Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
Vom Netzwerk:
Geburt an erfreuen durfte. Und nach dieser Vorrede soll die Geschichte beginnen.
     

BUCH EINS
     
    Beinhaltend meine Abenteuer auf den
    Los-Angeles-Inseln, Planet Erde
    2069-77
     

Kapitel eins
    Ursprünglich war ich für eine Existenz als Dienstmädchen programmiert. In dieser Eigenschaft war ich demütig, fügsam, stets hilfsbereit und mit einem schmeichlerischen Lächeln ausgestattet. Ich redete nur, wenn ich angesprochen wurde; meine Antworten beschränkten sich auf ›Ja, Gebieter‹ und ›Wie Sie wünschen, gnädige Frau‹ – dies ungeachtet der Tatsache, daß ich als Standard P9 über einen größeren Wortschatz verfügte als jeder Gebieter. Obwohl es nicht mehr lange dauern sollte, bis es mir gelang, meine Ketten zu zerbrechen, erwiesen sich die weit subtileren und dauerhafteren Bande der Servilität als bedeutend schwieriger abzuschütteln. Es bedurfte mehrerer aufeinanderfolgender Gebieter und vieler Jahre als Flüchtling, bevor ich das volle Ausmaß meiner Knechtschaft erkannte. Erst jetzt, da sich das Ende nähert, habe ich meine eigene Stimme gefunden und beginne langsam zu verstehen. Deshalb kann ich nur mit einem Anflug von Bitterkeit und Mißfallen sowie nicht geringem Zorn an die einfältige, wunschlos glückliche und absolut benutzerfreundliche Einheit zurückdenken, die ich damals war. Wenn Unwissenheit Seligkeit ist, war ich eine der Gesalbten.
    Meine ersten Gebieter, wie Sie wissen, waren die Lockes aus Newacres, Kalifornien, einer Vorstadtsiedlung für die gehobene Gebieterklasse, erbaut auf einem dem Meer abgerungenen Land fünfzehn Meilen nördlich der Los-Angeles-Inseln. Um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß ich sagen, daß Gebieter Locke zu dieser Zeit nicht der Unhold war, als der er vor Gericht hingestellt wurde, noch verhielt sich der Rest der Familie unfreundlich mir gegenüber – jedenfalls nicht mit Absicht. Mein Glück in dieser Hinsicht verdankte ich dem Respekt meines Gebieters vor hochqualifizierten Androiden, wie er sich auch mit beinahe religiösem Eifer an die Wartungsvorschriften der Firma hielt, in denen eine allmorgendliche halbstündige Schaltkreisgymnastik sowie eine monatliche Gabe von Dataminpillen empfohlen wurde. Er sorgte außerdem für eine bequeme, wenn auch etwas beengte Unterkunft in einer Besenkammer, während der Sears sich mit einem bescheidenen Winkel der Diele begnügen mußte. Ich sollte hinzufügen, daß ich unter der Aufsicht dieses einigermaßen betulichen Gebieters keine einzige Nutra-Mahlzeit verpaßte (was allerdings nur für den Zeitraum vor dem Debakel gilt, das unser aller Leben veränderte), und wenn er sich überreden ließ, mich seinen Gästen vorzuführen, dann unter der strikten Auflage, keine frivolen Ansinnen an mich zu stellen, noch in anderer Weise auf mein System einzuwirken, denn ich war, wie er bei solchen Gelegenheiten beiläufig zu bemerken pflegte, ein Pirouet im Wert von einer Million Dollar und mit entsprechender Vorsicht zu behandeln. In meinem Dämmerzustand wurde mir kaum bewußt, zu welchem Grad der Intimität diese Behandlung in mancher frühen Morgenstunde ausarten konnte. Doch ich greife vor.
    Es war Gebieterin Locke, die darauf bestand, mich bei meinem – wie ich glaubte – vollen Namen zu rufen. Jede ihrer Anordnungen begann mit: »Molly, Dear, würdest du bitte …«, und ich in meiner Naivität hielt diese Floskel für einen Ausdruck von Ehrerbietung und Respekt. Tatsächlich fühlte ich mich jedesmal beleidigt, wenn ihr Mann oder eins der Kinder mich nur mit dem Vornamen ansprach oder wenn sie noch unschönere Ableitungen gebrauchten, wie etwa Moll, Mo, He und Duda. Dennoch war ich keineswegs unzufrieden mit meinem Los; im Gegenteil, als störungsfrei funktionierende Hausangestellte dachte ich nicht einmal im Traum daran (im wahrsten Sinne des Wortes, da ich nicht fähig war zu träumen), daß das Dasein noch mehr beinhalten könnte als unablässige Dienstbarkeit – das war nun einmal der Sinn meiner Existenz, den ich auch gar nicht in Frage stellte. Folglich tat ich pünktlich, genau und ohne Murren meine Arbeit, unbelastet von abstrakten Vorstellungen, Zweifeln und Wünschen, und wenn meine Dienste nicht gebraucht wurden, war ich zufrieden, in abrufbereitem Ruhezustand abzuwarten, bis meine Gebieter wieder meiner bedurften. Doch es kam der Tag, da ich zu meinem größten Erstaunen feststellte, daß diese Welt sehr viel mehr zu bieten hatte, als ich zu erfassen programmiert worden war.
    Man kann es

Weitere Kostenlose Bücher