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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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Lärm hallte erschreckend klar durch den schneestillen Wald.
    Roadrunner, der im hinteren Teil des Hauses in der Küche postiert war, fuhr so abrupt hoch, dass sein magerer Körper fast Gefahr lief, durch die Heftigkeit der Bewegung zu zersplittern wie ein Stock in der Hand eines Riesen.
    Den ganzen Tag schon nagten die Sorgen an ihm, doch wie real die Gefahr tatsächlich war, wurde ihm erst klar, als er die Schüsse hörte. Jetzt war auch die Angst real, sie legte sich ihm ums Herz und drückte mit unbändiger Kraft zu.
    Roadrunner hielt sein Gewehr mit beiden Händen umklammert. Er fühlte sich äußerst unwohl damit. Mit kleinen Feuerwaffen konnte er bestens umgehen, und auf dem Schießstand traf er erstaunlicherweise jedes Mal ins Schwarze. Aber das hatte auch eher etwas von einem Videospiel, seine kleine .22er wog kaum mehr als ein Joystick und fühlte sich nicht sonderlich todbringend an. Dieses Zwölfkalibergewehr aber war schwer, der lange Lauf unhandlich, und das Wissen um die Zerstörung, die es anrichten konnte, ließ sich nicht ausblenden.
    Roadrunner schloss die Augen. Er fröstelte, und zum ersten Mal in seinem Leben sehnte er sich nach einer Droge, die die Angst verschwinden ließ.

    John saß im Zimmer des Chiefs im nördlichen Teil der Jagdhütte, gleich neben dem großen Fenster, eine entsicherte 9-Millimeter in der Hand. Er war kein Kämpfer und erst recht kein Superheld, so gern er das auch gewesen wäre. Doch diesmal ging es darum, die einzigen Menschen zu schützen, die ihm im Leben etwas bedeuteten, und er war so entschlossen wie nie zuvor.
    Als er die Schüsse hörte, wurde ihm mulmig zumute, doch seine Hand blieb ruhig, und er zögerte keine Sekunde. Das Feuer kam vom westlichen Teil des Hauses her, wo Grace und Annie postiert waren. Sofort sah er die großen Fenster dort vor sich, Annie in ihrem albernen Federkleid, wie sie mit der schweren Schrotflinte hantierte, mit der Claude sie ausgestattet hatte, und Grace, unerschütterlich und seltsam unbesiegbar in ihrer kühlen Entschlossenheit, mit der sie auf dem Boot ohne Zögern zwei Männer erschossen hatte.
    Das Herz ging ihm fast über vor Zärtlichkeit für diese Menschen. Es war ein ungewohntes Gefühl, das er erst spät im Leben kennengelernt hatte, und es erfüllte ihn mit einer stillen Freude. Rasch lief er in die Küche hinüber, wo Roadrunner zitternd und tapfer stand.
    John lächelte ihm zu und legte ihm eine Hand auf die knochige Schulter. «Die Schüsse kommen von vorne, Roadrunner. Grace und Annie sind allein im Wohnzimmer. Kümmer dich um sie, ich vertraue dir voll und ganz. Ich gebe euch Rückendeckung.»
    Roadrunner atmete flach, er fand kaum genug Luft zum Ausatmen. «Ich werde dich nicht enttäuschen.»
    «Das weiß ich doch.» Johns Lächeln wurde breiter, und irgendwo darin fand auch Roadrunner die Sicherheit, dass alles gut werden würde.
    Annie war immer wieder für eine Überraschung gut. Ihre üppigen Ausmaße machten sie alles andere als schnell und wendig, und auch sonst ließ nichts an ihrem perfekt frisierten Bob und dem makellosen Make-up darauf schließen, dass dieser Inbegriff einer Fashionista rasch und durchdacht reagieren würde, wenn Gefahr drohte. Doch kaum war die erste Gewehrsalve erklungen, hatte sie auch schon ihre High Heels abgestreift und sich unterhalb der Fensterbank zusammengekauert, Federkleid hin oder her. Die schrecklichen Tage in der Wildnis von Wisconsin hatten sie zurechtgeschliffen wie eine scharfe Stahlklinge.
    «Bleib unten, Annie», zischte Grace, während sie selbst langsam auf die schwere Eingangstür mit den Dreifach-Glasscheiben zurobbte.
    «Pah», machte Annie und brachte ihr Gewehr in Anschlag, ohne dass ihr Nagellack dabei Schaden nahm. «Das war doch noch weit weg.»
    «Ich weiß. Die Leute des Chiefs stehen zwischen uns und den Schüssen. Sie sind jetzt im Visier.»
    Annie senkte den Kopf, und obwohl Grace ihre Freundin nicht als Anhängerin göttlicher Fürsprache kannte, hatte sie doch das Gefühl, dass Annie für die tapferen Männer betete, die sie dort draußen zu schützen versuchten.
    Als Roadrunner gebückt ins Zimmer kam, fuhren sie beide herum. «John bleibt hinten. Er hat mich zu euch geschickt.»
    Grace drehte sich wieder zurück und spähte durch die kleinen Fenster in der Haustür, den Ansatz einer Sorgenfalte auf der Stirn. Das war eigenartig. Im hinteren Teil des Hauses drohte keine unmittelbare Gefahr von den Schüssen. John hätte selbst ins Wohnzimmer kommen

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