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Lucy Sullivan wird heiraten

Lucy Sullivan wird heiraten

Titel: Lucy Sullivan wird heiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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abhängen konnten.
    Als wir zu guter Letzt den Straßengören entkommen waren, entspannten wir uns zusehends. Es wurde Zeit für die Nachbesprechung unseres Besuchs bei Mrs. Nolan. Wir alle vier waren ein wenig gereizt. Jede wollte wissen, was die anderen ›gekriegt‹ hatten – wie kleine Mädchen, die vergleichen, was sie in ihrer Wundertüte gefunden haben. »Was hast du? Zeig es mir! Sieh mal, was ich hab!«
    Meredia und Megan wetteiferten darin, ihre Geschichte zu erzählen. Der Lärm im Wagen war ohrenbetäubend.
    »Sie hat gewußt, daß ich aus Australien komme, ohne daß ich es ihr sagen mußte«, meldete sich Megan aufgeregt. »Und sie hat gesagt, daß bei mir was auseinandergeht, daraus aber Gutes entsteht und ich glänzend damit zurechtkomme, wie mit allem.« Die letzten Worte klangen ein wenig selbstgefällig.
    »Das könnte heißen, daß es Zeit ist, weiterzureisen«, fuhr sie fort. »Auf jeden Fall sieht es ganz so aus, als brauchte ich es nicht mehr lange bei euch trüben Tassen auszuhalten.«
    »Mir hat sie gesagt, daß ich zu Geld komme«, sagte Meredia glückstrahlend.
    »Gut«, sagte Hetty. Ihre Stimme klang sonderbar verdrießlich. »Dann kannst du mir ja die zwanzig Pfund zurückgeben, die du mir schuldest.«
    Mir fiel auf, daß Hetty stiller war als sonst. Sie beteiligte sich nicht an der allgemeinen Heiterkeit und Aufgekratztheit und steuerte konzentriert ihren Wagen.
    Saß der höheren Tochter die hautnahe Berührung mit Unterschichtkindern noch in den Knochen? Oder war es etwas anderes?
    »Was hat sie dir gesagt, Hetty?« fragte ich ein wenig besorgt. »Ist es womöglich was Schlimmes?«
    »Ja«, sagte sie leise. Es klang, als sei sie den Tränen nahe.
    »Was denn? Was hat sie gesagt?« fragten wir durcheinander und näherten unsere Gesichter dem ihren, begierig, die Prophezeiung furchtbarer Ereignisse zu hören: Unglück, Krankheit, Tod, finanzieller Ruin, explodierende Gasboiler im Badezimmer, fällige Hypotheken, die nicht zurückgezahlt werden konnten – was auch immer.
    »Sie hat gesagt, ich würde schon bald meiner großen Liebe begegnen«, sagte Hetty mit tränenerstickter Stimme.
    Mit einem Mal schwiegen wir alle. O Gott, das war in der Tat schlimm. Die arme Hetty!
    Es ist für eine verheiratete Frau mit zwei Kindern mehr als beunruhigend, zu erfahren, daß ihr die große Liebe begegnen wird.
    »Sie sagt, ich würde mich richtig in ihn verknallen«, erklärte uns Hetty schluchzend. »Ist das nicht entsetzlich? In unserer Familie hat es noch nie eine Scheidung gegeben. Und was ist mit Marcus und Montague? (Möglicherweise hat sie auch »Troilus und Tristan« oder »Cecil und Sebastian« gesagt.) »Sie leiden auch so schon unter dem Leben im Internat, da können sie gut auf die Blamage verzichten, daß ihre Mutter dem Vater durchbrennt.«
    »Ach je«, sagte ich voll Mitgefühl. »Aber das war doch sicher nicht ernst gemeint. Bestimmt kommt es gar nicht so weit.«
    Darauf flossen Hettys Tränen nur um so heftiger. »Aber warum soll ich meiner großen Liebe nicht begegnen? Ich möchte ihn ja kennenlernen.«
    Megan, Meredia und ich tauschten entsetzte Blick. Grundgütiger Gott! Das war ja höchst außergewöhnlich. Sollte die sonst so vernünftige und ruhige Hetty – ich würde sogar so weit gehen, sie phantasielos zu nennen –, eine Art Nervenzusammenbruch erlitten haben?
    »Warum kann ich nicht auch mal Spaß haben? Warum soll ich es mein Leben lang bei meinem langweiligen Dick aushalten?« wollte sie wissen.
    Bei jedem »Ich«, das sie sagte, schlug sie mit der Faust auf das Lenkrad, so daß der Wagen auf die andere Fahrbahn geriet. Rings um uns wurde gehupt, aber Hetty schien nichts davon zu merken.
    Ich war verblüfft. Schon seit zwei Jahren arbeiteten wir zusammen, und ich meinte sie recht gut zu kennen, auch wenn wir nicht unbedingt Busenfreundinnen waren.
    Im Wagen trat verblüfftes Schweigen ein. Meredia, Megan und ich schluckten eine Weile und überlegten, womit wir Hetty trösten könnten. Es fiel uns aber nichts ein.
    Hetty selbst rettete die Situation. Nicht umsonst war eine um vierzehn Ecken mit ihr verwandte Cousine dritten Grades Hofdame bei der Königin. Außerdem hatte sie ein immens teures Mädchenpensionat besucht und dabei gelernt, wie man heikle Situationen in der Öffentlichkeit überspielt. »Tut mir leid«, sagte sie. Mit einem Schlag schien sie wieder die alte Hetty zu sein. Die Fassade höflicher, vornehmer, gefaßter Distanz war wieder an Ort und

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