Maerchenmond - Das Buch zum Musical
stimmt’s? Weil er euch in der Dunkelheit nicht finden kann. Ist er wirklich so gefährlich, wie Themistokles sagt?«
Allmählich kam er sich ein bisschen albern vor. Er hatte ja nichts gegen einen spannenden und vielleicht auch ein wenig verrückten Traum … aber musste er gleich so kindisch sein?
»Boraas ist ein mächtiger Herrscher«, antwortete der schwarze Ritter.
»Wow, he, du machst mir ja richtig Mut!«, sagte Kim feixend. »Seid ihr hier alle solche Zuversichtsgranaten?«
Auch darauf bekam er keine Antwort, also griente er noch breiter und klopfte schließlich mit den Fingerknöcheln auf den eisernen Brustpanzer seines Gegenübers. Es klang ein wenig, als hätte er eine Glocke angeschlagen. »Daran beißt er sich garantiert die Zähne aus, wie?«
»Mein Herr wartet nicht gerne«, erwiderte der schwarze Riese. Diesmal klang er mehr als nur ein bisschen ungeduldig.
Kim griente trotzdem nur noch breiter. »Nicht nur Zuversichtsgranate, sondernauch noch eine echte Stimmungskanone, wie?«
Er rechnete mit einer weiteren ungeduldigen Antwort, doch stattdessen sahen ihn die dunklen Augen hinter den Sehschlitzen nur einen Moment lang unwillig an, dann streckte der Ritter kurzerhand die Hand aus, ergriff ihn an der Schulter und schob ihn vor sich her. »Hier entlang.«
»He, ist ja gut!«, protestierte Kim. Der Griff der in Eisen gehüllten Hand war alles andere als sanft und gerade noch einen Deut davon entfernt, wirklich weh zutun. Er riss sich los, ging aber rasch weiter, bevor dieser wenig erfreuliche Teil seines Traumes am Ende noch auf die Idee kam, wirklich grob zu werden.
»Kein Grund, gleich handgreiflich zu werden! Ich bin gerade erst angekommen. Immerhin liegt Rebekka schon seit drei Tagen in diesem Krankenhausbett, da kommt’s doch auf ein paar Minuten auch nicht mehr an!«
Der schwarze Ritter machte sich nicht die Mühe zu antworten, stampfte aber so dicht hinter ihm her, dass Kim sogar noch ein bisschen schneller ging, um nicht niedergetrampelt zu werden.
»Außerdem hab ich Hunger!«, beschwerte er sich. »Können wir nicht ’ne Pause einlegen und was essen?«
Keine Reaktion.
»Oder vielleicht was trinken?«
Der schwarze Ritter schloss ein wenig dichter zu ihm auf. »Wenigstens ’nen kleinen Snack?«, fragte Kim. »Ein Hanuta? Oder ein Duplo oder eine Bifi?«
Der gepanzerte Riese schloss nur noch dichter zu ihm auf, und jetzt blieb Kim trotzig stehen und klopfte mit den Knöcheln gegen sein schwarzes Visier.
»Jemand zu Hause?«, fragte er. »Nur falls du’s vergessen haben solltest, Langer: Das hier ist mein Traum.«
Sein wortkarger Führer schien in diesem Punkt wohl anderer Meinung zu sein. Er antwortete auch jetzt nicht, packte Kim aber am Arm und zerrte ihn unsanft hinter sich her. Als Kim versuchte sich loszureißen, ließen die eisenharten Finger es nicht zu.
»Schätze, das heißt Nein«, maulte Kim. »Mannomann, sind die alle freundlich hier. Du hättest dir ruhig ein paar nettere Zeitgenossen zusammenträumen können, Schwesterchen.«
Das sollte witzig sein, klang jedoch nicht einmal in seinen eigenen Ohren komisch. Denn jetzt hatte er Angst. Er konnte es drehen und wenden, wie er wollte: Hier stimmte etwas nicht. Immer noch in nahezu vollkommene Dunkelheit gehüllt versuchte er, seine Schritte denen des schwarzen Riesen anzugleichen, um nicht einfach von den Füßen gerissen zu werden – er traute dem Kerl inzwischen glatt zu, ihn einfach wie einen Kartoffelsack hinter sich herzuschleifen.
Trotzdem wäre er um ein Haar gestolpert, als sein Fuß plötzlich gegen ein Hindernis stieß, das sich als die unterste Stufe einer sehr steilen Treppe entpuppte. Kim dachte vorsichtshalber erst gar nicht darüber nach, wohin sie führen mochte und ob es so etwas wie ein Geländer gab.
»Könntest du mir wenigstens verraten, was hier überhaupt los ist, Blechheini?«, fauchte er.
Selbstverständlich antwortete der Eisenmann auch darauf nicht, aber Kim hatte das Gefühl, dass er ihn jetzt noch ein wenig schneller die steile Steintreppe hinaufzerrte. Er wollte es nicht – ganz bestimmt nicht! –, ertappte sich aber trotzdem bei dem hässlichen Gedanken, was eigentlich passieren würde, wenn er in diesem verrückten Traum zu Schaden kam … oder gar starb.
Wahrscheinlich nichts, versuchte er sich selbst zu beruhigen. Schließlich war es ja nur ein Traum. Sein Traum und der seiner Schwester. Wenn es stimmte, was Themistokles im Krankenzimmer behauptet hatte.
Aber wenn das so
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