Montgomery u Stapleton 03 - Chromosom 6
Stimme.
»Ich möchte den Doktor sprechen«, sagte Vinnie. »Mein Name ist Vinnie Dominick.«
Danach war es still. Während Vinnie wartete, verpaßte er mit seinen Gucci-Slippers einem herumliegenden Flaschenverschluß einen kräftigen Tritt. Franco und Angelo behielten die Straße im Auge.
Kurz darauf wurde die Sprechanlage erneut betätigt.
»Hallo, hier ist Dr. Lyons. Kann ich etwas für Sie tun?«
»Ich denke schon«, erwiderte Vinnie. »Ich brauche etwa fünfzehn Minuten von Ihrer kostbaren Zeit.«
»Kenne ich Sie, Mr. Dominick?« fragte Raymond. »Oder können Sie mir sagen, worum es geht?«
»Es geht um einen Gefallen, den ich Ihnen gestern nacht getan habe«, antwortete Vinnie. »Ein gemeinsamer Bekannter hatte mich in Ihrem Namen darum gebeten - ein gewisser Dr. Daniel Levitz.«
Es folgte eine Pause.
»Ich hoffe, Sie sind noch da, Doktor«, meldete sich Vinnie schließlich wieder zu Wort.
»Ja, natürlich«, entgegnete Raymond. Kurz darauf ertönte ein krächzender Summer, woraufhin Vinnie die schwere Tür aufdrückte und eintrat. Seine Begleiter folgten ihm.
»Ich glaube, der gute Doktor ist nicht sonderlich erfreut, uns zu sehen«, witzelte Vinnie, während sie in dem kleinen Fahrstuhl nach oben fuhren. Die drei waren aneinandergequetscht wie Ölsardinen.
Raymond empfing seine Besucher am Fahrstuhl. Er war sichtlich nervös, als er den dreien, nachdem sie sich vorgestellt hatten, die Hände schüttelte. Dann forderte er sie mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen, und führte sie in ein kleines, mit Mahagoni getäfeltes Arbeitszimmer.
»Darf ich ihnen Kaffee anbieten?« fragte Raymond.
»Zu einem Espresso sage ich nicht nein«, erwiderte Vinnie. »Aber nur, wenn es keine Umstände macht.« Franco und Angelo schlossen sich an. Raymond gab die Bestellung durch das Haustelefon weiter.
In dem Augenblick, in dem er seine ungeladenen Gäste erblickt hatte, hatten sich seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Die Männer wirkten auf ihn wie typische Gestalten aus einem schlechten Film. Vinnie war knapp eins achtzig groß; er war ein dunkler, gutaussehender und kräftiger Typ mit nach hinten gestyltem Haar. Offenbar war er der Boß. Seine Begleiter waren beide größer als er und ziemlich hager. Ihre Nasen waren schmal, ihre Lippen dünn, ihre Augen wachsam und tiefliegend. Sie hätten als Brüder durchgehen können, wäre da nicht Angelos Haut gewesen, die die beiden deutlich voneinander unterschied. Raymond fand, daß sie aussah wie die Oberfläche des Mondes.
»Darf ich Ihnen die Mäntel abnehmen?« bot Raymond an.
»Wir haben nicht vor, lange zu bleiben«, erwiderte Vinnie.
»Aber setzen Sie sich doch wenigstens«, forderte Raymond sie auf.
Vinnie ließ sich in einem Ledersessel nieder, Franco und Angelo setzten sich steif auf das samtbezogene Sofa. Raymond nahm an seinem Schreibtisch Platz.
»Was kann ich für Sie tun, meine Herren?« fragte Raymond und bemühte sich, möglichst selbstsicher zu wirken.
»Der Gefallen, den wir Ihnen gestern nacht getan haben, hat uns einige Mühe gekostet«, erwiderte Vinnie. »Wir dachten, Sie würden vielleicht gerne erfahren, wie wir die Sache erledigt haben.«
Raymond lachte einmal laut und freudlos auf und verzog sein Gesicht zu einem schwachen Grinsen. Dann hob er die Hände, als ob er etwas auf ihn Zufliegendes abwehren wolle, und erwiderte: »Das ist nicht nötig. Ich bin sicher, daß Sie…«
»Wir bestehen aber darauf«, fiel Vinnie ihm ins Wort. »Wissen Sie, das zahlt sich geschäftlich aus. Wir wollen schließlich nicht, daß Sie glauben, wir hätten uns nicht alle erdenkliche Mühe gegeben.«
»Daran würde ich keinen Augenblick zweifeln«, entgegnete Raymond.
»Wir wollen eben auf Nummer Sicher gehen«, fuhr Vinnie fort. »Wissen Sie, es ist nicht gerade ein Kinderspiel, einen Toten aus dem Leichenschauhaus verschwinden zu lassen. Die haben nämlich rund um die Uhr geöffnet, und außerdem gibt es da einen uniformierten Wächter, der immerzu aufpaßt.«
»Es ist wirklich nicht nötig, daß Sie mir das alles erzählen«, sagte Raymond. »Eigentlich möchte ich die Details lieber nicht erfahren. Aber ich weiß Ihre Bemühungen wirklich sehr zu schätzen.«
»Seien Sie still, Dr. Lyons, und hören Sie zu!« fuhr Vinnie ihn an. Dann hielt er einen Augenblick inne und ordnete seine Gedanken. »Wir hatten verdammtes Glück, weil Angelo einen Typen namens Vinnie Amendola kennt, der in der Leichenhalle arbeitet. Er schuldete Pauli Cerino
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