Liebe gegen jede Regel
weißt schon…«
»Ja.« Er nickt.
»Aber heute Abend…« Ich lächle ihn vielsagend an. »Wir können uns viel Zeit nehmen und endlich wieder einmal etwas miteinander unternehmen. Was hältst du von einem kleinen Abstecher in Fredas Bar und anschließend…«
»Max«, unterbricht mich Abel hastig. »Hast du das Abendessen bei meinen Eltern vergessen?«
»Abendessen?«
»Ja.« Er lässt sich in einen der Ledersessel fallen und lächelt spöttisch. »Große Familienvereinigung…« Ein Augenrollen. »Mein kleiner Bruder kommt doch heute nach Hause. Schulferien…« Er grinst. »Wozu schickt man seine Kinder denn in ein Internat, wenn sie einem dann die ganzen Ferien über zu Hause rumhocken und auf die Nerven gehen?«
»Ich weiß nichts von diesem Essen«, sage ich ernst. Das ist die Wahrheit. Ich höre gerade zum ersten Mal davon.
»Das habe ich dir doch erzählt…«, brummt Abel.
»Hast du nicht.« Hat er wirklich nicht.
Hektisch krame ich in meiner Umhängetasche und hole meinen Kalender hervor. Schwungvoll schlage ich den heutigen Tag auf. Nichts. Keine Notiz. Ich habe es doch gewusst.
»Siehst du!« Zur Bestätigung halte ich ihm meinen Kalender unter die Nase.
Er mustert ihn kurz, muss dann erst grinsen und schließlich herzhaft lachen.
»Du hast natürlich recht, Süßer. Ich kann dir gar nichts von diesem Treffen erzählt haben, sonst hättest du es hundertprozentig in deinen Kalender eingetragen – so wie du einfach alles hundertprozentig einträgst…« Er zwinkert mir zu. Der Spott in seiner Stimme ist nicht zu überhören.
Beleidigt klappe ich das Buch zu und lasse es wieder in meiner Tasche verschwinden. Ja, es stimmt, ich mache mir häufig Notizen.
Wann wird der Müll abgeholt? Wann muss ich meine Mutter anrufen? Wann putze ich die Fenster in meiner Wohnung und wann steht die nächste Datensicherung meines PCs an? Ich schreibe mir Erinnerungen, Mahnungen, liebe To-Do-Listen und setze gerne Haken hinter erledigte Aufgaben.
Abel zieht mich gerne mit meiner Pingeligkeit auf. Er fragt mich ständig, ob ich unsere sexuellen Aktivitäten auch so sorgfältig im Voraus plane?
Ich reagiere bissig auf seine Neckereien.
Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich dem Sex mit Abel in meiner Wochenplanung wirklich eine gewisse Beachtung schenke – jedoch halte ich diese Überlegungen nicht schriftlich fest…
»Wie dem auch sei«, brumme ich beleidigt. »Du hast mir nichts von diesem Abendessen erzählt…«
»Ich entschuldige mich«, raunt er und schenkt mir einen treuherzigen Blick. »Du kennst mich doch – ich bin eben manchmal etwas unorganisiert…«
»Allerdings.« Ich sehe ihn nicht an.
»Aus diesem Grund passen wir doch auch so gut zusammen«, sagt Abel mit sanfter Stimme. »Du bist wirklich meine bessere Hälfte… du wertest mich auf…«
Widerwillig muss ich mir eingestehen, dass mich seine süßen Worte rühren.
Ich lächle ihn kurz an. Ein Zeichen der Versöhnung.
Abel deutet es richtig und grinst zufrieden.
»Gut, dann besuchen wir also heute Abend meine Eltern…«
»Eigentlich hatte ich etwas anderes vor…«, gebe ich leise zu.
Erst wollte ich mich mit ein paar Freunden treffen und anschließend hatte ich gehofft gemeinsam mit Abel…
»Es wird nicht lange dauern, Süßer«, versichert mir mein Freund. »Essen, Plaudern und Interesse heucheln – Fertig! Geht ganz schnell. Anschließend fahren wir zu mir und machen da weiter, wo wir eben aufgehört haben…« Er grinst mich an. In seinen Augen funkelt es. »Und dann lasse ich kein Nein gelten…«
Die dunkle Drohung klingt rau und sanft zugleich.
In meinem Magen kribbelt es angenehm und ich kann schon wieder die Hitze in meinem Kopf rauschen spüren.
»Okay«, sage ich langsam.
Er steht auf und stützt sich mit beiden Armen auf der Tischplatte ab. Sein muskulöser Oberkörper beugt sich zu mir herunter. Ich schmecke die warmen Lippen.
Eine stille Vorfreude macht sich in mir breit.
Die Erwartung einer lustvollen Liebesnacht.
Mit meinem Freund. Meinem Partner.
»Ich freu' mich, Süßer«, raunt Abel. Seine Hand streicht kurz über meine Wange.
»Ich mich auch«, gebe ich leise zu.
»Schön.« Er spielt mit dem Kragen meines Hemds. Flink öffnen seine Finger den ersten Knopf. »Viel besser«, sagt er und grinst mich augenzwinkernd an. Er lässt von mir ab und dreht mir den Rücken zu.
Ich schaue Abel hinterher, als er das kleine Büro verlässt, und seufze lautlos. Dann widme ich mich wieder meiner Arbeit.
Ja,
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