Mandels Buero
schon wieder
Leg dich in den frischen Regen
Er spült dich weg mit neuen Liedern
Refrain:
Steig ins Cockpit ohne Fallschirm
Mach die Motoren an
Dass man dich auch noch in Afrika
Hören kann
Ich wusste nicht, wie sehr es sich in der Branche tatsächlich verbreitet hatte, dass Mandel und Singer nicht mehr im journalistischen Bereich tätig waren, sondern ihren Lebensunterhalt nun als private Ermittler bestritten. Die Malleck hat ja so was behauptet. Dabei hatten wir das alte Büro vom Mandel seinem Onkel Hans erst vor vier Wochen bezogen, und wäre da nicht die Malleck aufgetaucht, hätte ich schwören können, dass noch keiner so genau wusste, was wir vorhatten. Noch nicht einmal wir selbst. Die Anzeige in der Morgenpost war erst ein paar Tage alt, und von den ganzen Idioten aus der Branche las keiner die Morgenpost. Es war uns auch kein Anliegen, dass unsere berufliche Neuorientierung in aller Munde war. Der Mandel war sicher einer der bekannteren Journalisten in der Stadt. Immerhin zwölf Jahre Festanstellung beim Express , wo gibt es das in der Branche noch? Und jetzt Ermittler, ohne einen einzigen Auftrag bisher. Nein, solange der Laden nicht lief, wollten wir das nicht an die große Glocke hängen, und die Annonce in der Morgenpost diente lediglich der Akquisition von neuer Kundschaft. Weil wir schauen wollten, ob sich überhaupt jemand meldete. Ob es überhaupt einen Bedarf für private Ermittler gab. Der Anzeigentext war übrigens vom Mandel:
Ermittlungsbüro Mandel & Singer.
Flexibel, modern, Internet-Recherche
und neue Medientechnik.
Nordufer 14, Wedding, Tel. 67 450 067.
Vielleicht hätte er ja doch Detektivbüro schreiben sollen. Oder wenigstens eine E-Mail-Adresse angeben, wenn wir schon so modern waren. Bisher hatte niemand angerufen. Wir haben uns vielleicht auch verzettelt, als wir auf das Renommee und die alten Kundenkarteien vom Onkel Hans spekuliert haben. Es hatte sich herausgestellt, dass der Mann de facto seit zehn Jahren arbeitslos gewesen war, aber bis zuletzt Spesen abgesetzt hatte wie ein Weltmeister. Und höchstwahrscheinlich falsche Rechnungen geschrieben an Menschen, die ihm irgendwoher Geld schuldeten, ich möchte gar nicht wissen, woher. Der Onkel Hans war praktisch unser erster Fall gewesen. Gut, ich will nicht schlecht über die Toten reden, immerhin hat er seinem einzigen Neffen Max das Büro vererbt, und das war abbezahlt. Immerhin.
Während der Mandel unterwegs zur Plattenfirma von DEMO war, um die Reportage über den Tilmann anzufragen, saß ich im ehemaligen Büro vom Onkel Hans am Nordufer und sah mir im Netz Bilder von der Malleck an. Eigentlich wollte ich mir per Suchmaschinen ein Basiswissen über alle involvierten Parteien einholen. Den Tilmann, die Malleck, ihren Anwalt und die Band, aber irgendwie war ich bei der Malleck und der Bildersuche hängen geblieben.
Von außen klopfte jemand an die Scheibe. Der Hausmeister schon wieder. Ich öffnete die Ladentür und blickte aufs Nordufer hinaus, was schöner klingt, als es ist. In Wirklichkeit ist das Nordufer nichts anderes als eine Straße mit haufenweise Schlaglöchern, welche die Wohnhäuser vom Kanal trennt. Das tatsächliche Ufer liegt abschüssig unterhalb der Straße, und deshalb ist vom Nordufer aus überhaupt kein Wasser zu sehen. Auch der Blick zum anderen Ufer ist nicht gerade idyllisch. Eine Sanitärfirma hatte eine flache Halle aus Backstein dorthin gestellt, und von links drohten die Türme eines Pharmakonzerns, von rechts eine alles unterjochende S-Bahn-Brücke. Kein schöner Anblick, außer man war Liebhaber besonders urbaner Szenarien.
Der Hausmeister. Ich vergaß ständig seinen Namen, irgendetwas wie Golozky, aber sicher war ich mir da nicht. Sicher war nur, dass er ein äußerst unfreundlicher Mensch war, aber den Mandel mochte er wegen seinem Onkel, dem Privatdetektiv, den er immer nur den Herrn Hauptkommissar genannt hatte. Mich hingegen konnte er nicht ganz so gut leiden, mein Eindruck.
»Na, Herr Singer. Wie loofn die Jeschäfte? Ick wär Ihnen ja sehr verbunden, wenn sie Ihre leeren Flaschen nicht mehr nach acht Uhr abends in den Glascontainer im Hinterhof schmeißen. Is ja ein Höllenradau, und et jab schon mehrere Beschwerden von den Anwohnern.«
»Ich dachte, erst ab zehn darf man nicht mehr laut sein«, sagte ich.
»Gab’s jetzt erst ein neues Urteil vom Bundesverfassungsjericht. Lärmbelästigung is jetzt jar nich mehr jestattet. Auch nicht vor zehne. Schönen Gruß an den Herrn
Weitere Kostenlose Bücher