Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Versenken der Ölplattform ›Brent Spar‹ hätte dem Meeresleben geschadet«). Es zählt einzig der Erfolg. »Die Geschichte«, schreibt er, »wird auch in der Umweltpolitik von Siegern geschrieben.« Zweifel haben da keinen Platz. Es kommt nur darauf an, wer in den Augen der Öffentlichkeit besser weg kommt: Hauptsache, »das Volk hatte Greenpeace schnell verziehen«.
Dr. Hans-Jochen Luhmann, Leiter der Abteilung Klimapolitik am Wuppertal-Institut, erläuterte auf einer Tagung zum Thema »Massenmedien und Klimawandel« 1995 ein »informationstheoretisches« Verständnis von »Wahrheit«: »Wahr ist eine Botschaft dann, wenn ihre Intention gut begründet ist und sie beim Empfänger ankommt.« Diese Auffassung ist bei der Durchsetzung von ökologischen Forderungen mittlerweile nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Doch für Journalisten sollten Fakten zählen und nicht »Botschaften«. Schließlich wurden die größten Schweinereien der letzten Jahrhunderte meist im Namen einer guten Sache begangen. Wahrheit darf niemals zur strategischen Verfügungsmasse werden.
Manche Wissenschaftler, die sich darauf einlassen, werden dies eines Tages bereuen. Im Dienste der guten Sache stempeln sie heute skeptische Stimmen zu den Treibhaus-Prophezeiungen der offiziellen Klimaforschung sofort als »Außenseiter« ab. So argumentiert eine Zunft, die immer wieder von Außenseitern vorangebracht wurde (und nicht von politisch korrekten Mehrheitsforschern). Und dies praktiziert eine Umweltbewegung, die erstaunlich schnell vergessen hat, daß sie selbst einmal als verlachte Minderheit anfing.
Es muß doch einfach zu denken geben: 1975 waren amerikanische Meteorologen dem Magazin »Newsweek« zufolge fast einstimmig der Ansicht, daß eine Abkühlung der Erde die landwirtschaftliche Produktivität für den Rest des Jahrhunderts verringern werde. Heute behauptet der amerikanische Vizepräsident Gore von der gleichen Forschergilde, sie sei fast einstimmig der Meinung, daß die menschengemachte Erwärmung real und bereits unterwegs sei.
Politikern und Organisationen aller Couleur, die hauptsächlich auf die Gefühle von Wählern oder Spendern setzen, kommen solche Hiobsbotschaften nur recht. Sie können sich dann zum Retter eines Planeten erklären, ohne zu sagen, wovor genau sie ihn denn retten wollen. Mit Öko-Phrasen verschaffen sich Politiker kostenlosen moralischen Glanz. Wo Umweltschutz draufsteht, muß nicht unbedingt Umweltschutz drin sein. Oft geht es schlichtweg um Macht, Einfluß und mittlerweile auch um Wirtschaftsinteressen.
Der Publizist Gerd Koenen beschreibt Nationalsozialismus und Kommunismus als »Versuche einer radikalen ›Säuberung‹ der Welt«. Die totalitären Ideologien, so Koenen, waren Reaktionen auf die atemberaubend schnellen Veränderungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Auch der Ökologismus hegt einen konservativen Groll gegen jeglichen Wandel und wittert überall Verfall und Niedergang. Es ist kein Zufall, daß angesehene Vordenker der grünen Bewegung die westliche Demokratie für zu schwach halten und angesichts der Umweltgefahren mit autoritären Lösungen liebäugeln. Man wird den Eindruck nicht los, sie wünschten sich im Grunde eine Aristokratie der Weisen (also jener Kaste, der sie sich zugehörig fühlen). Der Ökologismus, so der Autor Matthias Horx, »hat gute Chancen zur Zentralreligion der Jahrtausendwende zu werden«. Er bietet schon heute alle spirituellen Hilfsmittel erfolgreicher Glaubenssysteme: Rituale (vom Fastenwandern bis zur Castor-Blockade), egalitäres Pathos (alles ist eine »Menschheitsfrage«), Endzeitgrusel und das Gefühl, einer verkannten Elite der Rechtgläubigen anzugehören.
Eine aufschlußreiche und auch dem Laien zugängliche Methode, die Qualität von ökologischen Propheten zu beurteilen, ist, sich ihre Vorhersagen von gestern anzuschauen. So ließ der »Club of Rome« in seinem Report »Die Grenzen des Wachstums« die Welt 1972 wissen, daß die globalen Erdölvorräte noch 550 Milliarden Barrel betragen. Bis 1990 wurden allerdings bereits 600 Milliarden Barrel verbraucht, und heute ist der bekannte Vorrat größer denn je: 900 Milliarden Barrel. Es kann wirklich keine Rede davon sein, daß - wie vom Club of Rome prophezeit - das Erdöl und andere wichtige Bodenschätze zur Jahrtausendwende erschöpft sind.
Nun, Irren ist menschlich. Und es ist völlig in Ordnung, solange sich Menschen zu ihren Fehlern bekennen. Aber was sagt Dennis L. Meadows - der Autor
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