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Lügenbeichte

Lügenbeichte

Titel: Lügenbeichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Dölling
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Griff an die Scheibe. Der Schläger flog ihr aus der Hand und schlidderte über den Boden. Sie versuchte es noch ein paarmal. Nichts. Die Scheibe hielt stand. – Der Schuh der Toten. Die Stöckel! Sie brauchte dringend einen Schluck Wasser.
    Es dauerte, bis sie den Schlauch von der Waschmaschine vom Hahn losgeschraubt hatte. Dann trank sie kaltes Wasser, wusch sich das Gesicht, die Hände. Sie war jetzt ganz klar. Und da fiel es ihr wieder ein: Thomas hatte einmal durch einen Kurzschluss die Alarmanlage ausgelöst. Das war's! Sie schaute sich um. Die Waschmaschine! Sie musste am Stromkabel nur die Plastikisolierung abkriegen und Plus und Minus miteinander verbinden. Aber wenn die Alarmanlagedavon nicht losging? Robert würde es auf jeden Fall bemerken und nachschauen. Und dann würde sie ihm mit dem Tischtennisschläger voll eins überziehen und weglaufen, raus aus diesem Haus, bevor der alte Mann kam. Oder steckte Robert sogar mit ihm unter einer Decke?
    Ihr wurde schwarz vor Augen. Bloß jetzt nicht schlappmachen. Bloß das nicht!
    Die Steckdose war hinter der Waschmaschine. Sie ruckte die Waschmaschine ein Stück von der Wand. Ganz schön schwer, das Teil! Josi biss die Zähne zusammen und ruckte weiter, bis sie gut an die Steckdose kam. Sie musste die Isolierung des Stromkabels entfernen, das rote Kabel mit dem blauen Kabel zusammenbringen und dann den Stecker zurück in die Steckdose stecken. Sie versuchte, mit den Zähnen die weiße Isolierschicht abzubeißen. Da könnte sie lange dran kauen, bis sich etwas tat. »Denk nach!«, ermahnte sie sich laut und starrte auf das Kabel.
    »Ja, ich hab's!« Sie musste nur das Kabel hinten aus der Waschmaschine reißen, dann waren die Pole schon freigelegt! Sie hielt das Kabel mit beiden Händen und zog mit aller Kraft daran, aber ihre Hände waren zu rutschig. Sie wischte sie an der Hose ab, aber das nützte nichts.
    »Der Puder!«
    Sie lief zum Schrank, rieb die Hände über den Tauchanzug, verteilte den Puder in ihren Handflächen, wie im Sportunterricht beim Reckturnen oder am Barren. Das Kabel war jetzt viel besser greifbar. Sie stemmte sich mit einem Fuß gegen die Waschmaschine undzog das Kabel mit einem Ruck aus der Maschine, stolperte rückwärts und landete auf den Hintern. »Aua!«
    Aus der dicken, weißen Isolierung stakten drei dünne Kabel heraus, blau, rot und braun, mit dünnem Kupferdraht darin. Sie wischte sich die Puderhände an der Hose ab und versuchte, den roten und den blauen Draht zu verknoten, aber ihre Finger zitterten zu sehr.
    »Ganz ruhig«, redete sie sich zu und atmete tief. »Ganz ruhig!« Normalerweise redete sie nicht so viel mit sich selbst, das machten doch nur alte Leute oder Verrückte, aber es beruhigte sie. Es war, als würde Papa mit ihr reden. Der Gedanke an ihn gab ihr Kraft und Zuversicht, das Richtige zu tun.
    Die Kupferenden waren sehr kurz, aber sie kriegte es schließlich mit den Zähnen hin, sie umeinanderzuschlingen. Sie nahm den Stecker in die Hand, wollte ihn gerade in die Dose stecken, da hielt sie inne. Wo war der Tischtennisschläger – ihre einzige Waffe? Sobald jemand den Raum betrat, würde sie ihm mit der Kante auf den Kehlkopf schlagen und ihm dann ein Knie voll in die Eier rammen. Den Überraschungsmoment ausnutzen und abhauen.
    Sie zählte bis drei und steckte den Stecker ein. Es funkte, zischte, als hätte sie ein riesiges Streichholz entzündet. Sie konnte gerade noch erkennen, dass sich die miteinander verknoteten Drähte voneinander gelöst hatten, auseinanderstakten wie Kaas gespaltene Zunge, dann ging das Licht aus. Es stank nach verbranntem Plastik. Sie sah gar nichts mehr, tastete nach dem Tischtennisschläger, nahm ihn in beide Hände und lief zur Tür. Horchte.
    Ihre Ohren waren keine Ohren mehr, sondern Scanner, bereit, jedes kleinste Geräusch von der anderen Seite der Tür zu analysieren.
    Nichts.
    Wieso kam Robert nicht?
    Das Licht ging wieder an. Sie fuhr zusammen. Er hatte also nur die Sicherung wieder eingeschaltet.
    Sie hämmerte mit dem Schläger gegen die Tür, schrie: »Robert, lass mich raus, bitte, ich muss dir was sagen!« Sie schrie es so oft und so laut, bis sie keinen Ton mehr rausbrachte. – Wieso kam er denn nicht?
    Er ließ sie einfach zappeln. Warum?
    Weil man ihn früher hatte zappeln lassen? Eingesperrt, in einen Kleiderschrank, während seine Mutter die Männer bediente?
    Plötzlich seine Stimme, ganz nah: »Was machst du da für einen Blödsinn?«
    Um ein Haar wäre ihr der

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