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Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition)

Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition)

Titel: Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Bittermann
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hindurchschlurft und sie anfaucht, was alles »nicht statthaft« ist, und es ist so ziemlich alles »nicht statthaft«.
    Ich glaube, sie ist eine ehemalige Anwohnerin, die die penetrante Lärmsoße nicht mehr ausgehalten hat und ein Opfer der nervlichen Belastung wurde. Nun schleicht sie jeden Abend herum und führt ihr letztes Gefecht gegen die feindliche Invasion aus dem Ausland, das sie aber schon lange verloren hat.



Mikroökonomie
    »Pfoten weg, du alte Schachtel«, scheucht der Mann mit dem schwarzen und nach hinten gegelten Haar die »alte Schachtel« weg, die die neben ihm akkurat aufgereihten leeren Bierflaschen einsammeln will, denn das ist sein Leergut, das ist das Geld für sein nächstes Pils. »Was du wollen mit die ganze Flasche leer? Du besser arbeiten«, gibt es ihm die »alte Schachtel« zurück, während der Mann mit orientalisch gemusterten Hosen, deren Schritt irgendwie kurdisch in der Kniekehle hängt, versucht, ihr auf den Hintern zu klopfen. Aber da er im Schneidersitz auf dem Boden hockt, ist er nicht beweglich genug. »Haust du endlich ab, du Blindschleiche«, legt er nach, weil die »Blindschleiche« weiterhin so tut, als wolle sie ihm die Flaschen vor der Nase wegschnappen. Sie kabbeln sich auf freundschaftliche Weise.
    Aber es gibt auch den grantigen alten Muffel, der mit einer großen Ikea-Einkaufstüte unterwegs ist und dabei ahnungslose, über die Revierkämpfe nicht informierte neue Sammler angiftet. Sechs ältere, weißhaarige Frauen zähle ich, die über die Brücke streifen, seitdem sie zum Treffpunkt junger Touris geworden ist, für die es das Größte ist, ganze Nächte damit zuzubringen, auf dem Bordstein oder am Brückengelände zu sitzen und zu trinken.
    Sie haben eine Art Mikroökonomie ins Leben gerufen, oder vielleicht besser Elendsökonomie. Zu den Flaschensammlern hat sich auch eine Cocktailmixerin gesellt. Sie hat eine kleine Kühlbox dabei und ein wackliges Beistelltischchen, ist mit Minze, Zitrone und crushed ice rudimentär mit Beilagen ausgestattet, und schüttelt in Plastikbechern etwas zurecht, das Mojito sein soll. Ich probiere es lieber nicht. So risikofreudig bin ich auch wieder nicht.
    Fünfzig Meter weiter in der Admiralstraße brennt ein Auto. Eine Art neuer Freizeitgestaltung Berliner Jugendlicher, die mit dem Herumlungern auf der Brücke nicht so richtig ausgelastet sind. Polizei rennt über die Brücke zum Tatort, Feuerwehr lalüt um die Kurve.
    Die Frau rührt ungerührt zwei Flüssigkeiten zusammen und bewegt ganz professionell zwei ineinandergesteckte Plastikbecher rhythmisch über der Schulter. Leider setzt sich ihre Geschäftsidee nicht durch, denn die jugendlichen Herumlungerer bleiben beim Billigbier. Autos aber werden weiterhin abgefackelt.

Terrorismus
    Der Reporter der heute -Nachrichten berichtet live aus Mallorca über den Anschlag der ETA, bei dem zwei Polizisten in die Luft gesprengt wurden. Die Kamera zoomt auf ein paar schaulustige Touristen mit Schlabbershorts, die breitbeinig herumstehen und glotzen. Man sieht sie von hinten, und ich frage mich, ob der Kameramann mit dieser Einstellung womöglich ein bisschen Sabotage betreibt. Und auch der Reporter scheint etwas verwirrt: »Eine deutsche … äh, deutliche Absage an den Terrorismus.«
    Ich denke, mal gucken, wie es in Berlin mit der deutschen … äh, deutlichen Absage an den Terrorismus aussieht. Nadja und ich fahren mit dem Auto zum Spandauer Damm, wo die Hells Angels wohnen. Seit ein Anführer ein Messer in den Rücken bekommen hat und einem anderen fast ein Bein abgehackt wurde, sind die Hells Angels wieder zum Staatsfeind Nr. 1 aufgestiegen.
    Vor dem Charlottenburger Schloss großer Empfang. Die Straße wird einspurig. Das Empfangskomitee trägt MP, guckt irgendwie gelangweilt, ist olivgrün und für die hochsommerlichen Temperaturen viel zu warm gekleidet. Autofahrer mit Glatze oder sonstwie gefährlich aussehend werden herausgewunken und erschossen. Obwohl ich meine gefährlich aussehende Sonnenbrille aufhabe, darf ich weiterfahren. 200 Meter weiter wieder Kontrolle mit Nagelbett, das aber nur ausgerollt wird für den Fall, dass jemand ausbüchsen will. Einen Hells Angel kann ich nicht entdecken, und das liegt nicht an meiner Sonnenbrille, wie mir Nadja bestätigt.
    Wir fahren zurück nach Kreuzberg. Da ist mehr los. Auf der Admiralbrücke schreit ein Admiralbrückendjango »Ich fick deine Mutter!« und tritt einen harmlosen Hippie, der sich aufs Pflaster langgelegt hat. Ein

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