Moon
der folgenden Nacht.
Er wachte ängstlich und wie steifgefroren auf. Allein.
Der Schatten des Traums war noch in ihm, ausgebleichte Bilder, die sich nicht schärfer stellen ließen. Da war nur ein schimmerndes Etwas... ein höhnisches Gespenst; er spürte es mehr, als daß er es sah. Es verblaßte, allmählich überwältigt vom Mondlicht, das den Raum durchflutete.
Childes setzte sich im Bett aufrecht und lehnte den Rücken gegen die kühle Wand am Kopfende. Er war starr vor Angst, und diese Angst streichelte ihn mit frostigen Berührungen. Er wußte nicht, warum, konnte den Grund dafür nicht finden.
Draußen, in der finsteren Stille der Silbernacht, stieß eine einsame Möwe einen gequälten Schrei aus.
»Nein, Jeanette , du wirst alles noch einmal von Anfang an überprüfen müssen. Denk daran, der Computer hat keinen eigenen Verstand - er verläßt sich vollkommen auf deinen. Eine falsche Anweisung von dir, und er kommt nicht nur ins Schleudern - er schmollt. Wenn du dann etwas von ihm willst, bekommst du es nicht.«
Childes lächelte zu dem Mädchen hinab, ein wenig ihrer regelmäßigen grundlegenden Fehler überdrüssig, aber andererseits... Ihm war klar, daß die Köpfe der Kinder nicht ausnahmslos auf das rasch voranschreitende technologische Zeitalter eingestimmt waren - ganz gleich, was Zeitungen und Sonntags-Farbbeilagen auch verkündeten. Und... er war nicht mehr in der kommerziellen Computerwelt, er mußte sich an den langsameren Trott angleichen, sich den Kindern anpassen, die er unterrichtete. Manche hatten den Dreh heraus, manche nicht, und er mußte den Schwächeren in ihren Frustrationen helfen.
»Okay, also noch mal zurück auf RETURN. Und diesmal gehst du jede Stufe langsam durch, Schritt für Schritt. Wenn du vor jedem Schritt nachdenkst, kannst du gar nichts falsch machen.«
Ihr Stirnrunzeln verriet ihm, daß sie nicht überzeugt war. Er auch nicht.
Er marschierte weiter, und Jeanette blieb zurück und biß sich auf die Unterlippe und drückte jede Taste mit übertriebener Nachdenklichkeit - als wäre das Ganze eine Sache des Willens; ein Kampf Mädchen gegen Maschine.
»Hey, Kelly, das ist gut.«
Die Vierzehnjährige blickte ihn an und strahlte, und ihre Blicke tauchten ein wenig zu tief in die seinen. Er
schaute beeindruckt auf den Bildschirm.
»Ist das dein Privatkonto?« wollte er wissen.
Sie nickte, den Blick jetzt wieder auf der ComputerAufstellung.
»Sieht so aus, als würdest du mit diesen Ausgaben nicht über die Runden kommen.«
»Oh, das klappt schon, wenn ich den Ausdruck nach Hause schicke. Wenn Dad den Beleg sieht, wird er nachzahlen.«
Childes lachte: Kelly hatte die Möglichkeiten der Mikroelektronik sehr schnell erkannt. Es gab sieben solcher Geräte im Klassenzimmer (das seinerseits ein Anhängsel der naturwissenschaftlichen Abteilung war), und so, wie es aussah, waren alle einer ständigen Beanspruchung unterzogen, selbst wenn er nicht da war und die Aufsicht führte. Er hatte wirklich Glück gehabt, damals, als er hierher gekommen - geflohen - war, denn alle hier ansässigen Colleges (viele davon in privater Hand) brannten darauf, dem Computerzeitalter Tür und Tor zu öffnen - gewisse Herrschaften in den Gremien waren sich sehr wohl der Tatsache bewußt, daß schulgeldzahlende Eltern solches Wissen als einen wesentlichen Teil der Ausbildung ihrer Kinder betrachteten. Bis zu seiner Ankunft auf der Insel war Childes auf freiberuflicher Basis bei einer Firma beschäftigt gewesen, die sich darauf spezialisiert hatte, kommerziellen Unternehmen, großen wie kleinen, auf deren speziellen Bedürfnisse zugeschnittene Computersysteme aufzubauen, sie in Planung und Software zu beraten, passende Programme zu entwickeln, oftmals die Geräte selbst zu installieren und Intensivkurse über deren Funktionen abzuhalten. Zu seinen Aufgaben gehörte es üblicherweise, Unregelmäßigkeiten im System zu beheben, Probleme zu lösen, die sich bei einer anfänglichen Bedienung ständig ergaben, und sein Spürsinn - Intuition nannten es manche -, der vor keinem auch noch so komplizierten System kapitulierte, der jeden auch noch so speziellen Fehler fand, war geradezu unheimlich. Er hatte jede Menge Erfahrung, war hoch bezahlt und wurde von seinen Kollegen sehr respektiert; trotzdem war seine Kündigung für viele von ihnen eine Erleichterung gewesen.
Kelly lächelte ihn an.
»Ich brauche ein neues Programm... damit ich weitermachen kann«, sagte sie.
Childes sah auf seine Uhr.
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