Mordsmöwen
Schleuse vom Schiff stieg, passiert ist. Warum haben Sie ihn nicht abgeholt?«, fragte Malbek.
»Ich hab einen Job als Kellnerin, abends. Er ist allein hierher und wollte sich erst mal ausschlafen. Aber als ich nach Hause kam, war er gar nicht da. Auf dem Handy hat er sich nicht gemeldet.«
»Er war also nicht hier?«
»Nein, er war nicht da. Und er war nicht hier. Es ist aus und –«
»Er war hier«, unterbrach Malbek sie. »Ich habe im Schlafzimmerschrank seinen Seesack gefunden. Sie haben Wäsche darübergeworfen, um ihn zu verstecken.«
»Ja, kann sein, ist doch egal jetzt. Ich bin müde. Sind Sie bald fertig?«
»Warum haben Sie den Seesack versteckt? Vor uns?«
»Ist doch egal. Alles egal jetzt. Ich konnte ihn nicht mehr sehen heute, den Sack, ja, auch er war ein Sack.« Trotzig sah sie die beiden Polizisten an, und im nächsten Moment erschrocken über das, was sie eben gesagt hat. Sie hielt sich die Hand vor den Mund. Für einen Moment schien es, als ob sie sich erbrechen müsste.
Malbek atmete tief durch. »Welche Handynummer hatte er?«, fragte er.
Harder sah seinen Chef genervt an. Lass sie jetzt in Ruhe, hieß das, es reicht doch, und die Handynummer kriegen wir auch so schnell raus. Malbek ignorierte Harders Blick.
»Ich weiß das nicht aus dem Kopf. Müsste in meinem Handy stehen, das liegt hier irgendwo.« Sie fuchtelte mit der Hand herum.
»Wir wissen, dass Ihr Freund mit dem Taxi hierhergefahren ist. Vorher hat er telefoniert. Mit Ihnen?«
»Nein. Außerdem war ich nicht hier, das hab ich Ihnen doch gesagt.«
»Wie lange kannten Sie sich?«
»Eineinhalb Jahre. Ungefähr. Viel zu lange. Ich kann jetzt wirklich nicht mehr, gehen Sie endlich!« Sie stand unsicher auf. Harder sprang auf, fasste sie am Arm. »Nein danke. Es geht schon.«
»Schön. Da haben wir ja Glück gehabt«, sagte Malbek und stand ebenfalls auf. »Es spricht vieles dafür, dass es sich um Ihren Freund handelt, aber um absolute Sicherheit zu haben, müssen wir Sie bitten, ihn zu identifizieren. Ziehen Sie sich etwas über, es ist ziemlich frisch draußen.«
»Nein, nein, das kann ich nicht, ich habe alles gesagt, was ich weiß. Wie sieht er denn aus, ich meine, doch nicht so, wie ich ihn kannte!« Sie schluchzte auf. »Ich kann Ihnen nicht helfen, glauben Sie mir doch …« Sie ließ sich weinend auf das Sofa fallen.
Harder machte eine unauffällige Kopfbewegung, die Malbek sagte: Was soll das? Das steht die nicht durch, und es ist gar nicht nötig.
Er hatte irgendwie recht. In Peters’ Seesack befand sich ein Schreiben von der Seefahrtschule in Rostock über seine nächsten Unterrichtseinheiten. Außerdem könnte jemand von der Reederei oder dem Schiff ihn identifizieren.
»Frau Schneider, ich muss darauf bestehen«, sagte Malbek ungerührt. »Wenn Sie sich zu schlecht fühlen, werde ich einen Arzt rufen.«
»Nein, das ist nicht nötig!« Sie sah Malbek erschrocken an. »Ich geh nur ins Bad und mach mich etwas frisch. Dann wird es schon gehen.«
Als Dörte Schneider im Bad verschwunden war, drückte Malbek Harder die Autoschlüssel in die Hand und sagte mit gedämpfter Stimme: »Ich rufe mir ein Taxi und mache der Reederei meine Aufwartung. Sie beordern in meinem Auftrag eine Kollegin zur Gerichtsmedizin, die Frau Schneider bei der Identifizierung betreut, und fahren in einfühlsamem Fahrstil mit ihr dorthin. Plaudern Sie mit ihr, beleuchten Sie alle Fenster ihres Herzens. Sie haben doch welche, oder?«
»Aber …«
»Es sollte Ihnen nicht schwerfallen, eine einfühlsame Kollegin zu finden. Vielleicht wär das was für unsere Neue aus Schleswig, Kommissarin Hoyer.«
Als sie die Treppe hinuntergingen, öffnete sich die gegenüberliegende Wohnungstür, sie drehten sich um, und eine junge Frau mit blauem Auge sah sie abschätzend vom Treppenabsatz an.
»Von wegen Presse! Das sind die Bullen! Die Schneider hat doch wieder gesponnen!«, rief sie laut in ihre Wohnung.
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