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Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte

Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte

Titel: Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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Stahlkugeln verstummte sofort. Bei Yuri blieb ein Klingeln in den Ohren zurück.
    Zitternd vor Angst, öffnete er die Tür des Kontrollraums. Hinter sich hörte er das Telefon klingeln, aber er ignorierte es. Er mußte herausfinden, was passiert war. Am hintersten Ende der Feinmahlanlagen angelangt, keuchte er so heftig, daß sich sein Plastikvisier beschlug. Als er die Stelle erreichte, an der sich in der Verkleidung der Anlage mehrere vertikale Türen befanden, verlangsamte er seinen Schritt. Jede der Türen war zwanzig Zentimeter dick und einen Meter hoch.
    Seine Hand zitterte, als er sie ausstreckte und eine der Türen entriegelte. Er zögerte einen Augenblick. Dann öffnete er sie.
    »Blyad!« entfuhr es ihm. Er war entsetzt. Der Zwischenraum war leer! In Windeseile riß er auch alle weiteren Türen auf. Sämtliche Zwischenräume waren leer! Die Schwebstoff-Filter waren nicht da! Die Anlagen hatten zwei Stunden lang ohne jeglichen Schutz alles nach draußen geblasen!
    Yuri taumelte ein paar Schritte zurück. Eine Katastrophe war passiert. Erst jetzt registrierte er, daß das Telefon im Hintergrund immer noch klingelte. Er wußte, wer am Apparat war: sein Vorgesetzter, der wissen wollte, warum er das System abgeschaltet hatte.
    Yuri raste zurück in den Kontrollraum. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Wieviel Gramm des tödlichen, zu Kampfstoff verarbeiteten Anthraxpulvers mochten über die ahnungslose Stadt gespien worden sein? Er erinnerte sich, daß auf seinem Weg zur Arbeit ein leichter Nordwestwind geweht hatte. Das bedeutete, daß die Sporen nach Südosten, über das große Militärgelände, geblasen worden waren. Aber was noch viel schlimmer war – es bedeutete auch, daß die Sporen auf die Keramikfabrik zutrieben!
    »Es ist das vierte Haus auf der rechten Seite«, sagte die Estin und riß Yuri aus seinen Alpträumen. Durch die Plexiglas-Trennwand zeigte sie auf eine weiße Treppe.
    Plötzlich merkte Yuri, daß er am ganzen Körper schwitzte und sein Gesicht glühte. Das Ereignis, an das die Frau ihn erinnert hatte, hatte er geflissentlich verdrängt. Obwohl es inzwischen zwanzig Jahre zurücklag, litt er, wenn er an den schrecklichen Vorfall dachte, noch genauso wie am ersten Tag.
    Die Estin bezahlte und stieg aus. Sie wollte Yuri noch ein Trinkgeld zustecken, doch er lehnte ab. Er bedankte sich für ihre Großzügigkeit und für die Einladung. Dabei vermied er es beschämt, sie anzusehen. Er wollte nicht, daß sie seine Schweißperlen und sein gerötetes Gesicht bemerkte. Möglicherweise hätte sie sonst einen Arzt gerufen, weil sie befürchtete, er erleide gerade eine Herzattacke.
    Er sah der Estin nach, die die Treppe zu ihrer Haustür hinaufstieg, schaltete das Off-Duty-Schild an und fuhr ein paar Meter weiter bis zu einem Feuerhydranten, wo er rechts an den Straßenrand bog und anhielt. Er brauchte eine kleine Verschnaufpause. Zum Glück lag unter dem Sitz sein Fläschchen Wodka bereit. Er vergewisserte sich, daß ihn niemand beobachtete, und nahm einen schnellen, kräftigen Schluck. Genüßlich ließ er den feurigen Schnaps seine Kehle hinunterrinnen. Es war ein herrliches und beruhigendes Gefühl. Das Grauen, das ihn ein paar Sekunden zuvor überwältigen wollte, schwand dahin. Er wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab.
    Daß die Feinmahlanlagen ohne die Schwebstoff-Filter gelaufen waren, hatte weit verheerendere Auswirkungen gehabt als überhaupt vorstellbar. Wie Yuri befürchtet hatte, war eine unsichtbare Wolke aus Anthraxsporen aus der Fabrik ausgetreten und über den südlichen Teil der Stadt geweht, den Teil, in dem sich das Militärgelände und die Keramikfabrik befanden. Hunderte von Menschen atmeten die Anthraxerreger ein und bekamen Lungenmilzbrand. Viele starben, eines der Opfer war Nadya.
    Ihre ersten Symptome waren Fieber und Schmerzen in der Brust. Yuri wußte sofort, was mit ihr los war, hoffte aber, daß er sich irrte. Da man ihn unter Androhung der Todesstrafe zum Schweigen verpflichtet hatte, erzählte er ihr nichts von seinem Verdacht. Sie wurde in ein Spezialkrankenhaus eingewiesen und auf eine Station gebracht, auf der ausschließlich Patienten mit ähnlichen Symptomen lagen. Viele der Kranken waren Soldaten oder Militärbedienstete. Nadyas Zustand verschlechterte sich kontinuierlich und extrem schnell. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden war sie tot. Der KGB startete sofort eine ausgefeilte Desinformationskampagne und setzte das Gerücht in die Welt, die Epidemie

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