Liebe stand nicht auf dem Plan
um Keaths Schulter. »Er wird angebaggert! Der Grund, auf dem mein Bruder steht, ist hauchdünn, weil er so dermaßen angegraben wird. Direkt unter seinen Füßen brodelt Lavamasse!« Mehmet fuchtelt unterm Tisch rum. »Zeig mal deine Sohlen her.«
»Lass mal, Alder. Hab grad so warme Füße«, sagt Keath gelassen und grinst.
»Leif lässt nie im Leben zu, dass du Keath, den Kassenmagneten, ablöst und ihm das Geschäft ruinierst«, macht er Maika an.
»Werd konstruktiv«, entgegnet sie cool. Aber Mehmet hat nicht übertrieben. Noch vor einem halben Jahr war sie auch total verknallt in Keath und hat sich schwer ins Zeug gelegt, um ihn rumzukriegen. Ohne Erfolg. Eine Weile hat es sie sehr unglücklich gemacht, was sie sich natürlich nicht hat anmerken lassen. Er sieht einfach klasse aus, ist ein unglaublich guter Tänzer und nett. Aber die anderen Mädchen sind auch nicht blind, und Keath hat alle Hände voll zu tun, damit die Kerle nicht vor Eifersucht ausrasten. Das findet Maika schon aus der Ferne extrem anstrengend und das hat ihr über den Liebeskummer weggeholfen. Zumindest dachte sie das. Aber irgendwas hat sie dann doch in die durchtrainierten Arme von Notfreund Fabian getrieben. Wahrscheinlich der Versuch, Keath auf sich aufmerksam zu machen, wovon der bloß nix mitgekriegt hat. Sie musste dann einen langwierigen und strategisch
komplizierten Rückzug antreten, weil Fabian so in seine Muskeln verknallt war, dass er sich einbildete, sie sei süchtig nach seinem Bizeps, Trizeps und Quadrizeps. Unablässig hielt er sie damit umklammert, regelrecht eingeschweißt kam sie sich vor. Fast hätte sie ihn nicht mehr von sich weggekriegt. Abpellen musste sie ihn.
»Also, dann putzen wir zu viert und fangen um sechs damit an«, platzt Mehmet in Maikas trübsinnige Gedankengänge.
»Aber ich mach nicht die Lokusse sauber und stell mich hinterher an die Bar«, sagt sie angewidert.
»Eigens für dich liegen Putzhandschuhe bereit«, erwidert Mehmet und zuckt mit den Achseln.
»Ich kann meine Street-Dance-Gruppen im Jugendhaus nicht verlegen. Mittwochs kann ich also erst ab halb sieben.« Keath blättert in seinem Kalender.
»Das trifft sich gut, da putzen wir sowieso nicht. Dienstags ist der Club nämlich zu, du Penner.« Mehmet grinst, und Keath schlägt sich in gespielter Verzweiflung die Hand gegen die Stirn.
»Was ist mit deinem Praktikum?« Nora sieht Mehmet an. »Das wird hammerhart für dich, wenn du bei jedem Konzert die Tontechnik machst.«
»Noch zwei Tage, dann ist es rum, und die Drecksausbeuter haben mir immer noch keinen Ausbildungsplatz angeboten.« Mehmet will Tontechniker werden. »Mein Vater rastet aus. Der hat die ganze Zeit gesagt, wenn selbst sein Sohn umsonst arbeitet, dann finden die massenhaft andere, die auch so blöd sind. Was für einen Grund sollten die haben, mir ein Lehrlingsgehalt zu zahlen? Keinen.«
»Wir machen einfach alles selbst. Wir gründen einen Club mit eigenem Tonstudio, das wär’s doch«, sagt Nora schnell. Mehmets Frust ist offensichtlich.
»Super Idee. Ich hab ein halbes Jahr für lau und leere Versprechen geschuftet.«
»Ich finde es ja okay, dass du Leif unterstützen und mehr arbeiten willst. Aber dir ist klar, dass der das volle Gehalt für den Tontechniker einspart, wenn er dich alles machen lässt, oder?«, schaltet sich Maika ein. Sie nervt Mehmet schon wieder mit ihrer Zeitlupensprechweise.
»Leif spart, aber ich krieg ich mehr.« Mehmet tippt sich an die Stirn. »Steht hier, ich bin ein Trottel?« Er ist laut geworden.
Maika zieht es vor, die Klappe zu halten. Keath streckt seine Beine aus und stößt versehentlich Nora an. Er lächelt sie kurz an. Ihr wird siedend heiß, und sie denkt, dass an Mehmets Lavatheorie was dran ist und sie gleich Lavafarbe annimmt, was eine Katastrophe ist, schlimmer als ein Vulkanausbruch, und trinkt ihr Glas Ayran auf Ex. Auf die Liste ihrer Vorhaben – Smalltalk und Souveränität – setzt sie Make-up kaufen, morgen, und Puder, Rouge und alles, damit nicht jeder, und Keath schon gleich gar nicht, in ihrem Gesicht lesen kann wie in einem Bekennerbrief.
Mehmet regt sich immer noch auf. »Ich wär keinen Tag im Studio geblieben, wenn ich nichts gelernt hätte. Ich geh da mit vier superguten eigenen CDs raus. Ohne einen einzigen geklauten Sound.«
Er hat einen ausgeprägten Ehrenkodex. Nora passt immer auf, dass er es nicht mitkriegt, wenn sie im Club während der Konzerte CDs vertickt. Sie will keinen Streit mit ihm und
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