Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nadelstiche

Nadelstiche

Titel: Nadelstiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baden & Kenney
Vom Netzwerk:
ist ein flüchtiger Häftling, der eigentlich in dieser Wohnung sein sollte, es aber nicht ist, und die Tür steht sperrangelweit auf, und würden Sie bitte jemanden herschicken?« O ja, die würden jemanden herschicken – zwei Pfleger von der psychiatrischen Abteilung im Kings County Hospital mit einer dicken fetten Beruhigungsspritze.
    Sollte sie einfach reingehen und die Wohnung absuchen? Nein, das erinnerte sie zu sehr an diese Teenager-Horrorfilme, in denen das Mädchen Geräusche im Keller hört und allein runtergeht, um nachzusehen, obwohl sie weiß, dass ein irrer Killer frei rumläuft. Selten blöd.
    Plötzlich hörte Manny laute Stimmen durch die Wand, aber sie klangen keineswegs zornig. Sie lauschte. Eine Frauenstimme: »Willst du Suppe?« Ein Mann: »Jetzt nicht. Später vielleicht.«
    »Okay, später, du mir sagst Bescheid, Prinz.«
    Sie sog die Luft ein. Der Geruch versetzte sie zurück in die Küche ihrer Eltern in Red Bank. Pasta fagioli, ganz eindeutig. Sie könnte sich mit den Leuten in 4D anfreunden.
    Sie klopfte an die Tür und hörte nahende Schritte.
    »Wer kann sein?«, murmelte drinnen die Frau.
    Manny stellte sich vor den Spion, lächelte und winkte wie Queen Elizabeth. Die Tür öffnete sich einen Spalt, mit vorgelegter Kette, und ein dunkles Auge spähte heraus.
    »Guten Tag! Könnten Sie mir vielleicht helfen? Ich suche nach den Nachbarn in der Wohnung nebenan.«
    »Maria mit-e die Kinder? Die sind-e ausgezogen letztes Monat. Kaufen Haus in Jersey.«
    »Nein, nicht Maria. Die Leute, die jetzt drin wohnen.«
    »Wohnt-e keiner da. Vermieter will erst schön machen, dann Miete wird teurer.«
    Manny entspannte sich ein wenig. Mrs Castigliore sprach mit demselben Akzent wie Mannys geliebte Großmutter Adeline. Ja, vielleicht war das die Erklärung für die offene Tür – das Kommen und Gehen von Handwerkern. »Ach so, ich hab mich nur gewundert, weil die Tür auf ist.«
    Jetzt öffnete die Frau aus 4D die Tür und kam mit ihren blauen gesteppten Pantoffeln in den Hausflur geschlurft, um dieser Ungehörigkeit in ihrem Gebäude nachzugehen. »Das nix gut-e. Ich rufe Hausmeister.«
    »Gute Idee.«
    Manny nutzte die endlosen Minuten des Wartens auf den Hausmeister, um die Bekanntschaft mit Mrs Castigliore aus 4D zu vertiefen. Komplimente zum Aroma ihrer Suppe brachten die alte Lady ins Plaudern. In ihrem Alter freute sie sich über jede Gelegenheit, mit irgendwem über irgendwas zu reden, und kümmerte sich nicht weiter um die Gründe, warum sie gefragt wurde.
    Ja, in den letzten Tagen hatte sie die Tür von 4E ein paarmal auf- und zugehen hören. Sie hatte angenommen, es waren Handwerker. Nein, sie hatte sie nicht wirklich gesehen. Moment, doch, einmal hatte sie einen Mann gesehen, der hineinging. Ja, ein junger Mann. O nein, nicht achtzehn, eher dreißig, fünfunddreißig. Nein, sie hatte keine Stimmen gehört – überhaupt kein Geräusch.
    Dann kam der Hausmeister, ein kleiner Latino mit einem vollen dunklen Haarschopf und dem obligatorischen dicken Schlüsselbund. Obwohl Mrs C ihn angerufen hatte, um ihm zu sagen, dass die Tür auf war, blieb er vor der Wohnung stehen, legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen, offensichtlich höchst verwundert, dass die Tür tatsächlich offen stand. Mannys Unbehagen kehrte zurück.
    »Ist in den letzten Tagen hier gearbeitet worden?«
    »Nein, noch keine Männer da. Boss sagt, sie kommen miércoles, Mittwoch.« Vorsichtig trat der Hausmeister in die Wohnung. Manny und Mrs C folgten hinterdrein. Manny hatte sich eine Geschichte zurechtgelegt – ihre Schwester wolle nach New York ziehen und brauche eine Wohnung –, aber niemand dachte daran, sie zu fragen, warum sie hier war.
    Durch die Wohnungstür trat man direkt in ein großes Wohnzimmer. Kratzer auf dem Fußboden ließen erkennen, wo die Möbel gestanden hatten, aber der Raum war leer bis auf einen Kinderball, aus dem zur Hälfte die Luft entwichen war. Im Gänsemarsch gingen sie durch den Raum in einen Flur, der zu den Schlafzimmern führte. Im Holzrahmen der Tür zum ersten Schlafzimmer waren tiefer Kratzer. Der Hausmeister schüttelte den Kopf und murmelte: »El gato.« Im Innern des Raumes lag ein zusammengeknüllter Schlafsack.
    »Hat Maria den hiergelassen?«, fragte Manny.
    Mrs C schüttelte den Kopf. »An dem Tag, als sie ist-e ausgezogen, ich hier war, um zu sagen Auf Wiedersehen. Sie hat-e überall nachgesehen, jedes Zimmer. Sie nix hiergelassen.«
    Sie blickten ins Bad – ein

Weitere Kostenlose Bücher