Menschliche Kommunikation
Bequemlichkeit und der Kürze halber, aber mit vollem
Bewusstsein ihrer Ungenauigkeit gebraucht wurde, zuletzt das Denken verwirren kann, nachdem jenes Bewusstsein geschwunden ist. Hat man es doch
fertiggebracht, die Zahlzeichen für die Zahlen, den Namen für das Benannte,
das bloße Hilfsmittel für den eigentlichen Gegenstand der Arithmetik zu halten [46, S. 4].
6 Die Taktik, Metakommunikationen zu blockieren, um jemand am Verlassen einer unhaltbaren Situation zu hindern, war Lewis Carroll anscheinend wohl bekannt: Nachdem die Weiße und die Schwarze Königin Alice
mit ihren Fragen völlig durcheinandergebracht haben (vgl. Abschnitt 3.22),
fächeln sie ihren Kopf mit Blättern, und die Gehirnwäsche geht weiter:
«Jetzt fehlt ihr nichts mehr», sagte die Schwarze Königin.
«Kannst du Sprachen? Was heißt Larifari auf Französisch?»
«Larifari ist doch gar nicht deutsch», erwiderte Alice ernsthaft.
«Sagt ja auch keiner», versetzte die Schwarze Königin.
Diesmal schien es Alice, als hätte sie einen Ausweg gefunden. «Wenn Ihr
mir sagt, welche Sprache ist, dann sag ich Euch auch, was es auf
Französisch heißt!» rief sie siegesbewusst.
Aber die Schwarze Königin richtete sich nur ziemlich steif auf und sagte:
«Königinnen handeln nicht.» [31, S. 235]
Der Intelligenzquotient des Patienten hatte sich in wiederholten Tests
als zwischen 50 und 80 liegend erwiesen. Kurz vor diesem Interview weigerte
sich der Patient, sich nochmals testen zu lassen, weil er angeblich die Testaufgaben nicht verstehen konnte. (Im Laufe der weiteren Behandlung wurde es
klar, dass er schizophren war; seine Remission verlief zufriedenstellend, und
seine Leistungen übertreffen auf vielen Gebieten die Ergebnisse der Tests.)
8 Freiheit selbst hat paradoxe Merkmale. Für Sartre ist die einzige Freiheit, die wir nicht haben, die, nicht frei zu sein. In ähnlichem Sinn verfügt das
Schweizerische Zivilgesetzbuch (Artikel 27): «... Niemand kann sich seiner
Freiheit entäußern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die
Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken.» Und Berdjajev fasst Dostojewskis Anschauung über die Freiheit wie folgt zusammen:
Die Freiheit kann nicht identifiziert werden mit dem Guten, mit der
Wahrheit, mit der Vollkommenheit. Die Freiheit hat ihre eigene selbständige
Natur, die Freiheit ist Freiheit und nicht das Gute. Und eine jede Vermengung und Identifizierung der Freiheit mit dem Guten und der Vollkommenheit selbst ist eine Verneinung der Freiheit, ist ein Bekenntnis zu Gewalt und
Nötigung. Das zwangsweise Gute ist schon nicht mehr das Gute, es wird so
zum Bösen [21, S. 54].
9 Man vergleiche hierzu folgende Szene aus Lewis Carrolls Alice hinter
den Spiegeln. Wie Alice im Wunderland ist auch dieses Buch viel eher eine
Sammlung eingekleideter logischer Probleme als ein Kinderbuch. Zwiddel dum und Zwiddeldei unterhalten sich über den schlafenden Schwarzen
König:
«Er träumt», sagte Zwiddeldei; «und was glaubst du wohl, träumt er?»
Alice sagte: «Das weiß keiner.»
«Nun, dich träumt er!», rief Zwiddeldei und klatschte triumphierend in
die Hände. «Und wenn er aufhört, von dir zu träumen, was meinst du, wo du
dann wärst?»
«Wo ich jetzt bin, natürlich», sagte Alice.
«So siehst du aus!», entgegnete Zwiddeldei verächtlich. «Gar nirgends
wärst du. Du bist doch nur so etwas, was in seinem Traum vorkommt!»
«Der König da», fügte Zwiddeldum hinzu, «brauchte bloß aufzuwachen,
und schon gingst du aus - peng! - wie eine Kerze!»
«Gar nicht!», rief Alice empört. «Und außerdem, wenn ich nur etwas
bin, was in seinem Traum vorkommt, was seid denn ihr, möchte ich gerne
wissen?»
«Das Nämliche», sagte Zwiddeldei.
«Das Nämliche, das Nämliche!», rief Zwiddeldum.
Dabei schrie er so laut, dass Alice nun doch lieber sagte: «Still doch! Du
weckst ihn noch auf mit deinem Geschrei.»
«Na, du wärst mir die Rechte!», sagte Zwiddeldum. Ahn aufwecken! Wo
du doch nur in seinem Traum vorkommst. Das weißt du doch ganz genau,
dass du nicht wirklich bist!»
«Doch bin ich wirklich!», sagte Alice und begann zu weinen. [31,
S. 175 f.]
11 Englisch: double bind theory. Wir glauben, dass es am besten ist, diesen Ausdruck wörtlich aus dem Englischen zu übersetzen, da er sich selbst in
der Originalsprache mehr durch seine Prägnanz als durch seine semantische
Evidenz eingebürgert zu haben scheint. Im Deutschen bestehen
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