Miteinander reden 01 - Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation
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Einführung und persönlicher Hintergrund
Den Psychologen sagt man nach, sie würden das, was jeder weiß, in einer Sprache sagen, die niemand versteht. Diese Gefahr besteht vor allem dann, wenn man über etwas schreibt, was jedermann aus eigenem Erleben kennt. Trotzdem möchte ich es in diesem Buch umgekehrt versuchen.
Zwar handelt das Buch von Vorgängen, an denen jeder täglich teilnimmt: von zwischenmenschlicher Kommunikation, von der Art, sich zu verständigen und miteinander umzugehen. Und so werden Sie durch dieses Buch kaum etwas wirklich «Neues» erfahren. Vielmehr werden Sie dem «Alten», dem Altbekannten, dem tagtäglich Erlebten neue Seiten abgewinnen; Dinge in einem Licht sehen, die bisher im Halbdunkel verborgen waren. – Aber hat die Psychologie etwas anzubieten, um die zwischenmenschliche Kommunikation nicht nur wissenschaftlich zu erhellen, sondern auch «besser» zu machen? Sie hat. Zwar hat sich wohl bisher kaum jemand durch das Studium psychologischer Lehrmeinungen und experimenteller Befunde in seiner Kommunikationsfähigkeit verbessert. Aber einiges Rüstzeug und einige Wegweiser stehen bereit für den, der lernen (und umlernen) will.
Ich hätte keine Lust gehabt, dieses Buch zu schreiben, wenn nicht sein Inhalt für mein persönliches Leben Bedeutung hätte. Als ich zum Abschluss meiner Schulzeit das «Zeugnis der Reife» erhielt, bestand meine Kommunikationsfähigkeit vor allem darin, in einer raffinierten, gelehrsamen Sprache über Sachverhalte zu reden, zu denen mir jede Erlebnisgrundlage fehlte. Statt das Erlebte zu verstehen und auszudrücken, lernten wir, das Nicht-Erlebte altklug zu kommentieren. Ich will darüber nicht nur schimpfen, vielleicht hat diese Fähigkeit meine Hochschulkarriere begünstigt; aber dies wäre kein Grund, die Rituale der Selbstentfremdung in der Universität zu verewigen. Das Reifezeugnis in der Hand, fühlte ich mich «ungebildet» in Fragen des zwischenmenschlichen Umgangs. Für das Thema «Wie gehe ich mit mir selbst und anderen um?» war kaum eine Schulstunde reserviert gewesen. Und bei dem Entschluss, Psychologie zu studieren, hat bestimmt die innere Unruhe darüber mitgespielt, dass ich unsicher war und im Dunklen tappte, was sich zwischen mir und anderen Menschen abspielte. Zwar stellte sich das Ziel, das ich mir mit dem Studium wohl insgeheim gesetzt hatte – immer Herr der Lage zu sein und überlegen die Übersicht zu behalten – als irrtümlich heraus. Ich lernte, dass ich gerade in der Verfolgung dieses Zieles in Schwierigkeiten geriet. Dennoch (und gerade dadurch) hat mir die psychologische Grundausrüstung, die in diesem Buch enthalten ist, selber geholfen, in zwischenmenschlicher Hinsicht besser klarzukommen. Die verstandesmäßigen Einsichten öffnen zwar noch nicht die Pforten zum Himmelreich; im Gegenteil erlebe ich oft schmerzlich, wie ich gefühlsmäßig «nachhinke»: Während sich der Fortschritt der gedanklichen Einsichten in Siebenmeilenstiefeln vollzieht, folgen die Gefühle und das Verhalten noch dem alten Trott und kommen nur im Schneckentempo, Millimeter für Millimeter, hinterher. Und so sind viele Lernziele, die in diesem Buch umrissen werden, im Wesentlichen nur durch Selbsterfahrung und Verhaltenstraining erreichbar. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass rationale Einsichten die Persönlichkeitsbildung einleiten und abstützen können. Auch habe ich die Erfahrung gemacht, dass Leute (wie ich), deren «Heimspiel» im intellektuellen Bereich liegt, sich eher durch kognitive Wegweiser auf ein emotionales Gelände verführen lassen. Als ein solcher Wegweiser versteht sich dieses Buch.
Nun zum Vorwurf der unverständlichen Sprache. Zwei Erfahrungen haben mich dazu veranlasst, mir eine gelehrsame, wissenschaftliche Sprache weitgehend «abzuschminken». 1969 rief mein Lehrer, Professor Reinhard Tausch, in Hamburg ein Forschungsprojekt ins Leben mit der Frage: Wie können Informationen verständlich vermittelt werden? Nach einigen Jahren hatten wir heraus, dass Verständlichkeit auf vier Säulen steht: Einfachheit (in der sprachlichen Formulierung); Gliederung-Ordnung (im Aufbau des Textes); Kürze-Prägnanz (statt weitschweifiger Ausführlichkeit) und Zusätzliche Stimulanz (anregende Stilmittel). Wichtiger als diese «Entdeckung» war, dass es gelang, die vier «Verständlichmacher» messbar und trainierbar zu machen. Die Grundzüge des Hamburger Verständlichkeitskonzeptes sind im Kap. B II, 2,
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