Macabros 062: Shimba-Loo schickt den Rachedämon
einst
gekommen bist… Du wirst nicht wissen, was du in deiner ersten
Existenz gewesen bist… es wird dir ewig ein Geheimnis bleiben,
was du jetzt in deiner zweiten Existenz bist… Die dritte
Existenz, die ich dir schenke, soll dir zur Tarnung gereichen, um
dich dort, wohin ich dich schicke, frei bewegen zu können, um
den Mann zu vernichten, der mein Todfeind ist: Frank Morell, dessen
Dyktenseele im Körper dieses Mannes sich entfalten konnte. Du
bist der Dämon, der meine Rache in die Welt trägt, aus der
er gekommen ist. Du wirst sein Leben auslöschen!«
Es schien als ob die Echse auf dem Weg zum Sockel hin nickte. Mit
jedem Meter, den das Untier schwimmend zurücklegte, schien es
kleiner zu werden. Der Schädel wurde flacher, schmal und heller,
die riesigen Augen schrumpften, und der raubtierhafte Ausdruck verlor
sich. Die drei hornartigen Auswüchse, mitten auf seinem Kopf,
vergingen wie ein Nebelstreif in der Sonne. Aus der riesigen Echse
mit den gewaltigen Pranken und den massigen, säulenartigen
Hinterbeinen wurde ein dunkles, embryoartiges Geschöpf, das in
einer sackartigen, halbdurchsichtigen Hülle eingenäht war.
In dieser Hülle, die wie eine Haut im Rhythmus des Herzschlags
pochendes Fleisch umgab und in der eine trübe, dunkle
Flüssigkeit pulsierend floß, zeichneten sich die
annähernden Umrisse eines Geschöpfes ab, das ein seltsames,
bizarres Mittelding zwischen -Mensch und Echse darstellte!
Das embryonale Gebilde wurde mit dem Strom des Wassers gegen die
mittlere Stufe des Sockels gespült. Dort blieb es liegen, und
innerhalb von Sekunden fand die unheimliche und faszinierende
Verwandlung statt.
Die halbdurchsichtige Haut spannte sich enger und schnürte
das lebende, ungeformte Etwas in mehrere Abteilungen ein. Hier
verpuppte es sich, damit Neues entstehen konnte.
Im Zeitraffertempo vergingen die Farben. Das Dunkle wich, und
hellhäutige Flecken begannen rasend schnell wie ein
Krebsgeschwür zu wachsen.
Dann war die Form schon deutlich auszumachen. Was da entstand,
hatte Menschengestalt und ähnelte in keiner Weise mehr dem
furchtbaren Ungetüm, das aus der Tiefe dieses brakigen Wassers
gestiegen war. Arme und Beine der Gestalt waren dicht an den
Körper gelegt. Es war ein vollendeter, wohlgeformter
Körper. Der Körper einer Frau. Schlanke Arme, lange Beine,
feste Schenkel. Langes, blondes Haar rahmte ein edles, von
faszinierender Schönheit geprägtes Gesicht mit dunklen,
unergründlich schönen Augen.
Die Frau, die Shimba-Loos Geist mit Hilfe vorhandenen Lebens wie
ein Magier erschaffen hatte, begann zu atmen. Ihr Herz schlug. Ihre
Augen begannen zu leuchten. Klar und rein.
Die schöne Fremde erhob sich. Ihre nackten Füße
berührten den mittleren Sockel, und Wasser umspülte ihre
Knöchel. Die Schöne wandte ihr Gesicht in Richtung des
leeren Thrones und der kuppelartigen Nische. Die nackte Frau
verbeugte sich und murmelte einige unverständliche Worte.
Sie empfing Shimba-Loos letzte Anweisungen.
Gedanken formten sich in dem Wolkengebilde und drangen in ihr
Bewußtsein. »Die Welt der Menschen wird kein Geheimnis
für dich sein, weil die Erkenntnisse, die ich aus dem
Bewußtsein all derer entnommen habe, die mir dienen, zu deinem
Wissen gemacht habe. Du wirst dich immer und zu jeder Zeit, an jedem
Ort, an alles erinnern, als wärst du seit Jahrzehnten in jener
Welt, die du nun aufsuchst. Du wirst tun, was ich von dir verlange,
denn mein Wille wird dich stets begleiten wie dein eigener Schatten.
Die Entscheidungen, die du triffst, wirst du in meinem Namen und mit
meinem Willen treffen. Ich bin sicher: auf der anderen Seite der
Welt, die ich ebenfalls eines Tages vollkommen beherrschen werde,
triffst du den Mann, dem meine tödliche Rache gilt. Du wirst in
Gestalt eines Menschen unter Menschen weilen – und doch kein
Mensch sein! In vielen Stunden wird dir bewußt werden,
daß du ein wildes Monstrum bist und auch in dieser Gestalt
Unheil bringen kannst. Nun geh’ – der Weg ist frei für
dich… Die Magie Shimba-Loos wird ebenfalls mit dir
sein…«
Die schöne, wohlgeformte Frau richtete sich zur vollen
Größe auf. Das Haar spielte wie flüssiges Gold um ihr
Gesicht und ihre Schultern. Sanft, wie auf Wolken schwebend, glitt
sie über die endlos scheinende Stufe zum anderen Ende der Halle,
wo ein Portal sie hinausließ in den Korridor. Sie passierte den
langen Gang und fand sich mit traumwandlerischer Sicherheit in dem
Labyrinth der Räume und Korridors zurecht.
Dann
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