Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Lucifer - Traeger des Lichts

Titel: Lucifer - Traeger des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Webb
Vom Netzwerk:
entlegenen Informationen auszugraben.
    Seine Bewegungen bildeten ein Muster, wenn auch keiner dieses richtig zu deuten wusste. Etwa an fünf Tagen im Monat kam Sam mit dem Zug von London, aß am Dozententisch zu Mittag und saß dann in der Bibliothek, um sich Aufzeichnungen in fremden Sprachen aus vergessenen Büchern zu machen. Für den Rest des Monats war er wie vom Erdboden verschwunden.
    Schließlich hatte er dann eine nominelle Anstellung akzeptiert. Als Teilzeit-College-Bibliothekar, dessen Fachgebiet niemand so recht kannte, verdiente er nicht viel, aber die Höhe seines Gehalts hatte ihn nie wirklich interessiert. Von den Begünstigungen, die man ihm angeboten hatte - angefangen von leicht verdientem Geld über klangvolle Titel bis hin zu Dingen, nach denen sich die meisten Dozenten die Finger lecken würden -, hatte Sam selbst die besten ausgeschlagen.
    Einmal hatte er sogar einen Lehrstuhl abgelehnt, mit den Worten, er wolle sich nicht binden.
    »Darf ich fragen, Linnfer, was Sie eigentlich genau tun?«, hatte der Dekan des Colleges einmal gefragt. »Wenn Sie nicht recherchieren, meine ich.«
    »Ich schreibe Bücher für Schwachköpfe, die sich zu fein sind, sie selbst zu schreiben.«
    Das Gesicht des Dekans hellte sich auf. Er liebte nichts mehr, als sich gegenüber einem Rivalen in »seinem« Feld einen Vorteil zu verschaffen, als ob ein Fachgebiet von jemandem besetzt werden konnte, der es erforschte. »Jemand dabei, den ich kenne, oder dürfen Sie es nicht sagen?«
    Aber Sam gab keine Antwort. Nicht aus Diskretion — nein, diesmal hielt er den Mund, weil er sich gerade nicht einfach um eine Antwort herumgedrückt hatte; dieses eine Mal hatte er eine direkte Lüge gebraucht. Nicht dass er sich deswegen schuldig gefühlt hätte. Einige Wahrheiten waren viel, viel schädlicher als die gelegentliche kleine Lüge.
    Und nein, es gab keine versteckte Leiche in seinem Keller oder in seiner Wohnung. Aber dafür einige andere Dinge.
    An einem verregneten Abend im Februar kam Sam zu später Stunde die Treppe zu seinem Apartment hochgestapft. Er fischte in seiner Tasche nach dem Türschlüssel - und erstarrte.
    Das Apartment lag in einem Mietshaus in einer jener endlosen Reihen von Mietshäusern am Rande von Camden, die seit vierzig Jahren immer teurer geworden waren, aber irgendwie immer noch tropfende Wasserhähne hatten. Die Frau, der er jede Woche die Miete zahlte, war in den Achtzigern, auf einem Ohr taub und kannte kaum seinen Namen. Sie nannte ihn immer noch Mr Samuel, obwohl er schon seit drei Jahren in
    der Wohnung lebte. Doch ihr schwindender Geist am Rande der Vergreisung kam ihm gerade recht. Wenn er seine Wohnung nächtelang nicht gesehen hatte, war Mrs Dinken die ideale Person, die bezeugen konnte, er sei die ganze Zeit dort gewesen - und es dabei sogar glaubte.
    Doch an diesem Abend hatte Sams feines Gehör vernommen, dass sich etwas in der Wohnung bewegte. Seine dunklen, dunklen Augen hatten ein leichtes Glimmen unterhalb der Wohnungstür gesehen, was darauf hindeutete, dass drinnen irgendwo Licht brannte. Er wusste, dass er keins angelassen hatte. Als er weiter auf die Tür starrte, wurde sein Blick leer, und einen Augenblick lang schien er einer inneren Stimme zu lauschen. Schließlich wandelte sich sein Blick der Konzentration zu einem Stirnrunzeln. Er fand den Schlüssel und stieß die Tür auf.
    Die Eindringlinge trugen so einfache, gewöhnliche Kleidung, dass Sam sie sofort als das erkannte, was sie waren. Polizisten.
    Einer von ihnen zückte eine Polizeimarke. »Entschuldigen Sie, Sir.«
    Wenn er schon anfing, sich zu entschuldigen, bevor Sam ins Zimmer getreten war, musste es schlimm stehen.
    »Was«, fragte Sam mit einer sehr ruhigen, beherrschten Stimme, die sein junges Gesicht älter machte und ihm eine unerwartete Autorität verlieh, »machen Sie in meiner Wohnung?«
    »Wenn Sie hereinkommen könnten, Sir...«
    Da er keine andere Möglichkeit sah, trat er in das kleine, ein wenig muffige Wohnzimmer mit seinen Stapeln von ungeöffneter Post, ungelesenen Zeitungen und Zeitschriften und leeren Kaffeetassen, in denen sich interessante Pilzkulturen bildeten. Trotz der Verwahrlosung umgab den Raum ein Gefühl der Ordnung und ein Hauch von Gemütlichkeit.
    Es waren zwei Männer. Ohne ein weiteres Wort zu sagen,
    bedeuteten sie ihm, durchzugehen und sich an den Küchentisch zu setzen. Einer von ihnen, der ältere, setzte sich im gegenüber, als wollte er ein Verhör durchführen. Der jüngere

Weitere Kostenlose Bücher