Pechvogel
Kloerinnerungen
März, heute
Richard konnte sein Glück kaum fassen. Er saß Rebecca endlich gegenüber. Und lief nicht nur neben ihr her, wie bereits zwei Stunden an diesem Abend ihres ersten Dates. Des ersten realen Dates mit einer Frau, die aussah wie eine Mischung aus einem Korb süßer Küken, einer riesigen Box Schaumküsse und einer Creation von Dior. So niedlich süß und elegant weiblich. Und sie hatte so viel Grips im Kopf, dass er dachte, sie könne mit Albert Einstein verwandt sein.
Richard hatte alles so schön geplant. Und was passierte? Eine Panne nach der anderen. Aber das würde sich nun ändern. Davon war er überzeugt.
Nach zahlreichen Restaurantfehlversuchen hatte der Mexikaner, in dem sie nun saßen, eben nicht geschlossen, keine Probleme mit Ungeziefer, einem Wasserrohrbruch oder unmotivierten Mitarbeitern.
Richard setzte an, sich bei Rebecca zu bedanken, für die Geduld, die sie bisher mit ihm gehabt hatte, da hörte er eine Stimme, die seinen Namen rief. Eine Stimme, die er hoffte, nie wieder in seinem Leben hören zu müssen.
Hoffnungen zerplatzen leider viel zu oft wie Seifenblasen.
»Richard, mein Hengst«, sagte Gabi Fleischmann. Sie blieb neben ihrem Tisch stehen.
Gabi Fleischmann war Richards fleischgewordener Alptraum. Gabi war Richards Ex. Seine längste Beziehung bisher.
Rebeccas Augen kullerten, Fragezeichen standen darin.
»Ähm, ja … du … hallo, Gabi«, stotterte Richard.
»Wie geht’s meinem Richard?«
»Deinem Richard?«
»Ja, dir, du Schnarchnase!«
»Ich bin NICHT DEIN, Gabi. Darf ich« –
Richard wollte Rebecca vorstellen, aber Gabi ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Ach, du wieder«, sagte Gabi. »Natürlich bist du meiner. Du wirst immer mein Richard bleiben. Weißt du, wie oft wir heißen und lauten Sex hatten?«
»Gabi, bitte!« Richard lief rot an.
Wieder wollte er ansetzen und Rebecca vorstellen.
»Heute nicht, mein Hengst. Ich bin seit einem Jahr mit Michael zusammen.« Gabi deutete auf einen entfernten Tisch, dort winkte ein Muskelmann-Typ.
»Das Bitte bezog sich nicht auf den Sex, Gabi!«
Rebecca übernahm Eigeninitiative. »Ich bin Rebecca!«
Gabi sah Rebecca angewidert an. »Toll, freut mich für dich.« Dann sah sie sofort wieder mit einem Strahlen Richard an.
»Ich bin mit Rebecca hier zum Abendessen«, sagte er.
»Ist sie deine neue Schnecke?«
»Rebecca ist keine Schnecke, Gabi. Rebecca ist« –
»Ist mir ja auch egal«, unterbrach sie ihn. »Warum bist du denn beim Mexikaner? Du gehst doch sonst immer nur zu deinem Italiener. Wie hieß er noch gleich?«
»Gianfranco.«
»Ja, genau der.«
»Der musste leider vorerst schließen, wegen irgendwelchem Ungeziefer, das in seinem Restaurant gesichtet worden sein soll«, sagte Richard verbittert. Einer der vielen Megaflops des heutigen Abends. Gabi war der nächste.
»Verbrenn dir nicht die Zunge«, sagte Gabi mit einem kehligen Lachen.
Wie sehr er es hasste, wenn Gabi lachte. Es hörte sich an wie der Brunftschrei eines Auerhahns.
»An was?«
»Wie ich sehe, gibt es da heute Abend mehrere Möglichkeiten«, sagte Gabi und sah dabei Rebecca an.
»Gabi.«
»Ja?«
»Schön, dich gesehen zu haben«, sagte Richard.
»Ich weiß doch, dass es dir immer noch gefällt, wenn du mich siehst.«
»Gabi, das schön bezog sich nicht darauf. Sondern es sollte bedeuten, dass es jetzt gut ist und du gerne wieder zu deinem Michael gehen kannst.«
»Ach, der kann noch warten. Ich will lieber noch etwas mit dir quatschen.«
Gabi war im Begriff, sich einen Stuhl von einem anderen Tisch zu nehmen, um sich zu Richard und Rebecca an den Tisch zu setzen.
Richard wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand.
Er entschuldigte sich. »Rebecca, ich muss schnell aufs Klo. Lauf bitte nicht weg, in ganz naher Zukunft bin ich wieder bei dir.« Und Gabi sah er nur mit einem durchdringend bösen Blick an.
Rebecca guckte verwirrt. »Okay«, sagte sie gedehnt.
Was bin ich nur für ein Dummkopf, dachte Richard, als er geknickt Kurs Richtung sanitäre Anlagen setzte.
Er stieß die zerkratze Holztür auf. Dahinter erwarteten ihn braune Fliesen und Waschenbecken aus den frühen 80ern. Genau das richtige Ambiente, um in sich zu gehen. Er musste unweigerlich lachen, obwohl ihm zum Weinen zu Mute war.
So viel schief gehen kann an einem Abend doch nicht, dachte er. Das gibt es doch einfach nicht!
Doch, Richard, dem Pechvogel, passierte so etwas immer. Immer wenn es um Dates mit Frauen ging oder
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