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Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia

Titel: Melanie - Inside Joke - Claußtrophobia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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wackelte an den Anschlüssen und tauschte eines der Kabel aus.
    „Der Projektor“, schmatzte Takase undeutlich. Miura stellte fest, dass ein Bild schief an die Decke geworfen wurde, und während Andô den Betrunkenen alleine hielt, drehte Miura den Projektor so hin, dass der Lichtschein auf die dafür vorgesehene Wand fiel.
    Das Bild war sehr scharf. Ab und an durchzuckten es Lichtblitze, doch es gab kein Rauschen. Die Kontraste waren überdreht, die dunklen Stellen undurchdringlich finster, die hellen blendend grell, aber die Kanten von gestochener Schärfe. Ein Stück von der Außenwand eines Haus war zu sehen – ein westliches Haus, mit hohen Fenstern. Immer nur dieses Stück Wand. Sonst nichts.
    Minutenlang starrten die drei Männer auf das Bild. Takase drohte immer wieder einzunicken.
    „Wann kommt er?“, erkundigte sich Miuras fiepende Stimme. „Müsste er nicht ins Bild kommen?“
    Takase legte seine Hand auf einen der Drehknöpfe, und das Bild veränderte sich. Eine Kamera bewegte sich weiter an der Hauswand entlang, zuerst in die eine Richtung, bis ein Garten zu sehen war, Bäume mit pechschwarzen Schatten, dann zur anderen Seite, wo es ein Eingangstor gab. Blitzende Lichtreflexe auf der Klinke. Das Tor stand offen, und langsam bewegte sich die Kamera ins Innere, in eine große, schmutzige Vorhalle.
    Die drei wagten kaum zu atmen. Der Mann, auf den sie warteten, war nirgends zu sehen.
    Die Kamera fuhr ein Stück durch das Haus, dann erhellte ein Blitz das Bild, ein knackendes Geräusch drang aus der Tiefe der Maschine, eine Sicherung schnappte, die Videobänder verharrten mit einem Quietschen, und sie standen im Dunkeln.
    Andô wusste nicht, ob er enttäuscht oder erleichtert sein sollte.
    Sie hatten nichts gesehen, was sie nicht zuvor schon gesehen hatten. Keinen Kontakt aufgenommen. Nicht mit dem Mann in dem Film gesprochen.
    Sie trugen Takase durch die Dunkelheit, legten ihn irgendwo auf den Boden und setzten sich daneben.
    Das Experiment war gescheitert. Der Kontakt zwischen den beiden Welten war nicht zustande gekommen.

3
    Mai 2002, Deutschland
    Sie wusste nicht, was es war, aber plötzlich lief etwas vor ihr auf die Fahrbahn!
    Die Konturen gehörten einem Menschen. Nein, es konnte keiner sein! Es war nur ein Schemen, das sich auf die Wand aus Regen legte wie eine Projektion auf eine Leinwand. Ein flirrendes, aufrechtes Etwas, flach, ohne Räumlichkeit, viel zu schnell für einen Menschen. Sie hatte es bemerkt, als es von rechts aus dem Wald kam. Für eine Sekunde war es neben ihrem Hyundai hergeschossen, dann hatte es seine Richtung geändert, war wieder im Wald verschwunden und im nächsten Augenblick … zwischen den hohen, dunklen Nadelbäumen hervorgesprungen, direkt vor ihre Motorhaube.
    Sie stieß einen Schrei aus, riss das Steuer nach links und trat auf die Bremse. Sie verfehlte das Wesen – diesen Lichteffekt! diese Spiegelung! – um wenige Zentimeter, war im Nu an ihm vorbei und versuchte wieder gegenzulenken. Doch dazu war es zu spät. Die Wand aus Bäumen auf der linken Straßenseite kam rasend schnell heran, der Tritt aufs Bremspedal konnte das Auto nur unwesentlich verzögern, und die Fahrbahn war viel zu früh zu Ende.
    Kreischend rutschten die Reifen über die nasse Straße. In den letzten Sekundenbruchteilen vor dem Aufprall suchte sie geistesgegenwärtig nach einer Lücke zwischen den Bäumen, in die sie ihr Fahrzeug einpassen konnte. Es gab keine. Das Spalier der Tannen stand dicht und hätte kaum ein Zweirad hindurchgelassen, geschweige denn ein Auto.
    Wie eine Armee von Riesen kamen die Schatten auf sie zu.
    Der Hyundai stülpte sich mit infernalischem berstendem Krachen um einen der Stämme. Wie weit sich der schwarze Holzzylinder des Baumes in den Motorraum schob, konnte sie nicht mehr sehen. Das Airbag entfaltete sich mit einem Zischen, das sie fast taub machte. Oder war es das Knarren des Baumes, der unter dem Aufprall erzitterte und hin und her schwang wie ein Fahnenmast im Sturm?
    Melanie erhielt einen Schlag gegen das Gesicht und gegen die Brust. Danach hatte sie erstaunlich viel Zeit zum Denken. Sie dachte noch: Gut, dass ich angeschnallt war. Gut, dass der Airbag sich geöffnet hat. Gut, dass ich noch auf die Bremse getreten bin. Auf gewisse Weise war sie überzeugt davon, dass sie unverletzt war, dass sie gleich aussteigen würde. Sie sah sich schon neben dem Wagen stehen, den Blick auf das total entstellte Frontteil des Autos gerichtet. Sie hörte sich in

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