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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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ewig in zwei bewaffnete Lager gespalten vorstellen,
die bereit sind, sich gegenseitig zu vernichten, und dies «Frieden» und
«Sicherheit» nennen. Der springende Punkt ist, dass die Politik der gegenseitigen Abschreckung keine Vorkehrung für ihre eigene Lösung beinhaltet. Da
nichts ewig dauert, vor allem nichts, das sich aus derart instabilen Bestandteilen zusammensetzt wie das Gleichgewicht des Terrors, müssen wir uns fragen, welches Ende dieser Zustand wohl nehmen kann. Wir haben bereits
gesehen, dass die Eskalation von einem kleinen zu einem großen Krieg die
einzig mögliche Lösung ist [110].

    s Die unausweichliche Wirkung dieser Kommunikationsform lässt sich
sehr einfach beweisen. Wenn A zu B sagt: «Du scheinst wirklich sehr bequem
in deinem Sessel zu sitzen» und B weiterhin anblickt, so hat er B's Verhalten
noch gar nicht vorgeschrieben, sondern nur kommentiert, und doch wird B
seine Stellung sofort unnatürlich und verkrampft finden und sie ändern müssen, um sein Gefühl von Behagen und Entspannung wiederzugewinnen.
Oder man erinnere sich an die Fabel von der Schabe, die den Tausendfüßler
fragte, wie er es fertigbringe, seine tausend Füße mit solch eleganter Leichtig keit und vollkommener Koordination zu bewegen. Von da an konnte der
Tausendfüßler nicht mehr gehen.

    In einem ganz anderen Kontext, nämlich der Erforschung der Grundlagen der Mathematik, hat Ludwig Wittgenstein schon vor Jahren diesen Sachverhalt postuliert, ohne sich anscheinend Rechenschaft über die unmittelbare
praktische Bedeutung seiner Überlegungen für menschliche Beziehungen zu
geben:
    Nehmen wir ... an, (ein) Spiel sei so, dass, wer anfängt, immer durch
einen bestimmten einfachen Trick gewinnen kann. Darauf aber sei man nicht
gekommen; - es ist also ein Spiel. Nun macht uns jemand darauf aufmerksam - und es hört auf, ein Spiel zu sein.
    Wie kann ich das wenden, dass es mir klar wird? - Ich will nämlich sagen:
«und es hört auf, ein Spiel zu sein» - nicht: «und wir sehen nun, dass es kein
Spiel war».
    Das heißt doch, ich will sagen, man kann es auch so auffassen: dass der
Andere uns nicht auf etwas aufmerksam gemacht hat; sondern dass er uns
statt unseres ein anderes Spiel gelehrt hat. - Aber wie konnte durch das neue
das alte obsolet werden? - Wir sehen nun etwas anderes und können nicht
mehr naiv weiterspielen [164, S. 100].

    6 Dies klingt vielleicht nicht überzeugend, aber es ist tatsächlich sehr selten, dass ein Patient nicht sogar den absurdesten Aufforderungen (z. B. Ach möchte, dass Sie Ihre Angst noch stärker empfinden») ohne langes Fragen
zustimmt.

    ' Diese Hinweise auf die zwischenpersönlichen Aspekte des Unbewussten sollen weder seine Existenz noch die Nützlichkeit des Begriffs leugnen.
Vgl. dazu Abschnitt 1.62.

    1 An zahlreichen Stellen dieses Buchs hatten wir Gelegenheit, darauf zu
verweisen, dass die Welt, in der wir leben, und das Bewusstsein unserer selbst
und anderer einer hierarchischen Ordnung zu unterstehen scheint und dass
gültige Aussagen über eine Stufe dieser Ordnung nur von der nächsthöheren
aus gemacht werden können. Diese Hierarchie wurde offenbar in
    1. der Beziehung zwischen Mathematik und Metamathematik (vgl.
Abschnitt 1.5) sowie zwischen Kommunikation und Metakommunikation
(vgl. Abschnitt 1.5 und 2.33);
    2. dem Inhalts- und dem Beziehungsaspekt der Kommunikation (vgl.
Abschnitt 2.3 und 3.3);
    3. den Ich- und Du-Definitionen (vgl. Abschnitt 3.33);
    4. den logisch-mathematischen Paradoxien und der logischen Typenlehre (vgl. Abschnitt 6.2);
    5. der Theorie der Sprachstufen (vgl. Abschnitt 6.3);
    6. den pragmatischen Paradoxien, Doppelbindungen und paradoxen
Voraussagen (vgl. Abschnitt 6.4);
    7. der Illusion der Alternativen (vgl. Abschnitt 7.1);
    B. dem Spiel ohne Ende (vgl. Abschnitt 7.2);
    9. den therapeutischen Doppelbindungen (vgl. Abschnitt 7.4).

    2 Dagegen lässt sich scheinbar einwenden, dass letztere Sicht der Wirklichkeit viel besser angepasst ist als erstere. Doch dieses oft angerufene Kriterium der Wirklichkeitsanpassung sollte mit großer Vorsicht verwendet werden. Der häufigste Trugschluss liegt hier in der stillschweigenden Annahme,
dass es so etwas wie eine absolute, «objektive Realität» gibt, deren sich normale Menschen besser bewusst sind als Verrückte. Diese Annahme hat eine
unbehagliche Ähnlichkeit mit einer Prämisse hinsichtlich der euklidischen
Geometrie. Zwei Jahrtausende lang bestand kein Zweifel

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