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Mein Schutzengel ist ein Anfaenger

Mein Schutzengel ist ein Anfaenger

Titel: Mein Schutzengel ist ein Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximilian Dorner
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vergessen habe, was eigentlich zu bezahlen sei. Sylvia macht die Griechin so komisch nach, dass Max trotz allem lachen muss. Dann fischt sie aus ihrer Tasche eine Packung Kekse, eine Flasche Blumendünger und Milch für den Tee.
    » Ich habe dir was mitgebracht. Was ganz Besonderes. Da wirst du staunen.« Sie deutet auf den Blumendünger. » Den habe ich von meiner Yogalehrerin Christa. Ich hab ihr von dir erzählt.«
    Max fällt es schwer, Aufmerksamkeit vorzutäuschen. Am liebsten wäre er jetzt allein. Er fällt immer noch. Immer tiefer.
    Sylvia schließt aus seinem leeren Blick, er hätte keine Lust auf das Geheimnis der Flasche, und will sie schon wieder einpacken.
    » Was soll ich damit? Soll ich das Zeug trinken?«, fragt er pflichtschuldig. Es soll ein Witz sein.
    » Bingo!« Sylvia lacht und hält sie ihm hin. » Weißt du, was da Gutes drin ist?« Sie deutet mit der freien Hand auf das Etikett. » Germanium. Also Christa sagt ja, und die muss es wissen, dass du mit Germanium alles heilen kannst. Das weiß nur niemand, weil die Pharma-Mafia es unterdrückt. Deswegen bekommst du in ganz Deutschland Germanium nur in diesem Blumendünger.«
    » Aha.« Max versucht aus ihrer Stimme herauszuhören, ob sie es ernst meint. Er hat Angst, etwas Falsches zu sagen, weil er sich seit einiger Zeit keiner Auseinandersetzung gewachsen fühlt.
    » Weißt du was, wir können es ja mal ausprobieren«, sagt Sylvia. » Wenn es einer Pflanze guttut, dann wird es uns auch guttun. Außerdem nehmen wir es verdünnt ein. Christa sagt: eine Verschlusskappe auf einen Liter Wasser. Hast du einen Messbecher?«
    Max deutet auf den Küchenschrank hinter sich. Er möchte kein Spielverderber sein. Und solange ihn etwas nicht umbringt, macht er alles mit.
    Während sie den Wundertrank mixt, schlägt seine gedrückte Stimmung plötzlich um. Es fehlt nicht viel, und er würde sich zu seiner Krankheit beglückwünschen, die immer wieder solche unerwartbar wunderlichen Momente für ihn bereithält.
    Kurz darauf halten sie die Teetassen mit dem Blumendüngerwasser theatralisch hoch und stoßen an. Sie fühlen sich jetzt beide stark wie Kinder, vollkommen in einem Spiel versunken. Es geht nicht mehr darum, ob Germanium heilt, sondern darum, wer sich als Erster traut, das Zeug zu trinken. Sein Ehrgeiz erwacht. Er schließt die Augen, kippt den Inhalt der Tasse hinunter und ruft: » Geheilt!«
    Blumendünger also. – Anscheinend fällt es dir genauso schwer, Hilfe abzulehnen, wie um sie zu bitten.
    Vielleicht liegt es an dem Sturz vorhin. Zugegeben, der hätte sich vermeiden lassen. Aber dass bei dir wirklich jeder Stuhl festgehalten werden muss, wurde mir bei der Übergabe nicht gesagt. Immerhin die Tischkante, die war im entscheidenden Moment weit genug weg. Kein weiterer blauer Fleck, das ist doch auch schon was.
    Leider stimmt das nicht. Auf deiner Seele ist ein neuer. Das tut mir leid, aufrichtig. Es hätte nicht passieren dürfen.
    Vielleicht liegt es aber auch einfach an deiner Wohnung. In der kann man nicht viel anderes machen, als vom Stuhl zu fallen. Keine Tischtennisplatte, keine Dartscheibe an der Wand, kein Fitnessraum, keine Spiele – nicht einmal eine Playstation. Nur Bücher und CD s, bis auf eine Entbehrung gewöhnte Palme keine Pflanzen. Ein paar Bilder an der Wand: farblos Abstraktes, gemischt mit alten Stichen von Paris. Und ein wahnsinnig unbequemes schwarzes Ledersofa. Alles karg, schwarz und verkopft.
    Trotzdem: Es tut mir leid. Hoffentlich hilft wenigstens das Germanium ein bisschen.

6.
    Wenn ein Mensch zu viele gute Ratschl ä ge bekommt, befo l gt er am Ende gar keinen.
    Sein erster Gedanke: Einer der beiden Gastgeber muss die Gäste passend zur Einrichtung ausgewählt haben. Nur was mache ich dann hier?
    Um die zwanzig Personen tummeln sich in der schnieken Altbauwohnung. Die meisten männlich, doch die Proseccogläser halten sie mit formvollendeter Eleganz. Die mitgeschleiften Frauen wirken wie ein adrett übergeworfener Schal. Max kämpft sich bis in den Salon mit dem Flügel vor. Auf einer schwarzen Ledercouch hält eine ältere, goldglitzernde Dame Hof. Als er sich einen Stuhl heranziehen möchte, damit der Gastgeber den sperrigen Rollstuhl in die Abstellkammer fahren kann, nötigt sie ihn mit einem Klopfen auf das Polster neben sich.
    » Nur keine Angst, junger Mann, kommen Sie ruhig zu mir!«
    Sobald Max sitzt, berichtet sie ihm, dass sie den Rest des Jahres, wenn sie nicht bei guten Freunden eingeladen sei, in

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