Nachhaltig tot (German Edition)
stimmt. Ich musste den Termin verschieben. Ich habe etwas Falsches gegessen und hänge schon den ganzen Abend über über der Kloschüssel.“
„Ich sag’ dir doch immer, hör auf in diese Bioläden zu rennen und iss mal was Anständiges“, Jannis’ Schadenfreude war nicht zu überhören. „Natürlich ärgerlich, dass die Veranstaltung nicht stattgefunden hat. Gibt es schon einen Ersatztermin?“
„Ich kläre das, wenn ich wieder fit bin. Sorry, Chef, es geht schon wieder los. Ich lege jetzt besser auf.“
Die Leitung wurde unterbrochen. Jannis öffnete ein Fenster in seinem Büro und schaute hinunter auf die Straße. Hatte er da nicht gerade Till um die Ecke biegen sehen? Er war sich nicht sicher. Doch der Gedanke war unangenehm. Jannis legte sich aufs Ohr. Im nächsten Moment war er schon eingeschlafen.
Auch Klaus Södermann schlief den Schlaf der Gerechten. Er war in einen komatösen Tiefschlaf gefallen. Das Handy hatte er ausgeschaltet. Er wollte kein Risiko mehr eingehen. Wie konnte er auch auf die Idee kommen, dass jemand mitten in der Nacht an seiner Wohnungstür Sturm klingelte? Södermann drückte sich ein Kissen aufs Ohr. Schließlich quälte er sich aus dem Bett. Fast noch im Tiefschlaf schlurfte Södermann zur Tür. Doch da war niemand. Keine Chefin stürmte herein. Der Flur war leer.
„Chefin, Sie sind ein Albtraum. Ich werde schon zum Schlafwandler“, murmelte Södermann und ging zurück ins Bett.
Schweißgebadet wachte er in den frühen Morgenstunden auf und saß schon früh hinter seinem Schreibtisch. Die DNA-Analyse lag vor. Der Mann blieb aber unbekannt. Nun mussten sie auf eine Vermisstenanzeige warten.
Die SolarQPlus-Geschichte war dagegen vielversprechend. Als Fondsgründer war ein gewisser Jannis Mühlenberg eingetragen. Er suchte im Internet nach Fotos und erkannte schnell den Mann wieder, der gestern mit der Chefin geturtelt hatte. Mit etwas Glück hatte er einen richtig dicken Fisch an der Angel.
Langsam trudelten die Kollegen ein, Södermann holte sich Kaffee und beschloss, dass er sein Telefongespräch nun lange genug hinausgeschoben hatte.
Zwei Anzeigen wegen Anlagebetrugs nahm er sich vor. Er wählte die erste Nummer und erreichte einen pensionierten Oberstudienrat, der einen Großteil seines Ersparten in SolarQPlus angelegt hatte. Aus Überzeugung habe er sein Geld in Solarenergie investiert. Seit drei Jahren erhielt er jährlich seine Anteile an den Erträgen. Das sei nicht das Problem. Doch als er vor Kurzem auf einer Reise durch Ostdeutschland die riesige Fotovoltaikanlage von SolarQPlus besichtigen wollte, war er nicht fündig geworden.
Er hatte die Firma angeschrieben, aber nur die Auskunft erhalten, das Projekt habe sich verzögert, stattdessen sei sein Geld in eine Anlage in Bayern geflossen. Die Erträge seien weiterhin gut, er solle sich keine Sorgen machen. Den Fonds hatte er bei einer Umweltmesse kennengelernt und später einen fünfstelligen Betrag investiert.
Der zweite Anruf lief ähnlich ab. Södermann machte sich Notizen, verabredete einen Termin am Nachmittag.
„Immer diese Gutmenschen“, schimpfte Södermann nach dem Gespräch. Hinterher saßen weinende Gutgläubige bei ihm im Büro. Er malte es sich schon aus.
„Überzeugung allein schützt nicht vor Betrug, Leute. Wann kapiert ihr das endlich?“ Södermann schüttelte den Kopf. „Zu blöd, dass ich dem Jungen nichts nachweisen kann.“
Vielleicht konnte die Chefin dazu einen Beitrag leisten. Södermann stand auf und ging zu ihrem Büro.
Charlotte war früh aufgestanden. Die Unruhe hatte sie aus dem Bett getrieben. Ebenso wie Södermann hatte sie im Internet über SolarQPlus recherchiert. Jannis war der Fondsgründer. Der Fonds wurde als sehr gut bewertet, allerdings von unbekannten Ratingagenturen, die vermutlich für Geld jede Qualität bestätigten. In solche Gedanken war sie vertieft, als es an der Tür klopfte. Södermann stiefelte herein. Er legte ihr ohne Worte zwei Anzeigen gegen SolarQPlus auf den Tisch.
„Ich kann nichts beweisen“, sagte Södermann, „aber der Verdacht auf Anlagebetrug im großen Stil ist nicht unbegründet. Sagt Ihnen der Name Jannis Mühlenberg etwas?“ Er legte ein großes Foto auf die Unterlagen, das er aus dem Internet ausgedruckt hatte. Genüsslich beobachtete er die Reaktion … Charlotte Himbert zuckte zusammen.
„Klar kenn’ ich den. Seit zwei Tagen. Er hat mich in einem Möbelgeschäft angesprochen. Ich hielt ihn zunächst für den Verkäufer.
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