Nacht Der Begierde
zu strecken, aber mein geheimnisvoller Bewacher hatte mich fest im Griff.
«Würden Sie mich wohl bitte loslassen?» Jetzt, wo ich wach war, legte ich doch Wert auf ein bisschen individuelle Bewegungsfreiheit. Und außerdem wollte ich gern wissen, wer er war und wie er hier hereingekommen war.
«Damit du wieder zuschlagen und mir den Kiefer brechen kannst? Nein.»
Er
war
sauer. Aber wenn mein Schlag ihn so hart getroffen hätte, könnte er jetzt nicht mehr reden, also war er offenbar nicht verletzt. «Haben wir miteinander gekämpft?», fragte ich.
«Du hast gekämpft. Ich habe mich nur verteidigt.» Sein Griff wurde fester, als ob er mich wortlos warnen wollte, dass er nicht so schnell nachgeben würde.
Ich vermutete, dass er während einem meiner nächtlichen Anfälle hereingekommen war, und ich hatte mit ihm gekämpft, ohne aufzuwachen. «Das ist schließlich meine Wohnung, und ich habe Sie nicht eingeladen», merkte ich an.
«Wie gut, dass ich kein Vampir bin», antwortete meinungebetener Gast. «Ich hatte allerdings das Gefühl, dass du geschrien hast, weil du ein Problem hattest, also habe ich nicht lange um Erlaubnis gefragt.»
Ich wollte ihn fragen, ob Zach ihn geschickt hatte, um ein Auge auf mich zu haben. Nicht dass ich ihn dann automatisch als jemanden betrachtet hätte, der zu den Guten gehört, aber es würde immerhin bedeuten, dass er nicht zu den Panthern gehörte. Wer immer sie auch sein mochten. Ich fragte aber gar nicht erst, weil er, wenn er zur anderen Seite gehörte, nur noch ärgerlicher werden würde, wenn ich Zach erwähnte. Und es dann an mir auslassen würde.
Also schwieg ich und spürte, wie die Spannung stieg, bis sich mir buchstäblich die Nackenhaare aufstellten. Mit jeder Sekunde schien mein Herz schneller zu schlagen, und ich hatte Mühe, meinen Atem unter Kontrolle zu behalten. Ich bemühte mich, langsam zu atmen und damit eine gewisse äußere Ruhe vorzutäuschen.
Nach einer Zeit, die mir wie eine Ewigkeit vorgekommen war, aber kaum länger als eine Minute gedauert haben konnte, stieß er einen knurrenden Laut aus, der mich hätte erstarren lassen, wenn ich nicht ohnehin schon wie gelähmt gewesen wäre. «Ich werde dir nichts tun.»
«Gut.» Meine angespannte Stimme drückte genau das aus, was ich dachte.
Es klang wie ein unterschwelliges Kompliment.
«Trotzdem werde ich dich nicht loslassen. Du kämpfst mit allen Tricks.»
«Kenpo», sagte ich. «Der Kampf ist beendet, wenn dein Gegner sich nicht mehr wehren kann.»
«Sehr klug.» Seine Zustimmung verwunderte mich.
Ich fragte mich, wie lange wir so wohl noch verharren würden. Wir sahen fast aus wie die Parodie zweier Liebender, die in Löffelstellung liegen. Ich glaubte jedoch nicht, dass ich mich losreißen könnte und so lange freibliebe, bis es mir gelungen wäre, die 911 zu wählen. Und selbst dann hätte er mich schon vor Beendigung des Anrufs wieder in seiner Gewalt, also lange, bevor Hilfe einträfe.
Ich hoffte also, dass er wirklich nur da war, um auf mich aufzupassen. Sonst hätte er mich längst gefesselt, meine Goldfische gestohlen oder mich umgebracht.
Vielleicht konnte man mit ihm verhandeln. «Sie können mich jetzt loslassen. Ich verspreche, dass ich Sie nicht schlagen werde.»
Außer, wenn Sie es verdient haben.
Er antwortete nicht. Ich versuchte, mich aus seiner Umklammerung zu befreien, und sein Griff wurde noch fester.
«Der ganze Tag heute war schon so merkwürdig», sagte ich. «Warum sagen Sie mir nicht, was Sie von mir wollen?»
«Was könnte ich wohl wollen?» Seine tiefe, heisere Stimme bekam einen seltsamen Klang. Er ließ nicht locker, und er bewegte sich nicht, aber irgendetwas hatte sich plötzlich verändert. Das Wort «wollen» echote in meinem Kopf, und seine Bedeutung wurde mir mit jeder Wiederholung klarer.
Mein Herzschlag wurde noch lauter. Ich wünschte, ich hätte meinen verdammten Mund gehalten.
«Jetzt hast du Angst.» Er schien das komisch zu finden.
Na, super. Allein mit einem sadistisch veranlagten Unbekannten. Der mich umklammert hielt. Auf meinem Bett.
«Was ich will, ist ein Kuss.» Seine Stimme klang finster wie die Nacht. Ich schluckte, viel zu vernehmlich.
«Du hast Zach geküsst. Deshalb ist das nur fair.» Seine Stimme kroch über meinen Rücken abwärts und zog eine Welle der Anspannung hinter sich her.
«Er hat mich geküsst», korrigierte ich ihn gepresst. Und woher, zum Teufel, wusste er das?
Ich bemerkte etwas Vertrautes, den durchdringenden Geruch
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