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Liebe stand nicht auf dem Plan

Liebe stand nicht auf dem Plan

Titel: Liebe stand nicht auf dem Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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Nora an der Wand soll den Club verändern, nichts und niemand sonst. Er vergrößert die Menge der Tanzenden neben Keath, verwischt sie und löst ihre Konturen auf. Dann lässt er Nora in einer Drehung aufsteigen wie eine Feder. Wie bei Keath fliegt ein Arm durch die Luft, über die Köpfe der anderen weg, und ihre ausgestreckten Finger berühren fast seine rechte Hand. Bei Keath steckt Kraft im Schwung seiner Bewegung, Nora ist gelöst.
    Zum Schluss übersprüht er noch die Beschriftungen von Maikas Schenkelschubladen. Als Dali vor die Tür wankt, ist es fast sechs Uhr morgens. Ein strahlend blauer Himmel, kein Wölkchen weit und breit und Stille.
    St. Pauli knackt noch tief und fest, als er heimradelt.
    Vorm Badezimmer fängt ihn seine Mutter ab. »Wie siehst du
aus, und wo kommst du her?« Ihre Stimme klingt, als bemühte sie sich verzweifelt um Fassung.
    Für Dali ist das die Stimme der Alarmstufe 1.
    »Vom Auftragsmalen. Ich bin saumüde und total verdreckt.«
    »Willst du einen Kaffee?«, fragt sie ruhig und aufs Äußerste resigniert.
    Die Nr. 5 auf einer Skala bis 10. Nicht normal, aber auch nicht völlig ausgeflippt.
    »Sakrisch gern.« Der Kaffee ist »ausgezeichnet«, lobt Dali.
    »Wie sollen wir ein Familienleben führen, wenn du kommst und gehst, wann es dir passt?«
    Drei. Dali atmet durch. Endlich eine halbwegs normale Frage, verpennt und ratlos.
    »Gar nicht. Wir haben in Harkirchen auch nicht anders gelebt. Ihr habt gearbeitet, und ich hab meinen Kram gemacht. Mittlerweile bin ich fast erwachsen, und wir wohnen in einer Wohnung und nicht mehr in unserem alten Haus, wo ich jederzeit rauskonnte, ohne dass ihr was mitgekriegt habt.«
    »So siehst du das?«
    »So ist das. Wir werden nicht zu dritt die Stadt entdecken. Das kriegt ihr allein hin. Und wenn’s passt, machen wir was zusammen. Versprochen.«
    Danach checkt Dali seine Mails. Schauer jagen durch seinen Körper, tausend Kuhglocken dröhnen in seinem Schädel wie beim Almauftrieb. Er kann nicht aufhören verklärt zu grinsen. Beschleunigte Herzschläge massieren die ausgedruckten Fotos in seiner Brusttasche. Eins zeigt die fünf Kartoffelköpfe im Kochtopf. Auf den folgenden Bildern sind sie in einen Berg von Blaukraut gedrückt wie die Präsidentenköpfe von Mount Rushmore. Und dann kommt seine Lieblingsserie. Behutsam am Halse aufgespießt, verschwindet Kopf um Kopf im Munde
seiner Muse – zuletzt John Lennon. Ihm ist, als ob sie an seinem Ohr knabbert.
    Beim Mittagstisch fotografiert er sich selbst mit der Digitalkamera beim Verzehr seiner Nudeln und lässt sich zur Gegenprobe von seinen Eltern beim Essen fotografieren. »Wieso?«
    »Als Beweis, dass ich Zeit zu Hause verbringe«, sagt Dali – was nicht stimmt. Er will wissen, hat sie sich selbst fotografiert, oder hat die Bilder ein anderer gemacht? Beim Vergleich des Blickwinkels steht für ihn zweifelsfrei fest, dass sie sich selbst fotografiert hat. Der Tag ist gerettet. Janina Joh wohnt allein, und seine Kartoffelköpfe sind ausschließlich in ihren Mund gewandert!
    Dali startet einen Rundruf, mit der Einladung zur Besichtigung seines Gesamtwerks um vier im Club.

    »Du bleibst hier!« Yolanda hat extra Kuchen gebacken. »Wir trinken Kaffee. Es ist Samstag, und ich steh nicht umsonst an so einem schönen Tag blöd in der Küche rum und schnipple Erdbeeren, während du am Computer sitzt.«
    Sie hat recht, aber trotzdem …
    »Yola, Matka, Mama, Yolanda, du hast ja recht. Wir müssen einen Kompromiss erarbeiten. Wieso trinken wir nicht jetzt Kaffee und essen Kuchen?«
    »Der ist noch warm.«
    Nach einem sechzehnstündigen Keath-Entzug und dem Streit mit ihren Freunden ist das kein ernstzunehmendes Argument. Ob Mehmet kommt? Er hat sich seit gestern nicht bei ihr gemeldet und auch nicht auf ihre SMS reagiert. Sie muss ihn dringend sehen und wissen, ob Maika ihr Vorhaben, den Macker mach ich fertig!, in die Tat umgesetzt hat. Außerdem muss Maika die Angestelltenmaus-Beleidigung zurücknehmen. Irgendwie sind sie mittlerweile ja so was wie Freundinnen. Und Nora hat das dringende
Bedürfnis, sich mit Mehmet und Maika, wenn es geht, zu versöhnen.
    Nora füllt den Wasserkocher. »Wir nehmen keine Sahne, sondern Eis und setzen uns auf den Balkon. Kurz vor vier zisch ich ab. Du gehst spazieren. Ich putze mit den anderen den Club und komm wieder nach Hause. Wir essen Abendbrot …«
    »… und knacken die Bank«, sagt Yolanda sauer. »Plan mich mal nicht in deinen großen Coup ein, durchtriebene

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