Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch
entdeckte die angelehnte
Schuppentür und zog sie nach außen.
»Claudia?« Seine Stimme verhallte.
Keine Antwort!
Peter Lickert riß ein Streichholz an. Mit der flackernden
kleinen Flamme durchsuchte er den Schuppen. Einzeln
herabhängende Spinnwebfäden verglühten rasch, wenn sie
der Streichholzflamme zu nahe kamen.
Die Kisten und langen Stangen, die an der Bretterwand lehnten,
warfen verzerrte Schattenbilder.
Peter Lickert suchte den Schuppen ab. Er ahnte nicht, daß er
mit seinen Füßen jene Stelle passierte, wo es vorhin
keinen Boden, sondern nur eine Falltür gegeben hatte.
Er suchte die hintersten Ecken ab.
Nichts!
Schon zehn Minuten waren vergangen.
»Treib’s nicht auf die Spitze«, redete er leise vor
sich hin. »Du hast gewonnen. Die fünf Minuten sind
längst um. Ich habe dich nicht gefunden.«
Er hoffte sehr, daß er eine Antwort erhielt, aber er blieb
bei dieser Hoffnung. Entweder war Claudia stur – genoß das
Spiel und seine Verwirrung, oder aber sie konnte keine Antwort mehr
geben!
Er befürchtete das Letztere.
Es muß etwas passiert sein. Bei der Suche nach einem
günstigen Versteck hatte sie sich möglicherweise in eine
Situation manövriert, die ihr zum Verhängnis geworden
war.
Er malt sich plötzlich das Schlimmste aus.
Im Geist sah er Claudia unter einem Mühlstein liegen… in
einer großen Blutlache…
Er folgte der Eingebung.
Wütend riß er die Kisten und Kästen auseinander,
suchte auch dahinter und rannte aus dem Schuppen, als er keine Spur
fand.
Vielleicht in der Mühle?
Er hetzte die knarrenden Stufen nach oben, erreichte die Tür
und wollte sie einfach aufstoßen in der Erwartung, auch sie
nicht versperrt zu finden.
Aber das erwies sich als ein Irrtum.
Die Tür war verschlossen.
Lickert schlug dagegen.
»Mach endlich auf! Laß den Unfug jetzt«, rief er.
Sein Atem ging schnell. »Ich weiß, daß du drin
bist.«
Seine Phantasie ging wieder mit ihm durch.
Claudia war in die Mühle gelaufen. Es gab keinen Zweifel mehr
für ihn. Und er war ihr gelungen, die Tür von innen
abzusperren. Bei der Suche nach ihrem Versteck mußte es dann
passiert sein.
Der ferne, erschreckte Schrei hallte wieder in seinen Ohren.
Lickert mußte seine Frau finden. Vielleicht war jede Minute
kostbar.
Er warf sich kurzentschlossen gegen die Tür, die erstaunlich
massiv war.
Er wollte und durfte nichts unversucht lassen.
Zwei-, dreimal warf er sich mit aller Kraft dagegen. Es knirschte
im Holz, aber die Tür flog nicht nach innen.
Er wollte sich ein weiteres Mal dagegenwerfen. Doch mitten in der
Bewegung hielt er inne.
Er sah plötzlich einen Lichtschein!
Er fiel durch die Türritzen und bewegte sich. Der Schein kam
näher.
Schritte!
Sie kamen von der Treppe…
Peter Lickert wußte nicht, was er davon halten sollte.
Dem Ganzen haftete etwas Gespenstisches, Unwirkliches an. Er
erlebt die Dinge wie in einem Traum.
Er dachte daran, daß Claudia und er bereits am ersten Tag
ihrer Ankunft einen Spaziergang am Bach entlang gemacht hatten. Dabei
waren sie auch an der Mühle vorbeigekommen. Sie hatten dem alten
Gebäude nur wenig Beachtung geschenkt. Das war am Tag gewesen,
und sie hatten geplaudert und über ihre gemeinsame Zukunft
gesprochen.
Das war ihnen alles ganz natürlich vorgekommen.
Jetzt befand er sich wie in einem Taumel und wußte nicht, ob
er wachte oder träumte. Er war ratlos und verwirrt.
»Ja? Was ist denn los? Wer ist da?« fragte eine Stimme.
»Und zum Donnerwetter nochmal, was soll eigentlich der Krach.
Mitten in der Nacht.«
Die Stimme hinter der Tür klang verärgert. Es war nicht
Claudias Stimme. Es war die eines Mannes.
Hart drehte sich der Schlüssel im Schloß. Dann wurde
die Tür geöffnet.
In der Hand eine brennende Petroleumleuchte, stand ein hagerer,
bleicher Mann mit grauen, buschigen Augenbrauen vor Lickert.
Der frischverheiratete Ehemann mußte erst mal schlucken.
Dies alles ging über sein Begriffsvermögen.
»Sie wohnen… hier?« wunderte er sich.
»Wie Sie sehen, ja«, antwortet der Bleiche unwirsch.
»Sie scheinen sich in der Haustür geirrt zu haben, junger
Freund. Wohl etwas zu tief ins Glas geschaut, wie?«
Lickert schüttelte den Kopf und griff sich an die Stirn. Er
preßte die Augen zusammen. Sein Gesicht fühlte sich
heiß und fiebrig an.
»Weder das eine noch das andere«, murmelte er benommen.
»Aber daß jemand in der Mühle wohnt… ich
hätte schwören können, daß hier kein
Mensch…« Er setzte seine Ausführung nicht
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