Magische Verführung
und zwang sich, seinen Blick zu erwidern. In den bernsteinfarbenen Augen des Engels ballten sich die Schreie Unzähliger. »Wie hängt das mit der Entführung zusammen?«, fragte sie und kämpfte mit aller Macht gegen die Albträume an.
»Ich habe ein Interesse an Callan Fox, und möchte ihn nicht so schnell tot sehen. Antoine aber würde den Jungen umbringen, um seine Enkeltochter zu befreien. Holt mir Monique da raus und bringt sie mir.«
»Wir sollen Ihnen eine Geisel bringen, damit Sie sie dann gegen Antoine einsetzen können?« Ashwini schüttelte den Kopf und empfand Erleichterung. »Die Gilde mischt sich nicht in politische Zwistigkeiten.«
»Unter Engeln«, korrigierte Nazarach. »Dies ist aber ein Streit zwischen einem Engel und seinen untergebenen Vampiren.«
Ashwini konnte den Blick nicht von seinen strahlend bernsteinfarbenen Flügeln lassen. Ihr wollte es irgendwie nicht in den Kopf, wie solche Schönheit Seite an Seite mit der unmenschlichen Dunkelheit in Nazarachs Seele existieren konnte. »Selbst dann«, sagte sie. »Wenn Sie Monique haben wollen, brauchen Sie doch bloß zu fragen.
Callan wird sie Ihnen ohne Weiteres aushändigen.« Der Anführer des Kusses mochte es vielleicht mit Antoine Beaumont aufnehmen, aber nur ein sehr dummer Vampir würde sich gegen einen Engel stellen. Und dumm war dieser Callan Fox beileibe nicht. »Sie brauchen mich gar nicht.«
Nazarach schenkte ihr ein unergründliches Lächeln. »Sie werden meinen Namen Callan gegenüber nicht erwähnen!
Und was den Rest angeht, so hat die Gilde den Bedingungen bereits zugestimmt.«
Ashwini fragte sich, ob er auch noch so unglaublich gut aussah, wenn er einem die Luft abschnürte. »Nichts für ungut«, sagte sie, »aber ich muss mich bei meiner Direktorin rückversichern.«
»Nur zu, Gildenjägerin!« Obgleich er ihr die Erlaubnis erteilte, las sie in seinen Augen keine Gnade, nur den Tod.
Sie zog sich für den Anruf fast bis in den Flur zurück, dennoch konnte sie hören, wie Janvier und Nazarach sich leise über längst vergangene Zeiten unterhielten. Die Schatten der Vergangenheit klebten an Nazarach, Janvier hingegen war frei davon.
Engel und Vampir. Beide waren unsterblich, und beide waren sie anziehend, wenngleich auf sehr unterschiedliche Weise. Nazarach hatte die Zeit geradezu vollkommen gemacht, er war perfekt, tödlich und jenseits aller Menschlichkeit. Bei Janvier hingegen traf Erde auf Blut. Er war wild und mordsgefährlich ... und gehörte trotz allem immer noch in diese Welt.
»Ashwini?«, drang Saras vertraute Stimme an ihr Ohr. »Was gibt's?«
Sie legte Sara Nazarachs Anweisungen dar. »Ist das von der Gilde abgesegnet?«
»Ja«, seufzte die Direktorin der Gilde. »Ich wünschte, wir hätten uns aus diesem Zwist heraushalten können, aber da war nichts zu machen.«
»Er treibt sein Spiel mit uns.«
»Nazarach ist ein Engel«, sagte Sara, und damit erübrigten sich alle weiteren Fragen. »Offiziell verletzt Monique ihren Vertrag, also hat Nazarach das Recht, alles und jeden auszusenden, um sie zurückzuholen, auch wenn er das Verfahren mit einem einzigen Anruf abkürzen könnte.«
»Verdammt!« Ashwini liebte die Gefahr, aber wenn Engel im Spiel waren, war der Grat sehr schmal - und nur allzu oft äußerst blutig. »Gibst du mir Rückendeckung?«
»Jederzeit!« Sara klang entschlossen. »Kenji und Baden sind in Bereitschaft - in weniger als einer Stunde haben wir dich da rausgeholt. Gib uns ein Zeichen.«
»Danke, Sara.«
»Hey, ohne dich hätten wir doch sonst bei der Arbeit nichts mehr zu lachen.« Ihr Schmunzeln war durch die Leitung zu hören. »Für den Cajun ist kein neuer Jagdauftrag hereingekommen. Dachte, das interessiert dich vielleicht.«
»Ja.« Ashwini verabschiedete sich schnell und war froh, dass Sara nicht wusste, in wessen Gesellschaft sie sich gerade befand.
Genau in diesem Moment drehte sich Janvier um, als würde er spüren, dass es um ihn ging. Ashwini verscheuchte alle unliebsamen Gedanken und ging zurück. »Haben Sie eine Vermutung, wo Callan Monique gefangen halten könnte?«
Nazarachs Blick wanderte zu ihrem Mund. Am liebsten hätte sie jetzt die Beine in die Hand genommen. Denn trotz seiner Schönheit hatte sie das ungute Gefühl, seine Vorstellung von Lust würde unerträgliches Leid für sie bedeuten.
»Nein«, sagte er schließlich und sah ihr wieder in die Augen. »Aber morgen Abend wird er bei der Fisherman's Daughter sein.« In seinen Augen glomm die Macht.
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