Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch
Erstarrung und dem Schrecken folgten Zweifel.
Das konnte nicht sein!
Jörg Maruschka war überzeugt davon daß er nur
träumte.
Eine Halluzination, ein Trugbild!
Tössfeld und sein dämlicher Fliegengott, von dem er
gesprochen hatte…
Auch die Frösche sollten so ein Überwesen haben.
Er, Maruschka, mußte sich eingestehen, daß die Saat,
die Tössfeld ausgesät hatte, aufgegangen war. Er hatte seit
dem Weggang seines Besuchers nur an diese phantastische Gestalt
gedacht…
»Sei mir willkommen«, sagte er einfach. In Bruchteilen
von Sekunden gingen ihm Gedanken durch den Kopf und er glaubte, die
richtige Lösung gefunden zu haben.
Er gab sich ruhig und gelassen, doch man sah ihm an, daß es
ihm größte Mühe bereitete.
Im entscheidenden Augenblick benahm er sich hilflos wie ein
Neugeborenes. Dabei hatte er sich die Begegnung mit einem Dämon
in tausend verschiedenen Variationen ausgemalt.
Das Zusammentreffen – so hatte er immer geglaubt –
würde mit Gestank, Krach und einer Vielzahl abstoßender
Dinge verbunden sein. Zu allen Zeiten hatten sich Dämonen und
bösartige niedere und höhere Geister so gemeldet. In der
Gegenwart würde das nicht anders sein.
Aber ausgerechnet ein Frosch?
Warum ein Frosch? Hing es mit den Versuchen zusammen, die er
unternahm? Glaubte man im Dämonenbereich, ihm einen Gefallen zu
tun, wenn man ein Bild wählte, das ihm vertraut sein
mußte? Dann würde er dies, als eine besondere Art von
Zuneigung oder Aufmerksamkeit zu werten haben. Er war noch unbeholfen
im Umgang mit Dämonen und wußte nicht, wie er diese oder
jene Geste werten sollte.
Eines allerdings fiel ihm dabei siedendheiß ein.
Dämonen und Geister hatten Namen!
Wenn man sie damit anrief, machte man sie sich Untertan,
vorausgesetzt, daß einige Vorbedingungen gewisser Zeremonien
und geheimer Riten erfüllt waren.
»Wie ist dein Name?« fragte Maruschka. Seine Stimme
klang schon sicherer. Langsam kehrte seine Fassung zurück, und
er versuchte, die unheimliche, massige Froschgestalt auf seiner
Türschwelle zu ignorieren und sich von dem riesenhaften Wesen
keinen Schrecken einjagen zu lassen.
Der Riesenfrosch öffnete sein Maul.
Die dicke, festgewachsene Zunge sah aus wie ein Stück Fleisch
unter dem Oberkiefer.
Dumpfe, gutturale Laute drangen aus dem sich aufblasenden Kehlkopf
des vermeintlichen Dämons.
»Ich bin Konga.«
Wie ein kalter Wind wehte ihn der Atem des mehr als
menschengroßen Frosches an.
Konga? Blitzschnell überlegte Maruschka. Dieser Name stand
nicht in den alten Büchern, die er zusammengetragen hatte.
Er hätte eher erwartet, den Namen Qualpa, Asmodis, Pluto oder
Arkum zu hören. Diese Namen hätten ihm etwas gesagt. Diese
Dämonen hatten Macht und konnten auch ohne Rücksprache mit
ihrem höllischen Gebieter Entscheidungen treffen. Vor allen
Dingen waren sie imstande, jede erdenkliche Gestalt anzunehmen.
Aber ein Dämon namens Konga war ihm nicht bekannt.
Vielleicht handelte es sich bei dem Riesenfrosch um einen der
zahllosen niederen Geister, die es im höllischen Bereich
gab?
Der Riesenfrosch sprach weiter. Seine dumpfe, laute Stimme
dröhnte durch das Innere der Hütte.
»Du heißt deinen Henker willkommen?«
Wie war das nun wieder zu verstehen?
Jörg Maruschka erkannte, daß er die Situation noch
immer nicht begriffen hatte.
Er handelte instinktiv, als ihm bewußt wurde, daß er
die Begegnung offensichtlich unterschätzt hatte.
Die Worte des Riesenfrosches bestätigten ihm die Gefahr, in
der er schwebte, und die er intuitiv erfaßt hatte.
Dementsprechend verhielt er sich.
Er warf sich gegen die Tür, aber Konga, der unheimliche
Frosch, schien darauf gefaßt gewesen zu sein.
Seine rechte Hand mit den Schwimmhäuten zwischen den Fingern
klatschte gegen die Tür, noch ehe Maruschka sie ins Schloß
drücken konnte.
Die Tür flog zurück. Und mit ihr der junge Deutsche.
Maruschka taumelte. Er fing sich wieder und stürzte nicht zu
Boden.
Blitzartig entschied er sich für das Fenster, wollte es
aufreißen und in die Nacht hinausspringen.
Er brauchte Abstand zu den Dingen und mußte auf alle
Fälle Konga, dem Riesenfrosch, entrinnen.
Doch das war nicht so einfach, wie er sich das vorstellte.
Den großen, starren Augen der unheimlichen Kreatur entging
nichts.
Mit seinen langen Sprungbeinen stieß der Frosch sich ab.
Wie ein großer, bizarrer Schatten kam sein gedrungener Leib
durch die Türöffnung, schwebte sekundenlang in der Luft und
senkte sich dann hart auf
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