Mountain Bike Boy
schien ihn nicht zu stören, sein flacher gut bemuskelter Rücken war so schmerzhaft schön, wie eine jener Plastiken von Rodin, bei denen man zwar ahnt, aber es nicht kontrollieren kann, dass ihre Sinnlichkeit unser Urteil koloriert.
Ich wiederholte, "komm doch mit uns auf den See!" hoffend, ihn auf Deck nass und liegend zu sehen, wie er sich an Bord zog, beim Springen, doch er antwortete nicht, auch nicht, als meine Hand, mit einer Bewegung, die ich weder vorhatte, noch ausführen wollte, meinem Charakter und Verhalten in nichts entspricht, seinen Kopf berührte und ihm über die kurzgeschnittenen Haare strich. Ich beobachtete meine Hand, eine unbestimmte Katastrophe befürchtend, dass Philip mich beschimpfte, und Patrick uns überraschte, doch Philip drehte seinen Kopf in meine Hand und blickte mich lächelnd an, ohne Erstaunen, aber auch ohne jede Spur schwuler Komplizenschaft oder Begierde.
Ich liess ab, um das Glück nicht zu herauszufordern, dann kam Patrick, wir verbrachten den Nachmittag auf dem See, den Abend mit gutem Essen, einem Film und danach suchten meine Augen, Lippen und Finger in Patricks Körper Spuren der Schönheit seine Bruders; es war leicht in Patrick Philip zu lieben, sie waren sich ähnlich genug, doch Patrick war nicht Philip, seine Lippen hatten nicht Patricks fleischige Sinnlichkeit, seine Brustwarzen nicht jenes Zusammenfliessen von Sommerbräune über jungen Muskeln in einen Kreis kaum dunklerer Erregung. Ich hatte mich verliebt.
Die nächsten Nächte verbrachte ich mit Patrick. Nur wenn ich ihn umarmen konnte, war die Verliebtheit in Philip erträglich, doch Patricks Nacken erinnerte nur mich an jenen anderen Nacken, den ich begehrte. Patricks Rücken, seine Arme, seine Haut befriedigten mich nicht, sondern steigerten meinen Wunsch, Philips Körper zu besitzen.
Meine Mutter lehrte mich erstens, dass Stil alles ist; meine Homosexualität beunruhigte sie wenig, sie fürchtete nur, dass ich, weil ich schwul war, irgendwelche Kompromisse eingehen würde, mich mit dem Zweitbesten zufrieden geben könnte. Manieren und Stil waren alles, dass Adolf Hitler ein schlechter Maler, dass ein Kardinal vorzog, auf ihrer Terrasse Champagner zu trinken, statt in gläubigerem Haus die Geräte aus jenem Fisch zu sezieren, den die Religion vorschrieb, bewies ihr, dass sie recht hatte. Und zweitens, dass die einzigen Sünden, die wir wirklich bereuen, die sind, die wir nicht begangen haben.
Ich legte deshalb in meinem Büro die Füsse auf den Tisch und fragte mich, wie ich Philip bekommen könnte. Dass er meine Sympathie erwidern würde, lohnte sich nicht zu hoffen, ich wusste von Patrick, dass er sich ausser für Mountain Bikes für niemanden und nichts interessierte. Patricks Geheimnis war, dass er sich prostituieren wollte, sich gerne hingab, dankbar, dass das Schlechte, was er brauchte um die Langeweile des mittelmässigen Guten zu brechen, so angenehm war. Schwule junge Männern interessierten ihn kaum, er schien auf dem Boot mehr zu geniessen, dass sie ihn beneideten, als dass er sie begehrte. Wenn sich zwischen zwei oder drei etwas zu entwickeln begann, woran er teilnehmen könnte, und ich ihn ermutigte, verfiel er in eine laszive Trance, bereit berührt zu werden, zu träge zu berühren.
Patrick liebte befriedigt und beschenkt zu werden, doch motivierten ihn weder künftige Befriedigung noch kommende Geschenke. Er wollte sich an meiner Seite treiben lassen, gleichgültig wohin, solange es weg war von der Enge seines mittelständischen Elternhauses, der sicheren Berechenbarkeit des "programmierten Lebens". Patrick liess sich nicht belohnen, auf Versprechungen reagierte er mit ärgerlicher Ablehnung, er wollte beschenkt werden, und gab sich dafür hin.
Philip direkt anzusprechen schien hoffnungslos, vermutlich würde er mich gar nicht hören, oder es würde den Eltern zu Ohren kommen; ich dachte daran, einen jungen Rechtsanwalt einzuschalten, jeder geht durch eine Phase, wo er noch glaubt, alles tun zu müssen, um sich einen Kundenstamm aufzubauen, wo noch das Abenteuer lockt, doch die Chance war gross, dass er es ungeschickter anstellen würde als ich selbst, oder sich überhaupt nur eine Menge guter Gründe ausdenken würde, wieso ich Philip vergessen sollte, als brauchte ich solchen Rat.
Nach zehn Tagen organisierte ich, dass ich zufällig Philip noch einmal sehen konnte, um mich zu vergewissern, ob ich nicht einem Phantom nachjagte, nein, er war so schön, geil, sinnlich, verführerisch,
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