Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
...?«
»Später nachkommen«, wiederholte Nathan. »Auf meine Art. Sobald ihr in dem Heim in Radujevac seid ...«
Nach einem Augenblick des Schweigens sagte Trask: »Auf deine Art ...« So wie er die Worte flüsterte, klangen sie wie ein Seufzen. Und in diesem Augenblick wurde beiden Männern klar, wie sehr der Ältere den Jüngeren beneidete. Doch dann wollte Trask, womöglich in dem Versuch, dies zu verbergen, wissen: »Fällt es dir mittlerweile so leicht?«
»Es wird immer leichter, ja.«
»Für Harry war es immer wie ein kurzer Spaziergang oder einmal Atem holen. Aber er hatte Übung darin.«
»Und die bekomme ich gerade.«
»Du ... du hast Zek auf diese Weise hierher gebracht. Ich meine gestern.«
Trask hatte jede Menge Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Die Vorstellung sollte mittlerweile ein alter Hut für ihn sein, aber dem war nicht so. Er würde sich wohl niemals daran gewöhnen. »Du hast sie einfach, nun, von Zakynthos hierher gebracht.«
»Stimmt, das habe ich getan!« Das war keine Angeberei; auch für Nathan war all dies im Großen und Ganzen noch ein Rätsel, und er bestätigte lediglich eine keineswegs simple Tatsache. Und auch ohne seine telepathischen Kräfte einzusetzen, wusste er irgendwie, was in Trask vorging und was als Nächstes kommen würde.
»Mein Junge, glaubst du ...«, begann Trask und wand sich ein bisschen auf seinem Stuhl. Er hatte alles gerne eindeutig und hasste es, um den heißen Brei herumzureden. Vielleicht war hier sein Talent in umgekehrter Weise am Werk. »... ich meine, damals hat dein Vater eine ganze Menge Leute über die Möbiusroute mitgenommen. Mir ist das alles vollkommen fremd, eine Erfahrung, die ich wohl niemals machen werde ... oder was meinst du dazu?«
»Mir ist das auch alles noch vollkommen neu«, erwiderte Nathan. »Aber es hat einen gewissen Reiz, man könnte sogar süchtig danach werden. Möchtest du es mal versuchen?«
»Ich ... ich weiß nicht recht.« Trask setzte zu einem Kopfschütteln an, doch dann hielt er inne und nickte. »Ja, den Versuch ist es wert. Es könnte sehr wohl meine einzige Gelegenheit dazu sein.«
»Und vertraust du mir auch?«
Diesmal entgegnete Trask, ohne zu zögern: »Ja, natürlich. Aber das weißt du doch!«
Nathan zuckte die Achseln und lächelte erneut. »So sei es«, sagte er.
Und so kam es auch ...
*
Nathan schlief. Trask dagegen konnte vor lauter Aufregung nichts anderes tun, als an seinem Schreibtisch zu sitzen, Papiere hin und her zu schieben und zu versuchen, nicht an das zu denken, was ihn in nur wenigen Stunden erwartete. Denn wenn er länger darüber nachdachte ... würde er seine Arbeit überhaupt nicht auf die Reihe kriegen, so viel war ihm klar! Trask war schon an einigen merkwürdigen Orten gewesen und hatte viel Merkwürdiges, ja, Unheimliches erlebt. Doch dies hier hieß, sich an einen Ort vorzuwagen, den bisher lediglich eine Hand voll Menschen kennen gelernt hatte, an einen Ort, der außerhalb der Fieberträume von Physiktheoretikern und abstrusen Mathematikern gar nicht existieren durfte. Das Möbiuskontinuum! Allein der Gedanke daran ... brachte ihn wieder ins Träumen, und er verlor sich in wirren Fantasien. Aber es waren lediglich Fantasien, mehr nicht, denn er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie es wirklich sein würde.
Zu guter Letzt schob er den Papierkram beiseite und ging in die Einsatzzentrale. Von hier aus wollten sie nach Rumänien aufbrechen. Im Moment war der Raum leer; aber in etwa drei Stunden ...
... würden sie alle hier versammelt sein, das gesamte E-Dezernat, mit Anna Marie English als einziger Ausnahme. Die Ökopathin arbeitete seit einigen Monaten mit den Kindern in dem Heim in Rumänien, gleichzeitig bereitete sie dabei alles für Nathan vor. Selbst der Zuständige Minister würde anwesend sein, denn dies war etwas, was auch er noch nie gesehen hatte.
Doch Ben Trask hatte es bereits gesehen, und zwar noch vor Nathans Zeit: damals in Harry Keoghs Haus unweit von Bonnyrigg, seiner »letzten Zuflucht« auf Erden, als die Tage des Necroscopen in dieser Welt gezählt waren. Trask hatte zugesehen, wie Harry sich vor seinen Augen in einen Vampir verwandelte – war Zeuge der unheimlichen Metamorphose geworden – und manchmal hatte er immer noch Albträume deswegen. Doch was das Möbiuskontinuum anging: Dies war etwas, was man nicht sehen konnte, es sei denn, man war derjenige, der es heraufbeschwor. Mit Gewissheit jedoch konnte man seine Auswirkungen
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