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Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Marie ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Marie ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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Keller, und lass uns feiern!“ Wie ein Derwisch tanzte Bérenger im Salon auf und ab. Er strahlte, lachte und wedelte mit dem Brief aus Rom heftig hin und her.
    „Zeig, lass ihn mich auch lesen, Bérenger!“ bettelte ich und zog an seinem Arm, um den Brief herunterzuholen.
    „Erst den Champagner, meine Liebe! Wenn wir angestoßen haben, wir beide, dann will ich ihn dir vorlesen!“
    Mit vor Freude klopfendem Herzen eilte ich in den Keller, dorthin, wo es am kühlsten und am gleichmäßigsten temperiert ist, wo sich der Veuve Cliquot, der Bordeaux und andere Kostbarkeiten befinden. Ich suchte eine Flasche heraus, die schon ganz verstaubt war, weil ich dachte, dass alter Champagner besser schmecken würde als junger. Bérenger jedoch belehrte mich, dass diese Regel für guten Wein gelte, keinesfalls jedoch für Champagner. Nachdem ich noch einmal in den Keller gegangen war und wir angestoßen hatten, las er mir endlich das päpstliche Schreiben vor – und zog mich anschließend ins Bett, am helllichten Tag – welch ein Fest!
    „In der Antike, liebe Marie, gab es den Brauch, bedeutende Persönlichkeiten an den Sternenhimmel zu versetzen - natürlich nur, indem man die Sterne nach ihnen benannte“, sinnierte er ein wenig später, in meinen Armen liegend, „heute benennt man nur noch Straßen und Plätze nach außergewöhnlichen Menschen. Wie profan! Was meinst du, meine Liebe, ob auch wir einmal auf Erden unsterblich werden?“
    „Ja“, sagte ich nach einigen Sekunden des Nachdenkens, „das würde mir gefallen. Da wir keine Kinder haben, ist Unsterblichkeit für uns beide der einzige Weg, um nicht vergessen zu werden.“
    Bérenger schaute mich erstaunt an. „Habe ich soeben Ironie aus deinen Worten gehört? Bereust du es, keine Kinder zu haben?“
    „Manchmal schon. Doch habe ich genug Sorgen mit Euch, Hochwürden!“
    Bérenger lachte. Ausgelassen verbrachten wir den ganzen Nachmittag in den Federn. Sogar Bérengers „kleines Gebrechen“, wie er seine gelegentlichen Arthrosebeschwerden spöttisch nannte, hatte sich auf wundersame Weise in Luft aufgelöst. Er war jung wie nie zuvor, sanft, charmant, liebenswürdig und überaus erotisch. Seine Augen strahlten, sein Mund und seine
    Hände waren überall auf meinem Körper. Ich zählte seine grau gewordenen Haare auf der Brust, wobei Bérengers Mundwinkel vor amüsiertem Stolz zuckten – und ich glaube nicht, dass er ein einziges Mal an Emma dachte. So feierten wir unseren Abschied von der lähmenden Ungewissheit der letzten Monate, während Abbé Michel Marty – ohne dass er es ahnte – seine letzte Abendmesse in Rennes-le-Château feierte, denn Bérenger war von allen Vorwürfen freigesprochen und mit sofortiger Wirkung wieder in sein Amt eingesetzt worden.

    Ja, die bedrohlichen Schatten waren verschwunden, die Hauptdarsteller und auch die Statisten erleichtert, vor allem aber Boudet, der seit einiger Zeit tatsächlich ernsthafte gesundheitliche Probleme hatte und uns nur aus diesem Grunde nicht mehr so oft besuchte. Der Gemeinderat mit dem inzwischen achtzig Jahre alten und immer wunderlicher werdenden Caclar an der Spitze vergaß die üble Nachrede auf der Stelle und atmete auf, ja, das ganze Dorf freute sich plötzlich mit uns. Bérenger war rehabilitiert, seine Ehre wiederhergestellt, die Putzmacherin musste nicht ins Gefängnis, was vor allem Henriette erleichterte. Ihr befreites Lachen war allerdings ehrlich, das der anderen? Nun ja, die meisten drehten ihr Fähnlein nach dem Wind: Hatte man es nicht schon immer gewusst? Dieser Saunière war ohne Fehl und Tadel! Ein stattlicher Mann, ein guter Hirte. Alles ist doch seit seinem Amtsantritt viel besser geworden in Rennes! Denkt in unendlicher Dankbarkeit an die Straße, die Zisterne, die Wasserleitung! Betrachtet die schöne Kirche, dieses Schmuckstück. Der Teufel? – nun ja, eine verrückte Obsession darf man einem solch außergewöhnlichen Mann und gutem Prediger gewiss zugestehen, oder nicht? Und sind wir nicht durch Asmodi ebenfalls aufgewertet worden? Wie? Nun, illustre Persönlichkeiten kommen zu uns herauf, nur um ihn zu sehen. Tout le monde schaut auf uns und unseren Fortschritt – und das alles haben wir nur einem zu verdanken: Bérenger Saunière – wem sonst?
    Der gute Abbé Marty dagegen war traurig. „Ich werde die interessanten Gespräche, die ich mit dem Abbé geführt habe, sehr vermissen, Mademoiselle Dénarnaud“, sagte er mir beim Packen. „Sie haben meinen Verstand

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