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London Boulevard - Kriminalroman

London Boulevard - Kriminalroman

Titel: London Boulevard - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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auf, vollgepackt mit Klamotten. Wie ein Verkäufer im Laden sagte Norton:
    »Hier hast du
    Gucci
    Armani
    Calvin Klein -
    und die ganzen anderen Pisser, deren Namen ich nicht aussprechen kann. Größen zwischen M und L.«
    »M müsste passen.«
    Wieder im Wohnzimmer, öffnete Norton den Barschrank.
    Ebenfalls gut gefüllt. Er fragte:
    »Was willst du?«
    »Ein Bier.«
    Er machte zwei auf, gab mir eins. Ich fragte:
    »Kein Glas?«
    »Niemand trinkt mehr aus Gläsern.«
    »Ach.«
    »Sláinte, Mitch, und willkommen zu Hause.«
    Wir tranken. Das Bier schmeckte großartig. Ich gestikulierte mit der Dose, fragte:
    »Wie eilig hat der Typ es gehabt, dass er alles zurücklassen musste?«
    »Sehr eilig.«
    »Will der Kredithai nichts von dem Zeug?«
    Norton lächelte, sagte: »Die besten Stücke hab ich mir schon rausgesucht.«
    Ich brauchte eine Minute. Lag wohl am Bier. Ich fragte:
    »Du bist der Geldverleiher?« Breites Grinsen. Er war stolz, hatte drauf gewartet, sagte:
    »Ist eine Firma - und wir hätten dich gern mit an Bord.«
    »Ich glaub kaum, Billy.«
    Er wurde fast überschwänglich.
    »Hey, ich meine nicht sofort. Nimm dir Zeit, chill erst mal.«
    Chillen.
    Ich sagte nichts dazu, nur:
    »Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll, Billy. Das ist der Hammer.«
    »Kein Ding. Wir sind Freunde ... richtig?«
    »Richtig.«
    »Okay, ich muss los. Die Party steigt um acht im Greyhound. Komm nicht zu spät.«
    »Ich werde da sein. Danke noch mal.«

B riony hat sie nicht alle. Eine waschechte Irre. Ich hab in meinem Leben einige ernsthaft gestörte Frauen gekannt. Scheiße, ich war sogar mit ihnen zusammen gewesen, aber im Vergleich zu Bri waren das Paradebeispiele geistiger Gesundheit. Bris Mann starb vor fünf Jahren. Keine Riesentragödie, weil er ein Arschloch war. Die Tragödie besteht eher darin, dass sie nicht glaubt, dass er tot ist. Sie sieht ihn immer wieder auf der Straße, und was noch schlimmer ist, sie telefoniert mit ihm. Wie alle echten Verrückten hat sie aber klare Momente. Hin und wieder wirkt sie
    rational
    stringent
    zurechnungsfähig
    ... und dann tickt sie aus. Völlig unvorbereitet überrascht sie einen mit einer atemberaubend wahnwitzigen Aktion.
    Dazu kommt noch, dass sie mit ihrem betörenden Charme jeden verzaubert. Sie sieht aus wie Judy Davis, vor allem in dem Film von Woody Allen, wo sie mit Liam Neeson spielt. Ladendiebstahl ist ihr Hobby. Keine Ahnung, warum sie nie erwischt wird, sie ist unglaublich leichtsinnig. Bri ist meine Schwester. Ich rief sie an. Gleich beim ersten Klingeln ging sie dran, fragte:
    »Frank?«
    Ich seufzte. Frank war ihr Mann. Ich sagte:
    »Ich bin’s, Mitchell.«
    »Mitch ... Oh, Mitch ... du bist draußen.«
    »Seit heute.«
    »Ich ... ich freu mich so. Ich hab dir so viel zu erzählen. Darf ich dich heute Abend bekochen? Hast du Hunger? Haben die dir genug zu essen gegeben?«
    Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
    »Ja ... Ja, mir geht’s gut ... hör zu, vielleicht lieber morgen.«
    Schweigen.
    »Bri ... bist du noch dran?«
    »Willst du mich an deinem ersten Abend gar nicht sehen? Hasst du mich?«
    Obwohl ich wusste, dass es ein Fehler war, erzählte ich ihr von der Party. Augenblicklich besserte sich ihre Laune, sie sagte:
    »Ich bring Frank mit.«
    Am liebsten hätte ich geschrien: »Du irre Schlampe, kapier’s endlich!« Aber ich sagte: »Okay.«
    »Ach Mitch, ich bin so aufgeregt. Ich hab ein Geschenk für dich.«
    Oh Gott.
    »Wie auch immer.«
    »Mitch ... darf ich dich was fragen?«
    »Hm ... klar.«
    »Haben die dich vergewaltigt? Mehr als einmal?«
    »Bri, ich muss los, wir sehen uns später.«
    »Tschüs, Baby.«
    Ich legte auf. Wow, ich war völlig erledigt.
    Ich durchstöberte den Kleiderschrank. Für jemanden, der drei Jahre lang nur Jeans und gestreifte Hemden getragen hat, war er eine einzige Schatzkammer.
    Als Erstes zog ich einen Stapel Tommy Hilfiger raus. Packte das Zeug in eine Mülltüte. Der ganze Schlabberscheiß, vielleicht wurden die das bei Oxfam noch los. Da hing eine Lederjacke von Gucci, schön abgetragen. Die würde ich behalten. Jede Menge weiße T-Shirts von H&M: die Art, die Brando mit Die Faust im Nacken berühmt gemacht hatte. Die Typen im Knast würden für amerikanische Muskel-Shirts morden.
    Keine Jeans.
    Kein Problem.
    Khakihosen von Gap, ein halbes Dutzend. Ein Blazer von French Connection und Sweatshirts von Benetton.
    Ich weiß nicht, ob der Typ Geschmack hatte, aber Geld hatte er auf jeden Fall. Na ja,

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