Montgomery & Stapleton 04 - Der Experte
von einer Schlaufe zusammengehalten, mitten auf der Vorderseite prangte das Wort Überraschung!
Jason löste die Schlaufe, und plötzlich sprang die Karte in seinen Händen auf. Im gleichen Augenblick katapultierte ein kleiner Schraubenfedermechanismus einen Hauch Staub sowie eine Handvoll winzige Glitzersternchen in die Luft.
Die plötzliche, unerwartete Bewegung ließ Jason zunächst erschrocken hochfahren, und er mußte aufgrund des Staubs ein paarmal niesen. Dann aber konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. In der aufgeklappten Karte stand der Spruch: »Rufen Sie uns an, wir beseitigen den Schmutz!«
Verblüfft schüttelte Jason den Kopf. Wer auch immer sich diese Werbekampagne für den ACME Reinigungsdienst ausgedacht hatte – vor dieser Idee konnte man nur den Hut ziehen. Sie war ohne jeden Zweifel einmalig und originell und mit Sicherheit erfolgreich. Jason wünschte, er könnte die Reinigungsleute von ACME engagieren; doch er brauchte niemanden zum Saubermachen, da sein Vermieter einen Reinigungsdienst bereitstellte.
Er warf die Karte samt Umschlag weg und beugte sich über den Papierkorb, um sich die winzigen Glitzersternchen von seinem Hemd zu klopfen. Dabei kribbelte es ihm erneut in der Nase, und er mußte ein paar weitere Male so heftig niesen, daß ihm Tränen in die Augen traten.
Wie an jedem Freitag machte er früh Feierabend. Er genoß das schöne Herbstwetter und ging zur Grand Central Station, damit er um viertel nach fünf den Pendlerzug erwischte. Eine Dreiviertelstunde später, als er sich gerade seiner Haltestelle näherte, spürte er ein erstes Stechen in der Brust. Als spontane Reaktion schluckte er einmal kräftig, doch das zeigte keine Wirkung. Er räusperte sich, aber auch das brachte nichts. Schließlich klopfte er sich auf die schmerzende Stelle und holte ein paarmal tief Luft.
Die Frau, die im Zug neben ihm saß, ließ ihre Zeitung sinken. »Ist alles okay mit Ihnen?«
»Ja«, erwiderte Jason peinlich berührt. »Kein Problem.« Er fragte sich, ob er an diesem Tag wohl mehr geraucht hatte als sonst.
Am Abend versuchte er das komische Kitzeln in seiner Brust zu ignorieren, doch es ließ einfach nicht nach. Als er sein Essen lustlos auf dem Teller hin- und herschob, merkte auch Helen, daß irgend etwas mit ihm nicht stimmte. Sie saßen in ihrem Stammlokal, einem griechischen Restaurant, in dem sie freitags immer zu Abend aßen. Seitdem ihre einzige Tochter aufs College ging und nicht mehr zu Hause wohnte, aßen sie mindestens einmal die Woche auswärts, meistens bei dem Griechen.
»Ich habe ein komisches Gefühl in der Brust«, gab Jason schließlich zu, als Helen ihn fragte.
»Hoffentlich kriegst du nicht schon wieder die Grippe.«
Obwohl Jason im großen und ganzen gesund war, neigte er wegen seines starken Zigarettenkonsums zu Infektionen der Atemwege, insbesondere zu Grippe. Vor drei Jahren hatte er zudem eine schwere Lungenentzündung durchgemacht.
»Das kann eigentlich nicht sein«, stellte Jason fest. »Es ist doch noch gar keine Grippezeit, oder?«
»Das fragst du mich?« entgegnete Helen. »Keine Ahnung. Aber hat es dich im letzten Jahr nicht auch um diese Zeit erwischt?«
»Das war im November«, korrigierte Jason.
Wieder zu Hause, bestand Helen darauf, Jasons Temperatur zu messen. Er hatte siebenunddreißig Komma fünf, also nur erhöhte Temperatur. Sie überlegten, ob sie ihren Hausarzt Dr. Goldstein anrufen sollten, entschieden sich jedoch dagegen, weil sie ihn nur ungern am Wochenende belästigten.
»Warum muß so etwas ausgerechnet immer am Freitagabend passieren?« beklagte Helen sich.
Jason schlief schlecht. Mitten in der Nacht bekam er Hitzewallungen und schwitzte so heftig, daß es ihn unter die Dusche trieb. Beim Abtrocknen fröstelte er.
»Eins steht fest«, stellte Helen klar, nachdem sie ihren Mann in mehrere Decken gehüllt hatte. »Morgen früh rufen wir sofort bei Dr. Goldstein an.«
»Was soll er schon tun?« entgegnete Jason. »Ich habe die Grippe. Er wird mir raten, zu Hause zu bleiben. Aspirin zu schlucken, viel Flüssigkeit zu mir zu nehmen und mich auszuruhen.«
»Vielleicht verschreibt er dir Antibiotika«, meinte Helen aus Erfahrung.
»Ich habe noch welche vom letzten Jahr«, entgegnete Jason. »Sie liegen im Arzneischrank. Hol sie mir bitte! Ich brauche keinen Arzt.«
Der Samstag war kein guter Tag. Am späten Nachmittag gab Jason zu, daß es ihm trotz Aspirin, Antibiotika und jeder Menge Flüssigkeit definitiv schlechter
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