Maskerade
schließt und Isabel wieder auf die Tastatur eindrischt, hört er sie noch rufen: „Stellen Sie mir diesen Tom doch bei Gelegenheit mal vor. Also den würde ich nicht....na, Sie wissen schon, was ich meine, Chef!“
Sie lacht kurz auf, bevor die Tür sich hinter Sascha schließt.
Er fühlt sich benommen, geht hinter seinen Schreibtisch, setzt sich auf seinen Stuhl und starrt mit leerem Blick auf den Fußboden hinunter.
Und dann war doch ein gewisser Tom, hallen Isabels Worte in ihm wider. Nein. Ich soll Ihnen nur ausrichten, dass er hier war.
Er kann es nicht fassen, dass Tom tatsächlich hier, in seinem Büro, war. Sascha versucht, sich Toms Aufeinandertreffen mit Isabel vorzustellen. Sich auszumalen, wie dieser Dreckskerl hier aufgekreuzt ist, nach ihm gefragt hat und dabei seinen Charme versprüht hat. Wut steigt dabei in ihm auf, die umso größer wird, je klarer er sich die Bilder ausmalt. Schließlich schlägt er mit der Faust auf den Schreibtisch, greift zum Telefon, und von seiner Wut bekräftigt wählt er Toms Nummer. Dieser meldet sich fast sofort.
„Sascha! Schön, dass du anrufst...“, säuselt er.
„Spar’ dir das!“, unterbricht Sascha ihn unwirsch. „Wie kannst du es wagen, in meinem Büro aufzukreuzen?“, fragt er aufgebracht. „Woher hast du überhaupt die Adresse?“
„Woher ich die Adresse habe? Gott Sascha, wie naiv kannst du denn noch sein?“, fragt Tom und scheint belustigt.
Sascha beißt sich auf die Unterlippe und verdreht die Augen, denn in diesem Moment kennt er die Antwort auf seine Frage.
„Du hast meine Brieftasche durchwühlt“, stellt er nüchtern fest.
„Na also, geht doch“, jauchzt Tom. „Ja, genau das habe ich getan. Mehr als einmal, wenn du es genau wissen willst. Während du eingenickt bist, während du im Bad warst. Wann immer ich die Gelegenheit dazu hatte!“, gibt er in überheblichem Tonfall zu.
„Du verdammter Mistkerl!“, ist alles, was Sascha erwidern kann.
„Weißt du, dass man so ziemlich alles über jemanden erfährt, wenn man einen Blick in seine Brieftasche wirft?“, fragt Tom und es klingt, als wolle er Sascha für die Idee begeistern, es auch mal auszuprobieren. „Ich weiß wo dein Büro ist. Seit heute kenne ich deine Assistentin. Übrigens irgendwie niedlich, die Kleine.“ Dann macht er eine Pause, wie um Sascha die Gelegenheit zu geben, das Gesagte sacken zu lassen, bevor er hinterher schickt: „Und ich weiß auch wo du wohnst, Sascha.“
Dieser richtet sich augenblicklich im Stuhl auf und seine Schultern versteifen sich.
„Wage es nicht, Tom! Wage es nicht, bei mir zuhause aufzukreuzen!“, zischt er in den Telefonhörer.
Seine Stimme bebt dabei vor Wut.
Toms Stimme ist kalt, als er antwortet: „Das liegt an dir, Sascha. Es liegt in deinen Händen, ob ich es tun werde oder nicht.“
„Ich habe dir gesagt, dass du keinen Cent von mir bekommen wirst, du dreckiger, kleiner Stricher. Und dabei bleibt es!“, stößt er hervor und knallt den Hörer auf die Gabel, bevor Tom etwas erwidern kann. Seine Hand zittert, als er sie vom Hörer nimmt. Er ist schweißgebadet. So sitzt er eine Weile da, die ihm wie eine Ewigkeit erscheint. Es kommt ihm vor, als schwirrten Hunderte von Gedanken gleichzeitig durch seinen Kopf, jeder einzelne um seine Aufmerksamkeit buhlend.
Als er das Gefühl hat, ihm platze jeden Moment der Schädel, steht er abrupt auf, packt seine Sachen zusammen und verlässt sein Büro.
„Ich arbeite für den Rest des Tages zuhause, Isabel“, sagt er im Vorbeigehen und ist im nächsten Moment aus der Tür, ohne dass seine erstaunte Assistentin noch etwas erwidern kann.
*
Als Sascha am nächsten Morgen unbarmherzig durch das Brummen des Radioweckers aus dem Schlaf gerissen wird, fühlt er sich, als habe er keine Minute geschlafen. Anke ist schon aufgestanden, ihr Bett ist kalt und bereits zum Lüften zurück geschlagen. Er hat tatsächlich kaum ein Auge zugetan, sich die meiste Zeit nur hin und hergewälzt und nur widerwillig quält er sich aus dem Bett. Schlechtgelaunt und immer noch diese unbändige Wut auf Tom verspürend, geht er die Treppe hinunter, nach unten, wo alles still ist. Er fragt sich, wo Anke ist, ob sie bereits das Haus verlassen hat. Sein Kaffeedurst ist übermächtig. Auf seinem Weg in die Küche räuspert er sich mehrfach, fasst sich an den Hals und hustet kurz, während er die kühlen Fliesen des Küchenbodens angenehm unter seinen nackten Fußsohlen spürt. Er fährt sich
Weitere Kostenlose Bücher