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Licht der Nacht

Licht der Nacht

Titel: Licht der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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aufgeht!«
    Schwarz ließ die Arme sinken, riss sich zusammen, hörte die
Schreie, hoffte, dass es keine Panik gab, dass die Menschen
vertrauen würden, ihm, den Dämonen … der Dämmerung.
    Langsam machte Schwarz drei Schritte rückwärts, hob den Blick –
und als er von der Bühne schritt, hatten die Dämonen bereits ein
dichtes Netz aus ätherischen Körpern über dem ganzen Gelände um die
Externsteine gewoben.
    Das Konzert begann unter diesem undurchdringlichen Teppich, und
niemand hörte oder sah die amerikanischen Bomber, die von den
Dämonen einfach verschlungen wurden.
     
     
    Als der Morgen dämmerte, begrüßten die Konzertbesucher die
ersten Sonnenstrahlen – viele betrunken, manche kaum bei
Bewusstsein, andere splitternackt.
    Schwarz stand oben auf dem höchsten der Externsteine, sah nach
Osten, dem Sonnenaufgang am wieder freien Himmel entgegen. Als ihn
ein Geräusch ablenkte, drehte er sich um.
    In Junes Gesicht stand Fassungslosigkeit, in ihrer Hand steckte
eine klitzekleine Pistole.
    »June«, sagte Schwarz, » Was glaubst du, existiert
Gott?«
    Die Amerikanerin zögerte keinen Augenblick. »Naturlik.«
    »Was wäre, wenn sich niemand um Gott scheren würde, niemand an
ihn glauben würde. Wenn nie jemand an ihn geglaubt hätte, nie
jemand die Bibel geschrieben hätte. Würde er dann existieren?«
    »Was willst du sagen damit?«
    »Gott existiert, weil so viele Menschen an ihn glauben. Nicht
umgekehrt.«
    »Das ist ein Luge.«
    »Und was wäre, wenn eine wachsenden Zahl Schattenwesen sehr
intensiv an Dämonen glauben würde? Würden dann diese Dämonen
anfangen zu existieren?«
    »Ick glaube nickt.«
    »Sie sind schon da, June. Sie sind überall. Sie haben uns diese
Nacht vor den Bombern deines Präsidenten beschützt. Und meiner
steht hinter dir und wird dich zerfleischen, sobald ich es ihm
erlaube.«
    Natürlich drehte sie sich nicht um. Aber der Lauf ihrer Waffe
schien ein Stück zu sinken. Schwarz fuhr fort: »Gott tut das, was
ihr
glaubt. Er vergibt Sünden und so weiter.
Dämonen
tun das, was
wir
glauben. Sie zerreißen
zum Beispiel Fleisch, wenn es nötig ist.«
    Jetzt warf June doch einen kurzen Blick nach hinten. Ihre Augen
weiteten sich. Sie fuhr herum. Schoss ihr Magazin leer.
Erstarrte.
    »Dämonen kann man nicht erschießen«, belehrte Schwarz sie.
»Olysso wird dich jetzt mitnehmen.« Schwarz nickte, und das Wesen
setzte sich in Bewegung.
    June schrie, bis das graue Wesen, das ein bisschen wie ein Wal
mit Armen aussah, ihr eine sehr große Flosse vors Gesicht
presste.
    Der Dämon richtete glühende Kohlenaugen auf Schwarz. Als er zu
sprechen begann, schien sich ein Tor in eine Welt verzerrter
Tonleitern zu öffnen. »Du weißt, dass der neue Sonnenaufgang nicht
mehr weit entfernt ist.«
    Schwarz schluckte. »Ja«, bestätigte er. »Noch drei Tage.« June
versuchte erfolglos, sich aus der Umklammerung zu befreien. Langsam
erschlaffte ihr Körper.
    »Schaffst du es auch ohne Gucki, die Nachrichten zu
verbreiten?«, fragte der Dämon.
    »Sundown wird mir helfen«, sagte Schwarz. »Wir sind …
bereit für den … «
    »Letzten Sonnenaufgang.« Mit diesen Worten und der schwarzen
Amerikanerin überschritt der Dämon die Schwelle zur Ewigen
Dämmerung.
     
     
    »Was hat der Dämon gemeint?«, fragte Wanda plötzlich.
    Sie saßen zu Dritt im Aufenthaltsraum des Hauptquartiers, Füße,
ZischZitro- und Met-Flaschen auf dem kleinen Tisch, sahen im
Privatfernsehen einen verkaterten Bericht über den Dämonenschild,
der die amerikanischen Flieger anscheinend verschluckt hatte.
    Schwarz verzog das Gesicht. »Welcher Dämon?«
    »Derjenige, der June geholt hat.« Wanda sah Schwarz in die
Augen. Ihre Hände spielten mit ihrem Zopf, ihre Mundwinkel zuckten
vor Anspannung.
    »Was?«, machte Sundown, der zuviel Met getrunken hatte und
versonnen zur Decke starrte.
    »Ich habe doch erzählt, was da oben passiert ist.«
    »Nein«, versetzte Wanda. »Nicht alles. Ich stand ein paar Stufen
tiefer, weil ich auf dem Weg zu dir war. Ich wollte bei den ersten
Sonnenstrahlen bei dir sein. Statt June.«
    Diese Bekenntnis versetzte Schwarz einen Stich. Er war immer
viel zu beschäftigt gewesen, um einzugestehen, dass Wanda ihn nicht
verehrte, sondern begehrte. »Du hast gehört, was er gesagt hat«,
murmelte Schwarz, wich Wandas Blick aus.
    »In drei Tagen … ist der letzte Sonnenaufgang.«
    »Was?«, machte Sundown.
    »In zwei«, korrigierte Schwarz. »Heute, nein … « Er sah auf
die Armbanduhr. »Es

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