Lux Aeterna (German Edition)
Er hatte durch sein Tun diese Kathedrale bereits entweiht!
„Haben Sie sich meinen Vorschlag überlegt?“, fragte der Geistliche leise.
Schweigen.
„Sie haben ein schwaches Herz“, bemerkte Jason plötzlich.
Pryce blickte den jungen Mann vor ihm zornig an. „Woher wissen Sie…“ Abrupt brach er ab. „Kommen wir endlich zur Sache, Mr. Dawn. Sind sie bereit, mich in einen der Ihren zu verwandeln?“
Jason schüttelte den Kopf. „Nein, niemand von meiner Rasse wird dies tun. Wir haben einen Vertrag unterschrieben, den wir nicht willentlich brechen werden.“
„Nun gut.“ Der Blick des Kardinals glich dem einer Schlange. „Dann werden Sie niemals erfahren, wo sich das Kind befindet.“
„Das wissen wir bereits. Ich denke, Sie wissen nicht mehr, wo es sich jetzt befindet“, bemerkte Leander trocken, während er den Geistlichen von oben herab musterte.
Pryce fuhr zu ihm herum. „Soll das heißen…?“
Leander nickte bestätigend. „Ja, es befindet sich bereits in unserem Gewahrsam.“
Jason konnte deutlich den Zorn in Pryce anwachsen fühlen. Sein Blutdruck beschleunigte sich zusehends.
„Oh, nein…“ Erst ganz leise dann immer lauter werdend erhob sich die Stimme des Kardinals. „Oh nein, ihr werdet mich nicht auch noch um mein Recht auf ewiges Leben betrügen. Ihr nicht!“ Leander bemerkte aus den Augenwinkeln, dass der Kirchenmann etwas aus der Innentasche seines Mantels fischte. Jason wollte ihn gerade noch warnen, da hatte Pryce das Horn des Einhorns dem Halbengel schon mit dem Ausruf „Ihr verfluchten Betrüger“ in die Brust gestoßen. Er zog es rasch wieder heraus und rannte mit dem Horn in der Hand das Kirchenschiff entlang zurück zur Seitenpforte, um in der Nacht zu verschwinden. Kleine, glänzende Tropfen markierten seine Spur.
Langsam sank Leander zu Boden, die Hand auf die blutende Wunde gepresst. Silberne Flüssigkeit rann aus der tiefen Verletzung über seine Finger und tropfte bereits auf den Boden aus Steinquadern. Innerhalb von Sekunden musste Jason sich entscheiden, entweder seinem Freund beizustehen oder diesem Verrückten zu folgen. Er wählte die Freundschaft und kniete neben Leander Knight nieder. Der Atem des Halbengels ging schwer und ein rasselndes Geräusch sagte Jason auch ohne vampirische Fähigkeiten, dass seine Lunge aufgerissen sein musste. Auch auf Leanders Lippen waren bereits silberglänzende Tropfen zu finden, die sich zu einem dünnen Faden in seinem Mundwinkel sammelten.
„Gib jetzt nicht auf, hörst du. Irgendetwas müssen wir doch tun können“, rief der junge Vampirfürst fast verzweifelt aus. Und diesmal schien das Echo dieser Kathedrale ihn zu verspotten, als es seine Verzweiflung hundertfach zurückwarf.
Der Atlanter schüttelte schwerfällig den Kopf. „Es gibt keine Heilung von einer solchen Waffe“, flüsterte er heiser.
Aber so einfach wollte Jason nicht aufgeben. „Hör zu, ich kann dich nicht beißen, dein Blut ist auch für mich tödlich. Aber du hast meines bereits vor langer Zeit getrunken. Ich könnte versuchen, dich doch noch zu wandeln, wenn du aus meinen Adern trinkst, allerdings würdest auch du dann dem Fluch des Blutes folgen müssen“, schlug Jason vor, verzweifelt bemüht, seinem schwer verletzten Freund zu helfen.
Was sollte er sonst tun? Beten? Hilfesuchend blickte er zu dem riesigen Kreuz über dem Altar, das im Schein der Kerzen einen drohenden Schatten auf die rückseitige Wand mit den bunten Glasfenstern warf. Hatte er da überhaupt noch ein Recht zu? Er wusste ja nicht einmal, was mit seiner Seele bei jeder Wandlung wirklich geschah oder ob er überhaupt noch eine hatte. Er wusste soviel weniger, als dieser halbe Engel, der so viel älter war als dieses Land, der ihm über Jahre zur Seite gestanden hatte, der ihn bereits zweimal wieder erweckt hatte und dessen silbern schimmerndes Blut in dünnen Fäden langsam auf den kalten Granitboden rann. Jason Dawn wartete ungeduldig auf eine Entscheidung. Die Zeit lief ihm davon! Dabei hatte Zeit für ihn seit Jahrzehnten keine Rolle mehr gespielt.
Leander schwieg und blickte hinauf in das hallenartige Deckengewölbe der Kathedrale, als könnten seine Augen dieses durchdringen und bis hinauf in den Nachthimmel schauen. Seine Atemzüge klangen mühsam und keuchend. Seine schönen dunkelblauen Augen weiteten sich.
Jason, der vor ihm kniete, sah, wie diese Augen den sternenübersäten Kosmos in sich aufnahmen und die Pupillen verschwanden. Er blickte in das
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