Macabros 026: Elixier der Verdammnis
gehört einer
alteingesessenen Londoner Familie. Es wurde immer in Schuß
gehalten – aber gewohnt hat niemand darin. So als hätte
keiner sich getraut… Sie verstehen schon. Das Haus interessiert
mich, der Preis ist lächerlich gering – wahrscheinlich weil
kein Mensch bereit ist, in einem Gespenster-Haus zu leben. Sind Sie
bereit, mit mir dieses Haus anzusehen, es mit Ihren medialen
Fähigkeiten zu untersuchen? Es sollen dort – angeblich,
bewiesen wurde nie etwas – Morde passiert sein. Diese Dinge
liegen über hundert Jahre zurück.«
»Was bedeuten hundert Jahre für die Ewigkeit?«
murmelte die neunundzwanzigjährige Sheila Martens. »Wann
möchten Sie das Haus besichtigen?«
»So schnell wie möglich. Das ist der Grund meines
Anrufs. Seit einer Stunde weiß ich, daß wir morgen und
übermorgen nicht drehen werden. Ich habe zwei freie Tage. Wir
könnten gleich morgen früh losfahren. Es bereitet mir keine
Schwierigkeit – sagen wir gegen neun Uhr – bei Ihnen zu
sein und Sie abzuholen. Vorausgesetzt, daß Sie…«
»Ja, ich wäre in der Lage dazu. Wir fahren allein –
Sie und ich?«
»Ja.«
»Oooh…«
»Warum ›oooh‹?, Miss Martens?«
»Sie und ich in einem alten Haus, das mitten im Wald liegt.
Kann man das riskieren?«
»Ich denke doch. Ich bin halb so schlimm wie in der
Callaghan-Serie.«
»Dann muß ich mich vor Ihnen in acht nehmen, Mister
Bradley. Die Hälfte reicht schon…«
*
Der Tag war nicht gerade freundlich, den Donovan Bradley sich
für seine Exkursion ausgesucht hatte. Aber das Wetter hatte er
nicht wählen können.
Es war regnerisch und diesig. Je tiefer der Wagen in den Wald kam,
desto dunkler schien die Welt zu werden.
Schweigend saß das Medium neben dem Schauspieler. Sheila
wirkte gegenüber dem breitschultrigen Mann mit dem
männlichen Gesicht, dem energischen Kinn noch graziler und
zerbrechlicher, als sie an sich schon war.
Sheila Martens blickte ihren gutaussehenden Begleiter von der
Seite her an. Er war mehr Callaghan, als er zugab.
Sie sprachen über alles mögliche. Die Zeit von
Birmingham hierher in diese menschenleere Einsamkeit war ihnen nicht
lang geworden. Sheila interessierte sich für Bradleys Arbeit, er
war sehr interessiert daran zu erfahren, wie die junge Frau zu ihren
Talenten gekommen war.
»Man hat ein solches Talent – oder man hat es
nicht«, erfuhr er. »Man kann es nicht einfach erlernen wie
beispielsweise einen Beruf, Mister Bradley…«
»Sagen Sie nicht immer ›Mister Bradley‹ zu mir.
Nennen Sie mich Don! Alle meine Freunde und Kollegen sprechen mich so
an, das ist üblich. Außerdem kann ich mir selbst nur
Vornamen am besten merken.«
»Dann müssen Sie zu mir Sheila sagen, Mister…
sorry, Don, natürlich…«
»Tu’ ich, mit wachsender Begeisterung. Sie gefallen mir!
Ich habe mir Medien immer ganz anders vorgestellt.«
»Wie denn?«
»Nun, so erhaben, unnahbar… eben anders. Nicht so
natürlich, so frisch wie Sie…«
»Danke für das Kompliment!«
»Kein Kompliment. Die mache ich nie. Ich versuche mich stets
an die Wahrheit zu halten. Sie sind ein ganz normaler
Mensch.«
»Gott sei Dank, daß ich das bin. Anders könnte ich
mich nicht ertragen.«
Sie lachten beide. Eigentlich wußten sie selbst nicht mal,
warum. Es herrschte eine herrliche, ungezwungene Atmosphäre
zwischen ihnen.
Bradley berichtete von heiteren und ernsten Zwischenfällen
bei verschiedenen Filmen, die er schon abgedreht hatte, Sheila
Martens ließ ihn wissen, daß sie ihr Talent vor drei
Jahren zum ersten Mal entdeckt hatte, daß sie nichts dafür
könne. Aus dem Jenseits meldete sich seinerzeit eine Stimme.
»Es war die Stimme eines Mannes. Er stellte sich mir als Gary
vor.«
»Wer ist Gary?«
»Mein Geistführer, eine Art Vermittler. Die
Verstorbenen, die ich anrief, sind nicht direkt ansprechbar,
müssen Sie wissen. Sie sind oft schon so weit von uns entfernt,
daß sie in einer anderen Sprache reden und mit anderen Gedanken
denken. Tot sein, bedeutet keinen Abschluß. Im Gegenteil! Es
geht weiter. Der andere, der geistige Körper, die Seele, wenn
Sie so wollen, entwickelt sich und erreicht neue Stufen, ein neues
Tor, das mit einem neuen Tod endet, der auch wiederum nur eine
Weiterentwicklung unseres Geistes und unserer Seele bedeutet. Wir
werden mit jedem neuen Tod freier, wir werden irgendwann mal ein Teil
des Universums und begreifen die Gesetze des Kosmos, wenn wir die
höchste Entwicklungsstufe unseres Daseins
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