Mountain Bike Boy
welche noch am Besten dran sind.
Philip wollte das ganz andere, das verrückte, hinfliegen, das Flugzeug mit verhungernden Kindern volladen, zurück, irgendwo landen, auf einem Militärflugplatz, die Sanität anrufen, "da sind dreihundert Kinder am verhungern, kommt sofort!" Er hatte die Radikalität des absolut Guten, das keinen Einwand duldet.
Er phantasierte, als ob er von mir Widerrede erwartete, bis ich trotz des Charmes seiner immer noch leicht gebrochenen Stimme und von den blendenden Scheinwerfern im Rückspiegel gereizt, plötzlich die Geduld verlor und sagte, "warum machst du es nicht selbst?"
"Wenn ich das Geld hätte, würde ich es sofort machen!"
Des Themas müde sagte ich, "und was würdest du tun, um an das Geld heranzukommen?"
"Alles!"
"Zum Beispiel?" Plötzlich sah ich eine Perspektive, in Olten suchte ich das beste Haus am Platz und checkte uns ein. Bevor ich das Licht löschte sagte ich zu Philip, "du weisst, dass ich schwul bin, wenn du machst, was ich will, helfe ich dir, das Geld zu organisieren."
"Ok!"
Er schlug die Leintücher zurück, stieg aus seinem Bett und in mein Bett.
Patrick liebend hatte ich Philip geliebt, doch nun, als Philip vor mir lag, zeigte sich, dass er nicht Patrick war, passiver, weil er sich nicht verpflichtet fühlte, Liebe zu heucheln, und orgiastischer, fähig, sich seinem Körper ganz zu ergeben, es war eine Freude, ihn zu lieben, seinen zitternden Körper in den Armen zu halten, völlig auf sich bezogen genoss er, ob es ein Mensch war oder ein Mountain Bike, das ihn befriedigte, war bedeutungslos. Ich existierte nicht.
Die Nacht gehörte er mir, am Morgen forderte er seinen Lohn, Ruanda. Was ihm unvollbringbar geschienen hatte, war zwar mehr als ein paar Telefonanrufe, diejenigen, die vom Helfen leben, schätzen nicht, wen ohne sie geholfen wird, doch dann flog eine alte Gulfstream der Zymex mit Philip an Bord hin- und zurück, die Kinder waren in Trogen, die Mountain Bikes existierten nicht mehr, er war der Motor der Aktion, Helfer gesellten sich zu ihm, Geld kam zusammen, er war nur der Urwille, andere, geeignetere organisierten. Und immer wieder rief er mich an, "willst du dass ich zu dir komme?" und wenn ich "ja" sagte, kam er, und gab sich mir ohne Zurückhaltung hin.
Patrick verhielt sich, als hätte er mir Philip gebracht, als müsste Philip ihm zugerechnet werden. Patrick lebte in meiner Wohnung. Wenn er fühlte, dass es mir schmeicheln würde, wenn er vor Dritten meinen Freund mimte, so war er mein Freund; schien ihm, dass er im Weg war, so verschwand er in seinem Zimmer. Eifersucht schien er nicht zu kennen, mehr als ein gepflegter Mätress wollte er nicht sein.
Bald wohnten beide bei mir. Patrick mit den Büchern und Papieren für seine Prüfungen. Er hasste, beim Lernen beobachtet zu werden, und wollte doch gute Noten, wie Zürichbergdamen, die nie dabei gesehen werden wollen, und doch manisch haushalten, studierte er gewissenhaft, es liess sich nicht vermeiden, Vorlesungen zu besuchen, Bücher zu lesen, Arbeiten zu schreiben, doch versteckte er Bücher und Hefte in seinem Kleiderschrank, besuchte die Vorlesungen als wäre er zufällig, aus einer Laune heraus, in die Universität geraten, und wich jeder Unterhaltung über Studententhemen aus. War er sechs Stunden in der Uni gewesen, und hatte dann noch etwas Tennis gespielt, wollte er nur über Tennis sprechen, die Professoren und Kommilitonen waren ihm so zuwider, dass er nicht einmal abfällig über sie sprechen mochte.
Patrick hatte nur Ruanda im Kopf, er war zum Motor und Maskottchen einer Organisation wie viele andere geworden und ahnte es, einer jener unanzweifelbaren Exponenten des Guten, welche die Briefköpfe der NGO zieren, und am Liebsten in besonderer, wichtiger, Mission fern des HQ gesehen werden, wo sie mit ihrer unanzweifelbaren, doch amateurhaften Güte nur die Kreise der gut-entlöhnten Gutmenschen stören.
Ohne, dass wir das diskutiert hätten, fühlte er sich verpflichtet, bei mir zu sein, er schien sich als mein Besitz zu betrachten und bat mich für jede Abwesenheit um Erlaubnis, welchen Vers sich seine NGO-Leute darauf machten, dass Patrick und er bei mir wohnten, kümmerte ihn nicht.
Ich hatte nie erwartet, dass Philip mich lieben würde. Ich hatte ihn wie ein Kunstwerk erworben, eine Steigerung von Patrick, schöne junge Männer um mich zu haben, gefiel mir, sich geliebt zu glauben, war so unsinnig, wie die lächerliche Vorstellung gewisser Hotelgäste, dass das
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