Magnus Jonson 01 - Fluch
die Manipulation von Beweismitteln in einer Mordermittlung sprach.
Lenahan und Magnus mussten einen lächerlichen Beschattungsauftragausführen. Magnus hatte sich die Beine vertreten, war zum Wagen zurückgekehrt und hinter dem Beifahrerfenster in der Herbstsonne stehen geblieben. Die Scheibe war einen Spaltbreit geöffnet. Magnus konnte Lenahan deutlich verstehen; der Kollege drohte einem gewissen Detective O’Driscoll, bloß keinen Fehler zu machen und den Fingerabdruck von einer Waffe e zu wischen.
Magnus und Lenahan waren noch nicht lange gemeinsam im Wagen unterwegs. Mit seinen dreiundfünfzig war Lenahan zwanzig Jahre älter als Magnus. Er war erfahren, gerissen und beliebt, schien jeden bei der Bostoner Polizei zu kennen, besonders die Kollegen mit irischem Nachnamen. Aber Lenahan war faul. Er setzte seine drei Jahrzehnte Erfahrung und seine Kenntnis der Polizeimethoden so ein, dass er möglichst wenig arbeiten musste.
Magnus hatte eine andere Einstellung. Kaum hatte er einen Fall abgeschlossen, konnte er es kaum erwarten, mit dem nächsten weiterzumachen; im Dezernat war er bekannt für seine Entschlossenheit, den Täter zur Strecke zu bringen. Lenahan war der Ansicht, es gebe gute und schlechte Menschen – habe es schon immer gegeben und werde es immer geben. Daran könnten weder er noch Magnus noch die gesamte Polizei von Boston etwas ändern. Magnus hingegen glaubte, dass alle Opfer und alle Angehörigen Anspruch auf Gerechtigkeit hätten, und dafür gab er sein Bestes. Die Zusammenarbeit von Jonson und Lenahan stand also von Anfang an unter keinem guten Stern.
Bis zu jener gemeinsamen Schicht hatte Magnus sich jedoch nicht vorstellen können, dass Lenahan ein krummer Hund war.
Es gibt zwei Dinge, die ein Cop mehr hasst als alles andere: Das eine ist ein falscher Kollege. Das andere ist ein Kollege, der einen aus der Truppe verpfeift. Für Magnus war die Entscheidung einfach: Wenn einer wie Lenahan ungestraft Beweismittel in einem Mordfall zerstören dürfte, wäre alles sinnlos, wofür er in seinem Berufsleben gekämpft hatte.
Magnus wusste, dass die meisten Kollegen seine Meinung teil ten. Doch einige redeten sich ein, Magnus hätte sich verhört, dergute alte Sean Lenahan könne einfach nicht zu den Bösen gehören. Und so mancher dachte: Wenn Lenahan einem Verbrecher, der gerade einen Menschen getötet hatte, Geld abgenommen und sich so einen kleinen Notgroschen für die Pension zurückgelegt haben sollte – wen kümmert’s? Schließlich hatte er den Bürgern von Boston dreißig Jahre lang treu gedient.
Dies war der Grund, warum Magnus direkt zu Williams gegangen war und zu keinem anderen. Der Chef hatte die Situation verstanden. Zwei Wochen später war Magnus’ Beförderung durch gewesen, und er wurde von Lenahan getrennt. Aus einem anderen Bundesstaat wurde ein Undercoverteam des FBI eingeschleust. Eine große Ermittlung kam ins Rollen, durch die man Lenahan schließlich Verbindungen zu zwei anderen Beamten, O’Driscoll und Montoya, nachweisen konnte. Die Feds machten die Bande ausfindig, von der die Kollegen bezahlt wurden. Es waren Dominikaner, deren Anführer Pedro Soto hieß. Er führte seine Geschäfte von Lawrence aus, einer ehemaligen Mühlenstadt vor den Toren von Boston. Soto belieferte Straßengangs in ganz Neuengland mit Kokain und Heroin. Die drei korrupten Polizisten wurden festgenommen und unter Anklage gestellt. Wenn der Fall vor Gericht käme, wäre Magnus Kronzeuge.
Doch das FBI hatte noch nicht genug Beweismaterial gesammelt, um Soto zu belasten. Er war immer noch auf freiem Fuß.
»Du hast heute nicht aufgepasst, und das kann dir schnell wieder passieren«, erklärte Williams. »Wenn wir nicht einschreiten, bist du innerhalb von zwei Wochen tot. Die wollen dich drankriegen, und das schaffen sie auch.«
»Aber ichverstehe nicht, warum sie mich umbringen wollen«, gab Magnus zurück. »Klar, meine Zeugenaussage wird Lenahan festnageln, aber über Soto oder die Dominikaner weiß ich doch gar nichts. Und du hast gesagt, Lenahan will nicht mit uns kooperieren.«
»Das FBI meint zu wissen, worauf Lenahan aus ist. Er will es um alles in der Welt vermeiden, mit einer Meute von Mördern in einem Hochsicherheitstrakt zu landen. Das würde kein Cop wollen,da ist er tot besser dran. Ohne deine Zeugenaussage ist er frei und kann nach Hause gehen. Wir nehmen an, dass er den Dominikanern ein Ultimatum gestellt hat: Entweder schaffen sie dich ihm vom Hals, oder er liefert sie uns
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