Mich kriegt ihr nicht!: Gebrauchsanweisung zur digitalen Selbstverteidigung (German Edition)
und Kontrolle zu erlangen, durchsetzen wird.
Anonymität gehört zum guten Ton
In absehbarer Zukunft wird es eine ganze Reihe neuer Dienste geben, die Verschleierung als Dienstleistung anbieten. Einen Versuch unternimmt der Unternehmer Dan Whaley, der ein gemeinnütziges Unternehmen namens Hypothes.is gegründet hat. Er will ein von der Online-Gemeinschaft selbstverwaltetes Kommentarsystem schaffen, das sich wie eine Folie mit kritischen Randbemerkungen über jede beliebige Webseite legen lässt – eine Art lebendiges Geflecht von Kommentaren und Einschätzungen echter Menschen, die ehrlich miteinander umgehen, um Webseiten zu verbessern und anderen beim Lesen zu helfen.
Wie versucht Whaley, das zu tun? Mitwirkende bewerten auf Hypothes.is gegenseitig ihre Kommentare. So baut jeder einen Ruf in dieser »Open-Source-Plattform für die gemeinsame Auswertung von Informationen« auf. Aber eines steht laut Whaley und seiner Gruppe von renommierten Beratern und Investoren außer Frage: »Wir halten nichts von Klarnamen. Sie können absolut glaubwürdig sein, auch ohne Ihre Identität öffentlich preiszugeben.« 16 Der Inhalt zählt und er allein wird in den Augen der anderen Kommentatoren entscheiden, wer ernst genommen wird – nicht der Name eines Freiwilligen, der sich sonst vielleicht aus diversen Gründen entscheiden würde, den Mund zu halten, weil etwa sein Arbeitgeber oder seine Bekannten mit dem Finger auf ihn zeigen würden.
Viele meinen, dass Facebook den Demonstranten in Ägypten einen guten Dienst erwiesen hat. Internetexperten wie der russische Autor Jewgeni Morosow, der in einem Thinktank in Washington arbeitet, hält das für Wunschdenken der Tech-Apostel und eine westliche Selbsttäuschung, da das Netz genauso viel Unheil anrichtet, indem es repressiven Regimes die effektivere Verfolgung und Unterdrückung von Widerstandsbewegungen erlaubt. 17
Die Unzufriedenheit mit vielen sozialen Netzwerken wächst, da sie es Regierungen zu leicht machen, mit oder ohne Gerichtsbeschluss auf alle nur verfügbaren Informationen zuzugreifen – vorausgesetzt, sie haben diese nicht bereits heimlich abgeschöpft. Deshalb ist ein Team von Aktivisten und Internetspezialisten der Occupy-Bewegung dabei, ein soziales Netzwerk für das Zeitalter der globalen Protestbewegung namens Global Square zu gestalten. 18 Sie bauen ihr eigenes sicheres soziales Netzwerk, weil sie Facebook ihre privaten Nachrichten nicht mehr anvertrauen wollen. Andere Entwickler arbeiten an Protokollen, damit Benutzer weiterhin Inhalte auf den gängigen Plattformen veröffentlichen können, diese aber sicher verschlüsselt sind, sodass nur Autorisierte sie analysieren können. Die sozialen und Werbenetzwerke, neugierige Apps, Sicherheitsdienste und andere unbefugte Dritte würden diese Informationen nicht erhalten.
Der Datenstrom, den wir über die Jahre schaffen, ist es wert, geschützt zu werden. Das trifft nicht nur auf akute soziale Themen wie Protestbewegungen oder gar Aufstände zu, sondern auch auf die Frage, was nach uns kommt. Sollen unsere Daten uns überleben, und wer darf diese Entscheidung treffen? Das Leben nach dem Tod im Internet ist ein Thema, das immer mehr Aufmerksamkeit gewinnt, gerade weil die meisten von uns es sträflich vernachlässigen. Im nächsten Kapitel werden wir Ihnen zeigen, wie man für sein digitales Erbe Sorge trägt.
Tipps und Tricks (siehe Kapitel 13)
Verwenden Sie Pseudonyme für Ihr privates Ich (I-5)
Verbergen Sie Ihre IP-Adresse mit einem VPN (II-17)
Säubern Sie Ihre Reputation (II-18)
Verschlüsseln Sie Ihre E-Mails und Facebook-Korrespondenz (III-22)
Surfen Sie mit Verschlüsselung (III-23)
Verschlüsseln Sie Ihre Chats (III-24)
Mobile Sicherheit für Fortgeschrittene (III-26)
Verwahren Sie Ihre Daten und Back-ups auf einem sicheren Server (III-27)
Löschen Sie Ihre Dateien gründlich (II-20)
Löschen Sie Ihr Facebook-Profil (III-30)
Verschlüsseln Sie Ihren Cloud-Speicher (IV-31)
Hochgradig gesicherte Kommunikation (III-29)
Verwenden Sie Fingerabdruckauthentifizierung und Passwörter vom USB-Stick (IV-33)
12. Sterben: Es ist mein Vermächtnis
Als der Großvater einer der Autoren starb, hinterließ er einen dicken Umschlag in der obersten Schublade seines Schreibtisches. Er enthielt eine ordentliche Liste seiner Bankkonten, den Schlüssel zum Safe, eine Liste von Freunden, die angerufen werden sollten, und eine handgeschriebene Liste all der Dinge in der Wohnung, die von Wert oder Interesse waren. Die
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