Lieblingsgedichte der Deutschen - Die 101 beliebtesten und schönsten Gedichte aller Zeiten (Illustrierte Ausgabe) (German Edition)
und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt,
Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt!
"Weh' euch, ihr duft'gen Gärten im holden Maienlicht!
Euch zeig' ich dieses Toten entstelltes Angesicht,
Dass ihr darob verdorret, daß jeder Quell versiecht,
Dass ihr in künft'gen Tagen versteint, verödet liegt.
"Weh' dir, verruchter Mörder! du Fluch des Sängertums!
Umsonst sei all' dein Ringen nach Kränzen blut'gen Ruhms;
Dein Name sei vergessen, in ew'ge Nacht getaucht,
Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht!"
Der Alte hat's gerufen, der Himmel hat's gehört;
Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört,
Noch eine hohe Säule zeugt von verschwund'ner Pracht,
Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht.
Und rings, statt duft'ger Gärten, ein ödes Heideland:
Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand;
Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch:
Versunken und vergessen! - das ist des Sängers Fluch.
Lureley. Zu Bacharach am Rheine
- Clemens Brentano -
Zu Bacharach am Rheine,
Wohnt eine Zauberin,
Die war so schön und feine
Und riss viel Herzen hin,
Und machte viel zuschanden
Der Männer rings umher,
Aus ihren Liebesbanden
War keine Rettung mehr.
Der Bischof ließ sie laden
Vor geistliche Gewalt,
Und musste sie begnaden,
So schön war ihr' Gestalt.
Er sprach zu ihr gerühret
"Du arme Lore Lay.
Wer hat dich dann verführet
Zu böser Zauberei."
"Herr Bischof lasst mich sterben,
Ich bin des Lebens müd,
Weil jeder muss verderben,
Der meine Augen sieht.
Die Augen sind zwei Flammen,
Mein Arm ein Zauberstab,
O schickt mich in die Flammen,
O brechet mir den Stab."
"Den Stab kann ich nicht brechen,
Du schöne Lore Lay,
Ich müsste dann zerbrechen,
Mein eigen Herz entzwei.
Ich kann dich nicht verdammen,
Bis du mir erst bekennt
Warum in deinen Flammen
Mein eignes Herz schon brennt.«
"Herr Bischof mit mir Armen
Treibt nicht so bösen Spott,
Und bittet um Erbarmen
Für mich den lieben Gott,
Ich darf nicht länger leben,
Ich lieb' kein Leben mehr,
Den Tod sollt ihr mir geben,
Drum kam ich zu euch her.
Ein Mann hat mich betrogen,
Hat sich von mir gewandt,
Ist fort von mir gezogen
Fort in ein andres Land.
Die Blicke sanft und wilde,
Die Wangen rot und weiß,
Die Worte still und milde,
Die sind mein Zauberkreis.
Ich selbst muss drin verderben,
Das Herz tut mir so weh,
Vor Jammer möcht' ich sterben,
Wenn ich zum Spiegel seh'.
Drum lasst mein Recht mich finden,
Mich sterben, wie ein Christ,
Denn alles muss verschwinden
Weil er mir treulos ist.«
Drei Ritter ließ er holen:
"Bringt sie ins Kloster hin,
Geh, Lore! Gott befohlen,
Sei dein berückter Sinn.
Du sollst ein Nönnchen werden,
Ein Nönnchen schwarz und weiß.
Bereite dich auf Erden
Zum Tod mit Gottes Preis.«
Zum Kloster sie nun ritten,
Die Ritter alle drei
Und traurig in der Mitten
Die schöne Lore Lay.
"O Ritter lasst mich gehen
Auf diesen Felsen groß,
Ich will noch einmal sehen,
Nach meines Buhlen Schloss,
Ich will noch einmal sehen
Wohl in den tiefen Rhein,
Und dann ins Kloster gehen,
Und Gottes Jungfrau sein.«
Der Felsen ist so jähe,
So steil ist seine Wand
Sie klimmen in die Höhe,
Da tritt sie an den Rand,
Und sprach: »Willkomm, da wehet
Ein Segel auf dem Rhein,
Der in dem Schifflein stehet,
Der soll mein Liebster sein.
Mein Herz wird mir so munter,
Er muss der Liebste sein,«
Da lehnt sie sich hinunter
Und stürzet in den Rhein.
Es fuhr mit Kreuz und Fahne
Das Schifflein an das Land,
Der Bischof saß im Kahne,
Sie hat ihn wohl erkannt.
Dass er das Schwert gelassen,
Dem Zauber zu entgehn,
Dass er zum Kreuz tät fassen,
Das konnt' sie nicht verstehn.
Wer hat dies Lied gesungen
Ein Priester auf dem Rhein
Und immer hat's geklungen,
Vom hohen Felsenstein
Lureley
Lureley
Lureley.
Als wären es meiner drei!
Mailied
- Johann Wolfgang von Goethe -
Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne!
Wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten
Aus jedem Zweig
Und tausend Stimmen
Aus dem Gesträuch
Und Freud' und Wonne
Aus jeder Brust.
O Erd', o Sonne!
O Glück, o Lust!
O Lieb', o Liebe!
So golden schön,
Wie Morgenwolken
Auf jenen Höhn!
Du segnest herrlich
Das frische Feld,
Im Blütendampfe
Die volle Welt.
O Mädchen, Mädchen,
Wie lieb' ich dich!
Wie blickt dein Auge!
Wie liebst du mich!
So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
Und Morgenblumen
Den Himmelsduft,
Wie ich dich liebe
Mit warmem Blut,
Die du mir Jugend
Und Freud' und Mut
Zu neuen
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