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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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harte Arbeit, wieder und wieder. Plain hatte eine Farbskala und einen Ablaufplan im Kopf. Er wusste genau, was das Endresultat sein musste, und er ließ nicht locker, bis es erreicht war. Zerriss Alie’es T-Shirt, legte eine Brust ganz frei. Clark sah sich das, mit dem zischenden Schweißbrenner in der Hand, aus dem Hintergrund an, und sein stupides Zementblockgesicht verzerrte sich beim Anblick des halbnackten Frauenkörpers. Lynn und Lil beobachteten die Szene von ihrem Platz hinter den Scheinwerfern: »Die werden doch nicht etwa eine Porno-Aufnahme machen …?«
    Als sie schließlich fertig waren, sammelte Jax die diversen Taschen mit Alie’es Kleidungsstücken ein, und einer von Plains Assistenten führte Alie’e zu der für sie angemieteten Lincoln-Limousine. Auf dem Rücksitz lag ihre Handtasche mit dem Kokainbriefchen. Sie holte mit dem Fingernagel eine kleine Prise heraus und inhalierte sie in die Nase.
    »Was hältst du von diesem Clark?«, fragte der Assistent.
    Alie’e, die die Augen geschlossen hatte, um den Rush besser genießen zu können, öffnete die Augen wieder, legte den Kopf schief und dachte nach. »Er wär nicht schlecht für zwischendurch mal«, sagte sie dann.
    »Ich will darauf hinaus, dass es aussah, als ob er sich bei der letzten Szene eine dicke Zucchini in die Hose gesteckt hätte.«
    Alie’e verzog das Gesicht zu einem matten, vom Koks gedämpften Lächeln. »Dann muss die Szene gut gelungen sein«, sagte sie.
     
     
    Dieter Kopp hatte es ebenfalls gesehen; Plain auch.
    »Ich hatte Angst, es würde mir durch die Lappen gehen«, lachte Plain und strich die Haare aus den Augen. »Ich war da drüben und fuhrwerkte mit dem Spot rum, versuchte, ein bisschen gutes Licht auf ihn zu kriegen, in der Hoffnung, er würde nicht merken, was ich tue, hoffte, die Zucchini würde nicht abschlaffen.«
    »Nicht für die amerikanischen Magazine geeignet, nehme ich an«, sagte Kopp. Aber es war eine Frage.
    »Oh, ich denke doch«, sagte Plain. »Man darf natürlich nichts darüber sagen . Man darf es auch nicht zu offensichtlich machen. Aber mit ein bisschen Arbeit am Computer kann man es deutlicher oder diskreter machen. Wir bringen es jedenfalls rein ins Bild. Und die Leute werden es erkennen …«
    Kopp strich sich über das Bürstenhaar, ließ sein dünnes, hartes Grinsen aufflackern. Zu einer anderen Zeit hätte er, statt Damenunterwäsche zu verkaufen, sicherlich mit Begeisterung einen Kampfpanzer nach Russland gesteuert. Aber das war damals, und heute war heute. Er war Verkäufer von Damenunterwäsche.
    Am Abend trafen sich alle bei der Party in Silly Hansons Haus: Alie’e, Jax, Plain, Kopp, Corbeau, die Fotoassistenten, Alie’es Eltern, auch Clark, der Schweißer. Alie’e sah geradezu spektakulär aus. Sie trug das grüne Kleid von den Aufnahmen, redete meistens mit Jael Corbeau und Catherine Kinsley, der reichen Erbin, und die drei Frauen wirkten wie die drei miteinander kungelnden Schicksalsgöttinnen auf den Renaissance-Gemälden.
    Techno-Pop dröhnte aus kleinen schwarzen Lautsprechern in Silly Hansons Wohnräumen, und Fotos von Alie’e zuckten über große flache Bildschirme. Die Leute tanzten und schwitzten und tranken Martinis und Rob Roys und kamen und
gingen …
    Silly selbst betrank sich und geriet in engsten physischen Kontakt mit Kopp, der blaue Flecke auf ihren Brüsten und dem Hintern zurückließ. Ein berüchtigter Spielertyp driftete durch die Menge und stieß auf einen Undercover-Cop, der sehr erstaunt war, ihn zu sehen.
    Und auch der Killer war da. Stand in einer Ecke, beobachtete die Szene …

2
     
     
     
    Lucas Davenport stand an diesem Morgen um fünf Uhr auf, lange vor der Zeit, zu der die Sonne über den Baumwipfeln aufstieg. Er aß eine Schale Hafergrütze, trank eine Tasse Kaffee, füllte den Rest des Kaffees in eine Thermosflasche und fuhr los nach Hayward. Sein Freund hatte das Boot bereits verladen. Lucas ließ seinen Tahoe am Straßenrand stehen, und sie fuhren zusammen im Wagen des Freundes zum letzten Hechtfang-Trip in diesem Jahr an den Round Lake.
    Kaltes Wetter; kein Wind, aber kalt. Sie mussten sich am Steg erst einmal durch eine fast einen Zentimeter dicke und knapp fünf Meter in den See ragende Eisschicht arbeiten. Bald würde das Eis knapp drei Zentimeter dick sein und den See in einer Breite von zwanzig bis dreißig Metern umschließen. Überall entlang der um den See führenden Landstraße zerrten begeisterte Angler in Vorbereitung auf den Winter

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