu Schule gefahren war. Sie musste wirken, als wüsste sie, wohin sie wollte, und nicht wie jemand, der sich verlaufen hatte. Nicht wie ein Beutetier.
    Sie erwiderten ihr Lächeln. Die einzige andere Tür des Korridors war zugemauert. Sie nahmen die Hände aus den Hosentaschen und die Zigaretten aus den Mundwinkeln.
    »Looking for fun, then?«
    »Wrong door, that’s all« , sagte sie und machte kehrt, da legte sich eine Hand um ihr Handgelenk. Die Angst schmeckte metallisch. In der Theorie kannte sie diese Situation. Hatte sie auf einer Gummimatte in einer

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