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Teufels Küche

Teufels Küche

Titel: Teufels Küche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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    An einem kalten, nassen Novembernachmittag kam er mit dem Flugzeug in Paris, seiner Geburtsstadt, an. Er kam aus Äquatorialafrika, trug eine grüne Polyesterhose, ein weißes T-Shirt, das argwöhnisch die Frage stellte: »HAVE YOU EATEN YOUR HONEY TODAY?« und eine maschinengestrickte Wolljacke, deren Farbe, wie er schließlich entschieden hatte, Mauve war.
    Die Kleidungsstücke, vermutlich Abgelegtes von Oxfam, waren ihm von Miss Cecily Tettah von Amnesty International aus einem grünen Lumpensack überlassen worden, wobei die Spenderin sich weder für die Qualität noch für die Paßform ihrer Gaben entschuldigte. Die mauvefarbene Strickjacke mußte einmal einem dicken Mann gehört haben - einem ungewöhnlich großen, dicken Mann. Morgan Citron war annähernd einsfünfundachtzig, aber die Wolljacke reichte ihm fast bis zur Mitte der Oberschenkel und schlotterte um seine ausgemergelten vierundsechzig Kilo wie die Kutte eines reuigen Sünders. Andererseits war sie aus Wolle, und sie war warm, und Citron war mittlerweile ziemlich egal, wie er aussah.
    Er war vor einundvierzig Jahren in einem billigen Hotelzimmer in der Nähe der Gare du Nord als Sohn einer völlig mittellosen zwanzigjährigen amerikanischen Studentin aus Holyoke und eines neunundzwanzigjährigen Leutnants der französischen Armee, der im Mai bei den Kämpfen um Sedan gefallen war, geboren worden. Citrons Mutter, von ihrer Armut besessen, hatte ihren Sohn nach einem entfernten Vetter, der irgendwie mit der Bankiersfamilie verbunden war, Morgan genannt. Citron wurde am 14. Juni 1940 geboren. Es war der Tag, an dem die Deutschen in Paris einrollten.
    Jetzt, an diesem kalten Novembernachmittag im Jahr 1981, passierte Citron die Zoll- und Paßkontrolle im Flughafen Charles de Gaulle, fand ein Taxi und machte es sich auf dem Rücksitz bequem. Als der Fahrer fragte: »Wohin?« antwortete Citron auf französisch: »Nehmen wir an, Sie haben einen Vetter, der auf dem Land lebt.«
    »Ah, mein Vetter vom Lande. Ein Bretone, natürlich.«
    »Er kommt nach Paris.«
    »Aber mein Vetter ist arm.«
    »Leider.«
    »Trotzdem hätte er gern eine hübsche, billige Bleibe.«
    »Darauf würde er bestehen.«
    »Dann würde ich ihm das Siebte Arrondissement empfehlen, Nummer 42 in der Rue Vaneau – Le Bon Hotel.«
    »Ich nehme Ihre Empfehlung gern an.«
    »Sie haben eine kluge Wahl getroffen«, sagte der Fahrer.
    Als sie den Périphérique erreichten, vertraute Citron sich dem Fahrer noch einmal an. »Ich habe einen Diamanten«, sagte er fast nebenbei.
    »Einen Diamanten? Sehr gut.«
    »Ich würde ihn gern verkaufen.«
    »Können Sie ihn ohne weiteres verkaufen?«
    »Natürlich.«
    »Verstehen Sie etwas von Diamanten?«
    »So gut wie nichts«, sagte Citron.
    »Sie möchten aber nicht gerade übers Ohr gehauen werden.«
    »Nein.«
    »Dann sollten wir es bei Bassou versuchen. Und Sie sollten ihm sagen, daß ich Sie zu ihm geschickt habe. Er wird mir eine Provision geben. Eine bescheidene, natürlich. Er wird Ihnen auch einen angemessenen Preis bieten. Niedrig, aber angemessen.«
    »Gut«, sagte Citron. »Versuchen wir es bei Bassou.«
    Drei Tage zuvor hatte Citron in den bereits schwülen frühen afrikanischen Morgenstunden Gaston Bama, den Sergeanten der Wache, beobachtet, wie er jene berüchtigte Mahlzeit brachte und austeilte, die schließlich dazu beitrug, den Kaiser-Präsidenten von seinem Elfenbeinthron zu vertreiben.
    Bama war damals ein alter Mann von dreiundfünfzig, fett, korrupt und langsam in seinen Bewegungen, mit drei Winkeln auf seinem Ärmel, die seinen Rang bekundeten, den gleichen Rang, den er seit siebzehn Jahren innehatte. Während nahezu der gesamten vergangenen Dekade war er Oberaufseher der section d’étranger des alten Gefängnisses, das die Franzosen bereits 1923 gebaut hatten, lange ehe das Land, das damals nur ein Territorium von Französisch-Äquatorialafrika gewesen war, ein Kaiserreich wurde oder auch nur eine Republik.
    Die Ausländerabteilung war in dem kleinen abgetrennten Ostflügel des Gefängnisses untergebracht. In diesem November beherbergte sie nicht nur Morgan Citron, sondern auch vier erfolglose Schmuggler aus Kamerun, eine Handvoll selbsternannter politischer Flüchtlinge aus Zaire, sechs Sudanesen, angeblich Sklavenhändler, einen geheimnisvollen Tschechen, der selten sprach, und einen zweiundzwanzigjährigen Amerikaner aus Provo, Utah, der darauf bestand, Mormonenmissionar zu sein, was ihm niemand glaubte. Ferner waren da drei

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