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Neva: Tag der Befreiung

Neva: Tag der Befreiung

Titel: Neva: Tag der Befreiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Grant
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ganzen Gewicht gegen ihn.
    »Jill«, flüstert er ihr ins Ohr.
    Sie erstarrt und sieht ihm ins Gesicht. »Jack?«
    Er braucht einen Moment, um auf den Namen zu reagieren. Es ist nicht sein richtiger Name, er verwendet ihn nur. Seinen richtigen hat er schon vor Jahren abgelegt. Das ist sicherer für die, die er zurücklassen musste. Dennoch bedauert er, dass Jack keine Familie oder Vergangenheit hat: Er ist mehr Geist denn Mensch.
    »Wehr dich weiter gegen mich. Es muss echt aussehen«, sagt er und zieht sie aufs Farmhaus zu. Beide werfen einen Blick zurück zu dem Officer, der nun Rich und Carley nachläuft.
    »Oh, Jack, es tut mir so leid«, flüstert sie und versucht, ihn anzusehen.
    »Halt die Klappe«, schnauzt er sie an, ganz die Rolle, die er spielt. Er zerrt an ihren Handgelenken, so dass sie stolpert, presst sich aber fast sofort gegen sie, damit sie sich fangen kann. »Ich weiß. Schon gut«, flüstert er.
    Er konzentriert sich darauf, seinen Schritten Gewicht zu verleihen und marschiert, statt zu gehen. Er hat die Schatten genau studiert, wie sie ihre Nasen heben, als könnten sie den Gestank des Verfalls nicht ertragen. Sie bewegen sich, als wären sie wütend auf alles und jeden. Die Erde unter ihren Stiefeln ist ein Angriff auf ihren Führungsanspruch. Sie blasen sich auf, als verdienten sie mehr Luft und Raum als alle anderen.
    Jack führt Jill auf das Licht im Farmhaus zu. Scheinwerferstrahlen durchschneiden den Boden und den Himmel wie Lichtschwerter, die Hieb für Hieb das Leben durchtrennen.
    Jill tritt in den Staub unter ihren Füßen. »Lass mich los!«
    Jack sieht über seine Schulter. Der Officer ist in der Nacht verschwunden. Jack führt Jill rasch ins Maisfeld auf der anderen Straßenseite. Dieses Feld ist grün mit goldenen Quasten, die von Pinseln gekrönt werden. In Heimatland wird das Wetter gesteuert, um die Wachstumsphasen zu staffeln, damit sowohl menschliche als auch technische Ressourcen effektiver eingesetzt werden können. Die Felder werden nach dem Rotationsprinzip bestellt, und so kommt es, dass das eine Landstück jeden Lebens beraubt ist, während das nächste ein paar hundert Meter weiter in voller Blüte steht.
    Sobald sie von der grünen Barriere verdeckt sind, zieht Jack sein Messer aus dem Stiefel und schneidet Jill die Handfesseln durch. »Du bist frei«, sagt er und setzt sich in Bewegung. Schweigend folgt sie ihm durch die prallen grünen Blätter.
    Das Maisfeld mündet in ein Weizenfeld, dahinter erreichen sie eine eingezäunte Weide, auf der dürres Vieh grast. Er klettert über den Zaun und geht langsamer, damit Jill zu ihm aufschließen kann. Er weigert sich, sich umzudrehen, registriert aber jeden Schritt, den sie macht.
    Zwischen den Bäumen in der Ferne wird es langsam hell, und Jack beginnt zu rennen. Die Gleise sind direkt vor ihm, zwei parallele Spuren im Boden, fast in der Erde vergraben. Jack läuft an ihnen entlang. Jill ringt um Luft und hat Mühe, Schritt zu halten. Tja, nun weiß sie, wie es ist, wenn man zurückgelassen wird.
    Er steigert das Tempo und verschwindet im Schlund eines stillgelegten Eisenbahntunnels. In der Dunkelheit wartet er auf sie. Auch wenn sie ihn im Stich gelassen hat, kann er ihr nicht dasselbe antun. Als sie herankommt, tritt er hinaus ins Licht. Sie will abrupt abbremsen, hat aber so viel Schwung, dass sie vor ihm zu Boden geht. Er streckt den Arm aus, um ihr aufzuhelfen. Sie packt seine Hand, und einen Moment lang sehen sie einander reglos in die Augen.
    »Es tut mir leid«, sagt sie wieder, aber der Art, wie sie zur Seite blickt, entnimmt er, dass sie es wieder tun würde. Wie hat er nur denken können, dass sie anders sein könnte? Heimatland ist eine Brutstätte des Misstrauens. Sie hat andere Mädchen verschwinden sehen, also ist sie davongelaufen, bevor die Regierung eine Chance gehabt hat, sie auszulöschen.
    Zwei Gestalten kommen aus der Tiefe des Tunnels. Jill schreit vor Schreck auf und duckt sich hinter Jack, der nicht einmal zusammenzuckt.
    »Ihr habt’s geschafft«, sagt Jack und hebt die Hand, um sie gegen die von Rich zu legen. Die Mädchen umarmen sich. Dies hier ist seit ewigen Zeiten ihr Treffpunkt, wann immer sie bei einer Razzia getrennt werden.
    »Es muss schon mehr als ein Schatten kommen, um mich aufzuhalten«, sagt Rich, aber Jack sieht die frische Wunde auf Richs Wange, ein schartiger Riss, der sich vom Auge bis zur Lippe herabzieht. Rich wischt sich mit dem Ärmel über das Gesicht und schmiert sich das

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