Midnight Breed - Alles über die Welt von Lara Adrians Stammesvampiren
Gesicht fielen.
Der Mann war riesig und breitschultrig, unter dem losen Fall seines ungebleichten Leinenhemdes wölbten sich mächtige Oberarmmuskeln. Glatte Hirschlederhosen spannten sich über seinen mächtigen Schenkeln, als er sich seinem Feind näherte, das Schwert zum Todesstoß gezückt. Wer immer der Mann war, der einst diese tödliche Waffe geschwungen hatte – das war kein neuzeitlicher Dandy, sondern ein Krieger.
Kühn.
Arrogant.
Von gefährlicher, magnetischer Anziehungskraft.
Der Schwertkämpfer näherte sich seinem Ziel, keine Gnade in seinem angespannten Mund, und seine unnachgiebigen blauen Augen waren schmal von einer inneren Wut, die Savannah nicht verstand. Wider all ihre Instinkte regte sich eine dunkle Neugier in ihr.
Wer war dieser Mann?
Woher kam er? Wie hatte er gelebt?
Vor wie vielen Jahrhunderten musste er gestorben sein?
Durch die Linse ihres inneren Auges beobachtete Savannah, wie der Krieger stehen blieb. Er starrte auf den Gegner hinunter, den er jetzt im tödlichen Nahkampf stellte. Sein breiter Mund war schmal und gnadenlos. Er hob seinen Schwertarm.
Und dann ließ er die Waffe in einem raschen, gnadenlosen Todeshieb hinuntersausen.
Savannahs Herz raste, dröhnte wild in ihrer Brust. Sie konnte kaum atmen angesichts der Mischung aus Angst und Faszination, die in ihr wirbelte.
Sie versuchte, das Gesicht des Schwertkämpfers besser zu sehen, aber seine wilde goldene Mähne und die nächtlichen Schatten verbargen es vor ihr.
Und jetzt, wie es so oft bei ihrer Gabe der Fall war, begann die Vision sich aufzulösen. Das Bild zersplitterte in Scherben, die in alle Winde zerstoben.
Sie hatte ihre Gabe nie kontrollieren können, nicht einmal, wenn sie es versucht hatte. Es war eine mächtige Gabe, aber nur sehr schwer fassbar. So war es auch jetzt wieder. Savannah bemühte sich, das Bild festzuhalten, das das Schwert ihr zeigte, aber es entglitt ihr … verblich … verschwand aus ihrer Reichweite.
Als Savannahs Blick sich wieder klärte, löste sie die Finger von der Waffe und starrte auf den polierten Stahl auf ihren offenen Handflächen.
Sie schloss die Augen und versuchte, das Gesicht des Schwertkämpfers aus ihrer Erinnerung hinaufzubeschwören, aber ihr war nur ein ganz schwacher Eindruck geblieben. Und schon bald begann auch dieses Bild, ihr zu entgleiten. Dann war es fort.
Er
war fort.
In die Vergangenheit zurück verbannt, wohin er gehörte.
Und doch pulsierte eine einzige, beunruhigende Frage durch ihren Kopf und durch ihre Adern. Sie forderte eine Antwort, die jemals zu bekommen sie wenig Hoffnung hatte.
Wer war er?
2
Von verrottenden Dachbalken regneten Glasscherben und Trümmer in die Dunkelheit herunter, als drei Mitglieder des Patrouilleteams des Ordens durch das verdreckte Oberlicht einer verlassenen Textilfabrik in Chinatown in die Fabrikhalle hinuntersprangen. Als Reaktion auf den Überraschungsangriff von oben stob die Gruppe der wildäugigen, blutsüchtigen Bewohner der alten Ruine auseinander in Deckung.
Die würden nicht weit kommen.
Gideon und seine beiden Mitstreiter hatten ein Mitglied des Roguenestes fast die ganze Nacht verfolgt und auf den besten Zeitpunkt zum Angriff gewartet. Sie hatten sich von dem Blutsauger zu seinem Schlupfwinkel führen lassen, wo der Orden nicht nur dieses eine blutsüchtige Raubtier eliminieren konnte, sondern gleich mehrere. Ein halbes Dutzend, schätzte Gideon auf die Schnelle, als er, Dante und Conlan kurz nach Mitternacht ihren Überraschungsangriff starteten.
Sobald Gideons Stiefelsohlen auf dem müllübersäten Boden landeten, setzte er auch schon einem der fliehenden Rogues nach und packte ihn bei seinem verdreckten Trenchcoat, der ihm wie ein Segel hinterherflatterte. Er warf den Rogue hart zu Boden, den Unterarm in den Nacken der mutierten Kreatur gepresst. Mit der freien Hand griff Gideon nach dem kürzeren seiner beiden Dolche, die einen ständigen Teil seiner Kampfausrüstung bildeten. Die dreißig Zentimeter lange, rasiermesserscharfe, titanbeschichtete Stahlklinge glänzte im schwachen Mondlicht, das vom offenen Dach hereinfiel.
Der Rogue begann, wild um sich zu schlagen, fauchte durch die Fänge und versuchte, sich zu befreien. Gideon gab dem Blutsauger keine Chance.
Er ließ den Mantel los, packte den Rogue an seinem struppigen braunen Haar und riss ihm den Kopf nach hinten. Die bernsteingelben Augen des Vampirs glühten wild und unkoordiniert, aus seinem offenen Maul tropfte klebriger Speichel, er
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