Mehr als nur Traeume
verwechselt.«
Dougless lachte. »Wenn ich mir ihre Nase betrachte, kann ich den Habicht gut verstehen.«
Lucy lachte hellauf und hielt sich dann rasch den Mund zu. »Ich wünschte, ich wäre so wie Ihr«, sagte sie dann sehnsüchtig. »Wenn ich nur meinen Kit zum Lachen bringen könnte...«
Mehr brauchte sie nicht zu sagen. Dougless wußte nun, was sie für Kit empfand. Mein Kit - so wie sie von ihrem Nicholas sprach.
»Vielleicht finden wir etwas, das Kit zum Lachen bringt. Ich hatte daran gedacht, mit Honoria eine Posse aufzuführen, aber vielleicht können wir beide das übernehmen.«
»Eine Posse? Ich glaube nicht, daß Lady Hallet mir das erlauben ...«
»Lucy!« Dougless nahm die unruhigen Hände des Mädchens in die ihren. »Eines hat sich wohl seit dem Beginn der Menschheitsgeschichte nicht geändert: Wenn du einen Mann haben willst, mußt du um ihn kämpfen. Und du möchtest, daß Kit dich beachtet, und was du dazu brauchst, ist ein bißchen Selbstvertrauen. Und du mußt dir auch angewöhnen, deinem Urteil zu vertrauen und dich nicht danach zu richten, was andere über dich denken. Vielleicht können wir etwas von dem, was du dir wünschst, erreichen, indem wir eine Posse aufführen. Kit wird merken, daß du kein kleines Mädchen mehr bist - Lady Hallet kann es auch nicht schaden, wenn sie das begreift und wir beide werden uns dabei prächtig amüsieren. Wie wäre das?«
»Ich ... ich weiß nicht. Ich . . .«
»Was hat ein Herzog zum anderen gesagt?«
Lucy blickte sie verständnislos an.
»Das war keine Lady - das war meine Frau.«
Lucy öffnete schockiert den Mund und kicherte dann.
»Wo sitzt ein dreihundert Pfund schwerer Kanarienvogel?« Dougless wartete kurz, ehe sie fortfuhr: »Wo er gerade sitzen möchte.«
Lucy lachte noch heftiger.
»Du hast bestanden«, sagte Dougless. »Du wirst eine großartige Schauspielerin abgeben. Und nun wollen wir gleich mit den Vorbereitungen beginnen. Wann können wir zusammen proben? Keine Ausflüchte. Vergiß nicht, daß du die Erbtochter bist und Lady Hallet für reich arbeitet.«
Als Dougless aus dem Garten ins Gebäude zurückkehrte, war es bereits heller Tag. Sie wußte, daß wohl die meisten inzwischen wußten, was sie morgens im Garten trieb, denn in diesem Haushalt gab es keine Geheimnisse. Doch jeder vermied es aus Höflichkeit, sie direkt danach zu fragen.
An diesem Morgen verlangte Lady Margaret keine neuen Spiele zu sehen, weil sie zu sehr mit anderen Aufgaben beschäftigt war. Und so wanderte Dougless in den Gärten umher und ertappte sich alsbald dabei, wie sie mit einem Stock für drei Kinder, die in der Küche arbeiteten, das Abc in den Sand malte. Und ehe sich Dougless versah, war es bereits wieder Zeit zum Mittagessen.
Weder Nicholas noch Kit erschienen zum Dinner. Dougless nahm sich vor, gleich nach dem Essen Nicholas aufzusuchen, um mit ihm zu reden. Wenigstens wußte sie, daß Kit ihm noch nicht das Geheimfach in Bellwood gezeigt hatte und Kits »Unfall« also nicht unmittelbar bevorstand.
Lächelnd stand sie von der Tafel auf und gestattete Honoria, ihr zu zeigen, wie man aus einem Stück Leinen Spitzen anfertigte. Honoria machte eine wunderschöne Manschette mit ihrem Namenszug, der von seltsamen Vögeln und Tieren umgeben war.
Als Dougless sich über den Stickrahmen beugte, war sie von einem inneren Frieden erfüllt. Sie würde Lucy helfen können, und gestern hatte sich Nicholas zum erstenmal an das zwanzigste Jahrhundert erinnert. Sie blickte auf den großen Smaragd, der an ihrem Daumen steckte. Nachdem sie sein Erinnerungsvermögen angeregt hatte, würde ihm sicherlich mit der Zeit wieder alles einfallen, was er in der modernen Welt erlebt hatte.
Nicholas’ Kopf schmerzte, und er stand nicht besonders sicher auf den Beinen. Er hatte keine Visionen mehr gehabt, nachdem er sich mit Erfolg dagegen gewehrt hatte, wieder einzuschlafen. Aber nun wollten ihm die Traumbilder nicht mehr aus dem Kopf gehen. »Und wenn du dich täuschst?« hörte er immer wieder die Stimme dieser Frau. In welcher Beziehung sollte er sich denn täuschen? Daß sie eine Hexe war? Diese Visionen waren doch der beste Beweis dafür.
Er machte mit dem Schwert einen Ausfall gegen den Mann, der mit ihm übte. Er sah nicht die betroffenen Miene des Ritters. Er war in der Regel nicht aggressiv bei den Schwertkampfübungen, aber heute, wo ihm der Schädel brummte und er sich vor Zorn über diese Frau nicht zu lassen wußte, war er mehr als angriffslustig. Immer
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