Loecher, noch und noecher
gewünscht hat. „Der Eifelturm hat den höchsten Lift“, erinnert er sich an die Worte vom Doktor Krisper.
Der Biermösel steckt das Schneegestöber in die Tasche von seinem Wetterfleck. Er will das alles immer noch nicht glauben. Vielleicht hat es der Lindbichler ja nur verloren, wie er das letzte Mal mit der Franzi da heraußen war und sie wild herumgeschmust haben?
„Und wieso dann das Loch, du Pfeife?“, fragt der Derrick.
Kein Zweifel mehr, dass das die Scheinwerfer vom Lindbichler seinem Unimog sind, die da von unten heraus leuchten hinauf in den Himmel. Und kein Zweifel auch, dass der Unimog mit der ganzen Weihnachtsbeleuchtung drum herum jetzt wirklich wie ein U-Boot ausschaut. Du meine Güte, denkt sich der Biermösel, wie er sich endlich traut hinunterzuschauen. Er möchte sich heute gar nicht vorstellen, was das für Aussee bedeutet, wenn der Lindbichler nie wieder räumt.
Anders als der Jackpot Charlie ist der Lindbichler ein wirklicher Verlust für das Tal, bedauert der Biermösel den Abgang vom Lindbichler hinunter zu den Fischen. Die Welt wird um einiges ärmer sein ohne ihn, wenn sie auch voller sein wird, voller mit Schnee. Gut für ihn, denkt sich der Biermösel, dass er endlich U-Boot-Kapitän geworden ist, schlecht aber für die Menschheit. Oder anders ausgedrückt: Traum erfüllt, aber das Land in große Schwierigkeiten gestürzt.
Flugschnee, Pulverschnee, Nassschnee, Graupelschnee, trockenen, nassen, dreckigen, weißen, angeschissenen, angebrunzten, angespiebenen Schnee. Schnee, Schnee, Schnee – der Lindbichler war der Einzige, der ihn hat bändigen können. Er hat ihn gezähmt, gepfählt, gemartert, gestanzt, gestapelt, gehoben und geschimpft hat er ihn auch, aber verflucht hat er ihn nie, denn der Schnee war seine Rettung.
Der Biermösel erinnert sich, wie ihm der Doktor Krisper damals freudig erzählt hat, dass er den sehr schwierigen Problemboy Lindbichler, den nicht einmal seine Venen in der Schulpädagogik beeindruckt haben und der in der Folge immer mit einem Fuß im Kriminal gestanden ist und heute wahrscheinlich Goldhaubendieb wäre, dass er ihn endlich als Schnupperlehrling bei der Straßenmeisterei untergebracht hat.
Weil er so groß und stark war, dass der Schwarzenegger drüben in Kalifornien gegen ihn wie eine schmale Krawatte im Wind hängt, haben sie ihm gleich den schweren Magirus Deutz mit der Fünf-Meter-Schaufel weggenommen und (auch die Straßenmeisterei muss sparen!) ihm einen geleasten kleinen Unimog mit schmaler Schaufel hergestellt.
„Das muss genügen“, haben sie gesagt.
„Das wird genügen!“, hat der Lindbichler angeblich gesagt, und dann hat er angefangen zu räumen.
Der Biermösel hat ihn dann oft mit nacktem Oberkörper und bei offenen Fenstern im Führerhaus gesehen, weil die Kälte und der Schnee die Schmerzen auf seiner Haut gelindert haben, besser als die Salbe vom Doktor Krisper die Schmerzen am Arsch von der Roswitha lindert. Manchmal auch, wenn er zu lange bei der Franzi drüben im Puff Händchen halten war und ihm die Zeit knapp geworden ist, hat er dann einfach den ersten Gang eingelegt und den Unimog mit Standgas rollen lassen, während er selbst aus dem Unimog gesprungen ist und mit der Schneeschaufel die Gegenfahrbahn auch gleich geräumt und den Schnee hinaus in die Wälder gewuchtet hat, eins-zwo-eins-zwo, so war der Lindbichler, ein Heiliger war er.
Oder aber es hat sich die wohlige Routine bei ihm breit gemacht, wenn der Schneesturm mal pausiert und er ein bisserl kürzer hat treten können und er entspannt in seinem Führerhaus oben gethront ist und die lange Gerade im Silbertannenwald mit seinem Scheinwerfer hunderte Meter weit ausgeleuchtet hat. Dann hat er einfach die Augen geschlossen und sich vorgestellt, dass er die Hebel von seinem U-Boot betätigt und die Schnauze von seinem stählernen Koloss hinunterdrückt und damit die Wassermassen verdrängt, und los ist sie gegangen, die Reise hinunter in die ewigen Nächte der See, wo niemand ihn ausspotten und keiner ihm weh tun hat können, außer vielleicht der Haifisch mit seinen Zähnen, vorm Haifisch mit seinen Zähnen hat sogar der Lindbichler mit seinen Muskelbergen sich gefürchtet, das hat der Doktor Krisper ihm einmal erzählt, als seine Erzählungen noch ein bisserl Schwung und Pepp gehabt haben.
Der Biermösel reißt sich jetzt ein paar gefrorene Tränenbäche von seinen Wangen, die an ihm hängen wie die Eiszapfen vor seinem Fenster am Gendarmerieposten, weil er
Weitere Kostenlose Bücher